Ein Käfer, rasant wie ein Porsche
Ein Unternehmer aus Welzheim macht aus Oldtimern Elektroautos
GWELZHEIM - Er ist der Nummer-1Oldtimer in Deutschland. Unter den zugelassenen Fahrzeugen mit HKennzeichen liegt der VW-Käfer ganz vorne. Ende Juli 2003 ist der Klassiker im mexikanischen Puebla zuletzt vom Band gerollt. Unternehmer Alexander Schwan aus Welzheim will den Oldtimer nun revolutionieren. Lahm und laut soll dank eines Elektroantriebs zu ruhig und rasant werden. Diese Idee stößt allerdings nicht nur auf Gegenliebe.
21 529 464 Käfer hat Volkswagen bis zum Produktionsende vor 17 Jahren hergestellt. Anfang 2018 waren rund 36000 davon für die Fahrt auf deutschen Straßen mit einem HKennzeichen zugelassen. „Hier geht es nicht um das Zerstören von Kulturgut oder Oldtimerterrorismus, sondern wir reden vom Erneuern eines Wracks“, sagt Alexander Schwan, der mit einem Elektromotor die Käfer retten will, „die eigentlich nicht mehr zu retten sind“.
Hauptgeschäft seiner Firma „Carblast“ist das Entlacken, Beschichten und Lackieren von Karosserien. In den Lagerhallen in Welzheim türmen sich die Formen von bekannten Oldtimern geradezu. Auf der Homepage des Unternehmens heißt es: „Wir können nicht jedes in die Jahre gekommene Schmuckstück restaurieren. Es sei denn, es hat vier Räder.“
Im Jahr 2003 hat Schwan Carblast gegründet und mit der Zeit auch ein Werk in Polen aufgebaut. Das Kerngeschäft soll bleiben, der Umbau von Klassikern zu Elektroautos soll eine „Nische in der Nische“bedienen. Die Idee dazu stammt von dem Unternehmen „Murschel E-Classics“aus Renningen rund 20 Kilometer westlich von Stuttgart.
Gemeinsam haben die Unternehmen ein Elektro-Fahrgestell entwickelt, auf welches die Karosserien von Oldtimern aufgesetzt werden können. Alexander Schwan konzentriert sich aktuell auf den Umbau von Käfern. Das Chassis mit Elektromotor könnte allerdings auch in anderen Fahrzeugmodellen verbaut werden.
„Eine flexibel einsetzbare Grundplattform ist eine gute Basis, um die Idee in die breite Masse zu bringen“, erklärt Schwan. Dadurch sei es möglich, den einen Elektroumbau kostengünstig darzustellen, „weil wir sie nicht nur für einen spezifischen Autotyp, sondern in Kleinserie für mehrere Modelle bauen könnten“, führt der 42-Jährige aus.
Schnellladefähigkeit und eine Reichweite von rund 250 Kilometern seien mit den aktuellen Elektro-Käfern möglich. Laut Schwan hat die Firma Murschel bereits 15 umgebaute Oldtimer auf die Straße gebracht. In allen sitzt ein Chip, mit dem die Fahrdaten für die Weiterentwicklung
der Grundplattform gesammelt werden.
In Zusammenarbeit mit der Renninger Firma hat Schwan einzelne EKäfer
fertiggestellt. Um in die Kleinserien-Produktion zu gehen, braucht er allerdings mehr Platz. Aktuell findet der Umbau des ehemaligen Bauknecht-Areals
bei der Klingenmühle statt. Dort soll unter anderem die Produktion der elektrischen Oldtimer von Carblast einziehen.
Zudem hat Schwan dort 18 Zimmer für Mitarbeiter, die er zum Großteil aus ganz Europa akquiriert, eingebaut. Momentan steht in einer der Produktionshallen noch das Schlagzeug seines Sohnes. Ende Mai hätte es der Produktion von ElektroOldtimern weichen müssen. Aufgrund der Corona-Krise verschiebt sich der Produktionsstart allerdings um ein paar Monate.
„Mit der Platte, die tatsächlich in Kleinserie gefertigt werden soll, sind wir gerade in den ersten Fahrversuchen“, sagt Schwan. Ziel sei es, im Jahr rund 20 fertige E-Käfer herzustellen. Oldtimer mit Elektroantrieb könnten laut dem Unternehmer vor allem jüngere Leute für klassische Autos begeistern.
„Oftmals sind diese ganzen schönen alten Hüllen Schildkröten, die fahren nicht wirklich“, sagt Schwan flapsig. Die meisten Fahrzeuge hätten nur 30 oder 40 PS und seien gar nicht mehr zeitgemäß. „Der Motorsound des Käfers, den die Leute cool finden, bedeutet nicht, dass er vorwärts kommt“, scherzt der 42-Jährige.
Laut ihm sei ein E-Käfer leise, modern und ziehe richtig gut an. „Mit so einem Elektroumbau verwandeln wir einen Käfer eigentlich in einen Porsche“, führt Schwan aus. Wie passend, gilt doch Ferdinand Porsche als der Schöpfer des Kultautos.