Der Sport leidet am Coronavirus
Fußballer aus Hannover und Turin erkrankt, Geisterspiele in der Bundesliga
(dpa/SID) - Das Coronavirus hat nun auch den ersten Fußballprofi in Deutschland infiziert und sorgt für den ersten kompletten Geisterspieltag in der Bundesliga-Geschichte. Kurz nach dem Ende der Posse um die Partie Union Berlin – Bayern München, die nun doch vor leeren Rängen gespielt wird, gab Zweitligist Hannover am Mittwoch die Infektion von 96Spieler Timo Hübers mit Sars-CoV-2 bekannt. Der 23-Jährige befinde sich in häuslicher Quarantäne, er habe seit seiner Infektion bei einer Veranstaltung in Hildesheim keinen Kontakt mit Mitspielern gehabt. Auch Italiens Serie A hat ihren ersten Coronafall. Wie Juventus Turin bekannt gab, wurde Verteidiger Daniele Rugani positiv getestet. „Juventus leitet alle gesetzlich vorgeschriebenen Isolationsprozeduren ein. Dies betrifft auch diejenigen, die mit ihm in Kontakt gekommen sind“, schrieb Juve. Wieviele Spieler betroffen sind, ist noch unklar. Am Dienstag empfängt Turin im Achtelfinal-Rückspiel Olympique Lyon. Die Serie A überlegt sich derweil, die Saison komplett abzubrechen.
In der Bundesliga wird der 26. Spieltag am Wochenende komplett in leeren Stadien statt, nachdem als letztes Duell auch Leipzig – Freiburg zum Geisterspiel erklärt wurde. „Ich weiß, da blutet vielen Fans das Herz“, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn bei einer Pressekonferenz mit Kanzlerin Angela Merkel: „Aber ich vertraue auf die Solidarität der Fußballbegeisterten. Auch sie helfen, chronisch Kranke und ältere Menschen besser zu schützen.“Am Abend stufte die Weltgesundheitsorganisation die Verbreitung des Virus nun als Pandemie ein.
In der 2. Liga sind ebenfalls Partien von Zuschauerausschlüssen betroffen. Für die 3. Liga entschied der DFB, die kommenden beiden Spieltage zu verlegen. „Wir befinden uns in einer Ausnahmesituation, nahezu stündlich ergeben sich neue Sachlagen. Klar ist: Die Gesundheit steht über allem“, sagte DFB-Generalsekretär Friedrich Curtius. Die Spieltage sollen frühestens Anfang Mai nachgeholt werden. In Frankfurt wurde am Mittwoch nach langem Hin und Her beschlossen, die
Europa-League-Partie der Eintracht am Donnerstag gegen den FC Basel vor leeren Rängen auszutragen.
Das Coronavirus bringt den internationalen Sport in schwere Bedrängnis, auch den deutschen. EishockeyVerantwortliche rufen nach der historischen Komplettabsage der Restsaison nach Hilfe aus der Politik (siehe vorige Seite). Wie es im Basketball, Handball und Volleyball weitergeht, ist offen.
Die Folgen der Pandemie drohen die Wettbewerbe ins Chaos zu stürzen. Erste Fußball-Nationaltrainer verzichten für die Tests Ende März bereits auf Legionäre aus Italien. Der spanische Club FC Getafe kündigte den Boykott des Achtelfinal-Hinspiels in der Europa League bei Inter Mailand an, das dann noch abgesagt wurde. Präsident Angel Torres sagte: „Wir wollen nicht ins Epizentrum des Coronavirus reisen.“Der AS Rom bekam keine Landeerlaubnis in Spanien für das Spiel der Europa League beim FC Sevilla. Die UEFA kündigte an, „zu gegebener Zeit“über eine Lösung zu entscheiden. Auch in der Champions League ist mit Bergamo mindestens ein italienischer Club weiter dabei.
Spahn hatte zunächst sein Unverständnis geäußert, dass die Partie Union – Bayern am Samstag (18.30 Uhr/ Sky) mit Zuschauern stattfinden sollte. „Ich bin etwas verwundert, das will ich sagen, über das, was hier in Berlin mit diesem Fußballspiel passiert“, sagte er. Die Verantwortlichen hätten mit ihren Kommentaren dazu gezeigt, dass sie noch nicht verstanden hätten, worum es gehe. Wenig später erließ der zuständige Amtsarzt die Anordnung, dass keine Zuschauer zugelassen sind.
Stimmen wurden bereits laut, die Saison zu unterbrechen. „Wenn die Gesundheit wirklich das Wichtigste ist, hätten wir konsequenterweise die nächsten beiden Spieltage absagen müssen. Das wäre am sinnvollsten und fairsten gewesen“, sagte Bremens Geschäftsführer Frank Baumann.
Helge Leonhardt, Präsident des Zweitligisten Aue, geht „davon aus, dass die Saison nicht zu Ende gespielt werden kann. Sobald eine Person, die regelmäßigen Kontakt mit einer Mannschaft hat, erkrankt, muss das gesamte Team für zwei Wochen unter Quarantäne.“Es sei sehr wahrscheinlich, dass sich Spieler anstecken: „Und dann brechen der ganze Spielplan und der gesamte Spielbetrieb zusammen.“
Zu dem Zeitpunkt war der positive Test des Hannover-Profis Hübers noch nicht bekannt. 96 teilte mit, es sei „nicht davon auszugehen, dass sich Mitspieler bei ihm infiziert haben“. Der Kader sowie Trainer und Betreuer werden nun getestet. Der 1. FC Nürnberg, zuletzt Gegner der Hannoveraner am Freitag, will ebenfalls Virustests vornehmen.
Geisterspiele, wie sie die FußballBundesliga erstmals erlebt, sind für andere Sportarten schwierig. „Ich behaupte einmal, dass kein Nicht-Fußballclub es wirtschaftlich durchsteht, die restliche Bundesliga-Saison ohne Ticketerlöse zu bestreiten“, sagte der Präsident des Basketball-Bundesligisten Bonn, Wolfgang Wiedlich.