Hersteller sollen für die Entsorgung von Kippen und Bechern bezahlen
Verband kommunaler Unternehmen fordert Weg aus der „Wegwerfgesellschaft“
G- Rund 2,8 Milliarden Einwegbecher für Kaffee oder andere Getränke landen in Deutschland jährlich in den städtischen Papierkörben oder gleich im Park oder auf der Straße. Zigarettenkippen kommen noch dazu. Die Beseitigung kostet die kommunalen Abfallunternehmen Millionen. Am Ende kommen die Bürger über Gebühren für die Entsorgung auf.
Das soll sich nach dem Willen des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU) bald ändern. Der Verband fordert, dass die Hersteller der Becher sowie die Zigarettenindustrie dafür bezahlen müssen. Ein Rechtsgutachten des Wissenschaftlers Walter Frenz von der Hochschule Aachen stützt das Ansinnen. Das Gutachten lasse keinen Zweifel daran, dass die Hersteller für die Reinigung von Einwegprodukten auf unseren Straßen finanziell aufkommen müssen, erläutert VKU-Vizepräsident Patrick Hasenkamp, „wir brauchen dringend neue Wege aus der Wegwerfgesellschaft.“
Die Chancen für eine Abgabe auf Einweggeschirr oder Kippen stehen gut. Denn Deutschland muss bis zum Mai 2021 die 2019 beschlossene EUKunststoffrichtlinie umsetzen. Das Gesetz sieht unter anderem das Verbot von Plastikstrohhalmen oder Wattestäbchen vor. Auch die Beteiligung der Hersteller von To-Go-Verpackungen oder Filterzigaretten ist in der Richtlinie vorgesehen. Der Verband fordert die Bundesregierung nun auf, über den von der EU gesetzten Rahmen hinauszugehen. „Die „Verbraucherpreise von Einwegverpackungen
sollten so erhöht werden, dass Hersteller und Verbraucher auf umweltfreundliche Mehrwegsysteme umsteigen“, verlangt Hasenkamp. Die Einnahmen daraus könnten für Aufklärungskampagnen und Umweltprojekte verwendet werden.
Städte und Gemeinden ächzen unter dem öffentlichen Abfallaufkommen. Trotz Verpackungsverordnung hat sich die Menge an Plastikverpackungen seit Mitte der 1990erJahre mehr als verdoppelt. Allein die Trinkbecher, pro Kopf und Jahr sind es 34, türmen sich zu einem 400 000 Kubikmeter laut Umweltbundesamt (UBA) umfassenden Müllberg auf. Hasenkamp weiß, wovon er spricht. Er leitet in Münster den kommunalen Abfallbetrieb. Die 2000 Papierkörbe müssen fast jeden zweiten Tag geleert werden.
Ohne eine landesweite Regelung befürchtet der Verband die Entwicklung
vieler kommunaler Insellösungen nach dem Vorbild Tübingens. Dort erhebt die Stadt ab dem kommenden Jahr 50 Cent Verpackungssteuer für Einwegbecher. Gutachter Frenz sieht darin erhebliche Rechtsrisiken, zum Beispiel durch eine Doppelbesteuerung bestimmter Produkte. Es sei zu befürchten, dass aus einzelnen gut gemeinten Maßnahmen ein bundesweit verwirrender Flickenteppich entsteht, warnt der VKU.
An diesem Mittwoch hat die EUKommission ihren Aktionsplan Kreislaufwirtschaft veröffentlicht. Ziel ist die Vermeidung von Abfällen aller Art. Vorgesehen ist dafür beispielsweise, bei Elektrogeräten ein Recht auf Reparatur sowie eine einheitliche Norm für Handy-Ladestecker einzuführen. Auch soll Mikroplastik besser erforscht und abgetragene Textilien gesondert gesammelt werden.