Nicht überall bleiben die Ränge leer
Das Italien-Match und etliche Bundesligapartien finden ohne Fans statt, Union rebelliert
(dpa/SID/sz) - Auch der Fußball in Deutschland beginnt, auf die kollektive Gesundheitsgefahr durch das Coronavirus zu reagieren – mit den ersten Geisterspielen der Fußball-Bundesliga, einem Länderspiel und dem Bayern-Auftritt in der Champions League vor leeren Rängen. Die Clubs beklagen derweil drohende finanzielle Verluste.
Abertausende Fußballfans werden in den kommenden Wochen aus den Stadien ausgesperrt, schon am Mittwoch wird das Derby Mönchengladbach gegen Köln ohne Zuschauer gespielt. Auch die Nationalelf trägt ihren EM-Test gegen Italien am 31. März in einer leeren Nürnberger Arena aus, wie der DFB mitteilte. „Über allem steht die Gesundheit“, sagte DFB-Generalsekretär Friedrich Curtius. Folglich ist auch das Endspiel des AlgarveCups zwischen den deutschen Frauen und Italien abgesagt worden. Laut DFB hat die italienische Auswahl entschieden, zurückzuziehen.
Eine einheitliche Lösung für alle Bundesländer aber gibt es bislang nicht – so will Union Berlin am Samstag in der Bundesliga gegen den FC Bayern vor vollem Haus antreten. Das Achtelfinalrückspiel der Bayern gegen den FC Chelsea am 18. März in der Champions League dagegen findet als Geisterspiel statt. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) mahnte an, die „gesamte Liga“müsse sich auf eine „gemeinsame Linie einigen“.
Dass wegen der Ausbreitung der Sars-CoV-2-Infektionen auf Empfehlung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vorerst keine Großveranstaltungen mit mehr als 1000 Zuschauern stattfinden sollen, lässt bei vielen Clubs die Sorge um die Zukunft wachsen. Nach einigem Zögern griffen zumindest die Behörden in Bayern und Nordrhein-Westfalen auch beim Sport durch. Nach einem Erlass des NRW-Gesundheitsministers darf das Revierderby zwischen Borussia Dortmund und Schalke am Samstag nur ohne Fans stattfinden, verfügte die Stadt Dortmund. Auch das Spitzenspiel der Bayern in Dortmund am 4. April wird wohl zum
Geisterspiel, zudem die Münchner Heimspiele am 22. März gegen Frankfurt und am 11. April gegen Düsseldorf. Sollte Bayern in einem KönigsklassenViertelfinale Heimrecht haben, wäre auch dieses Spiel betroffen.
Der BVB muss schon am Mittwoch im Achtelfinale in Paris in leerer Arena antreten (siehe Bericht unten). Die Fußballer haben den Ernst der Lage offenbar noch immer nicht begriffen: „Niemand weiß, ob das die richtige
Entscheidung für den Fußball ist“, sagte BVB-Trainer Lucien Favre. „Das ist alles noch nicht zu Ende gedacht“, sagte Sportchef Michael Zorc. Vom Zuschauerbann ist auch die EuropaLeague-Partie Wolfsburg gegen Donezk am Donnerstag betroffen.
Dennoch werden wohl nicht alle Bundesliga-Partien am Wochenende in leeren Arenen gespielt, die DFL weigert sich, die Fans von den Spieltagen auszuschließen. Nach Rücksprache
mit den örtlichen Behörden entschied sich Aufsteiger Union gegen einen Ausschluss der Öffentlichkeit für das Spiel gegen die Bayern in der Alten Försterei. „Herr Spahn hat ja auch nicht empfohlen, dass BMW in Berlin die Produktion einstellt. Deshalb kann er auch nicht empfehlen, dass wir unseren Betrieb einstellen“, sagte Union-Präsident Dirk Zingler.
Im Gegensatz dazu steht die Entscheidung, in der Hauptstadt alle Veranstaltungen in den großen Sälen der staatlichen Theater, Opern- und Konzerthäuser bis 19. April abzusagen.
Auch die Partien Hoffenheim – Berlin am Samstag und Bremen – Leverkusen am Montag werden als Geisterspiele ausgetragen – „oder gar nicht“, wie Bremens Innensenator Ulrich Mäurer sagte. Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte bat die DFL schriftlich, den Spieltag zu verschieben. DFL-Chef Christian Seifert hatte allerdings bereits gesagt, dass eine Pause in der Liga „illusorisch“sei, weil der EM-Termin im Sommer einzuhalten sei. Die Vereine und die DFL seien gegen den finanziellen Verlust nicht versichert, klagte Gladbachs Geschäftsführer Stephan Schippers.
In anderen europäischen Ländern müssen Sportfans wegen der Ausbreitung des Coronavirus dagegen vorerst komplett auf den Stadionbesuch verzichten. In Italien und der Schweiz ruht der Ligenbetrieb bis Anfang April. In Spanien, Portugal, Frankreich, Polen und Österreich finden die Spiele der obersten Fußball-Liga vorerst ohne Zuschauer statt.
Der Coronavirus sorgt auch für Spekulationen um eine Verschiebung der EM um ein Jahr auf 2021. Viele nationalen Verbände und Ligen sorgen sich, dass sie ihre Spiele nicht wie geplant bis Mitte Mai beenden können. Die UEFA bleibt (noch) unnachgiebig: „Wir stehen bezüglich des Coronavirus und seiner Entwicklung mit den zuständigen internationalen und lokalen Behörden in Kontakt. Der Zeitplan muss nicht geändert werden“, teilte sie mit. Die 51 EM-Spiele sind vom 12. Juni bis 12. Juli in zwölf Ländern geplant.
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