Ministerin gibt Bauern schlechte Noten
Bericht zur Lage der Natur zeigt gemischtes Bild – Artenrückgang auf Wiesen und Weiden
GBERLIN - Die Artenvielfalt in Deutschland hat sich vor allem in den Agrarlandschaften verschlechtert. Das folgert Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) aus dem Bericht zur Lage der Natur, der am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. Die alle sechs Jahre erhobene „Generalinventur der biologischen Vielfalt zeigt ein sehr gemischtes Bild“, sagte Schulze.
Während sich in manchen Teilen der Bundesrepublik der Artenreichtum durch Renaturierung von Flüssen und Wäldern erhole und auch in Städten mehr Vögel gezählt würden, gehe es anderswo bergab. „Vor allem in der Agrarlandschaft geht es der Natur besorgniserregend schlecht“, kritisierte Schulze. „Das gilt besonders für Schmetterlinge und andere Insektenarten, die auf blühende Wiesen und Weiden angewiesen sind“, ergänzte die Ministerin.
Schulze kritisierte vor allem die Grünlandnutzung. „Es gibt zu viel Dünger, zu viel Pestizide. Es wird zu oft gedüngt und gemäht, sodass die Flächen für die Natur immer wertloser werden“, sagte die SPD-Politikerin. Die Zahl der Rebhühner und Kiebitze sei noch vor 25 Jahren zehnmal höher gewesen als heutzutage. Auch bei der Feldlerche gebe es dramatische Einbrüche.
Der 62 Seiten umfassende Bericht zur Lage der Natur zwischen Nordsee und Alpen basiert auf etwa 14 000 Stichproben nach der FaunaFlora-Habitat-Richtlinie, Expertengutachten und dem bundesweiten Vogelmonitoring mithilfe vieler Ehrenamtlicher. Die Europäische Union droht Deutschland wegen jahrelanger Versäumnisse bei der Ausweisung
von Fauna-Flora-Habitaten (FFH) mit einer Anklage vor dem Europäischen Gerichtshof.
Umweltministerin Schulze kündigte am Dienstag ein Insektenschutzgesetz des Bundes, einen besseren Schutz artenreichen Grünlandes, ein weitreichendes Pestizidverbot in Schutzgebieten sowie eine Initiative ihres Ministeriums gegen Lichtverschmutzung an.
Der Bauernverband wies die Kritik der Ministerin zurück. „Allgemeine Schuldzuweisungen aus dem
Bundesumweltministerium“würden beim Kampf um mehr Artenvielfalt nicht weiterhelfen, erklärte Udo Hemmerling, der stellvertretende Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes (DBV). Die Landwirte seien bereit, mehr Vertragsnaturschutz zu leisten. Doch das scheitere oft an bürokratischen Hürden und mangelnden Anreizen, klagte er. „Die Landwirte bleiben viel zu oft auf den Kosten des Naturschutzes sitzen, das muss sich ändern“, bemängelte Hemmerling.
Naturschutzverbände mahnten derweil mehr Einsatz für die Umwelt an. BUND-Geschäftsführerin Antje von Broock sprach am Dienstag in Bezug auf den von Umweltministerin Schulze präsentierten Bericht von einem „Offenbarungseid“in Sachen Naturschutz. „Wenn nicht endlich Ernst gemacht wird, dann bleibt der Bericht nur eine weitere SOSMeldung im Logbuch der untergehenden Arche Noah“, erklärte auch Nabu-Präsident Jörg-Andreas Krüger.
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