Ja zum Quarantäne-Turnier
Zehn Basketball-Bundesligisten, darunter Ulm, dürfen in München ihren Meister küren
GMÜNCHEN - Die Basketball-Bundesliga (BBL) darf das heikle MeisterExperiment wagen und mit einem „Quarantäne-Turnier“ihre Saison fortsetzen. Als einziger großer deutscher Teamsport neben dem Profifußball nimmt die BBL trotz der Corona-Krise den Spielbetrieb wieder auf und erhielt die politische Erlaubnis für eine Endrunde mit zehn Teams im Juni in München. Thomas Stoll, der Sportchef von Ratiopharm Ulm, gab sich erleichtert: „Es ist wichtig, dass wir wieder spielen und präsent sind.“
Die Bayerische Staatsregierung stimmte am Dienstag in einer Sitzung des Kabinetts dem sehr strengen Hygiene- und Sicherheitskonzept der Liga zu. Die Maßnahmen gehen noch über die Corona-Regeln der Deutschen Fußball-Liga, der am Wochenende der Re-Start geglückt war, hinaus. Während des gesamten Turniers werden alle zehn Mannschaften in einem Hotel in Quarantäne zusammengezogen. Damit soll verhindert werden, dass Spieler und Verantwortliche mit ihren Angehörigen oder anderen Personen in Kontakt kommen und die Gefahr einer Ansteckung mit dem Coronavirus steigt.
Bei Ratiopharm Ulm wurden bereits 50 Tests an Spielern und deren Angehörigen durchgeführt, kein einziger war positiv. „Es ist ein sehr überzeugendes Hygienekonzept, weil es praktisch unmöglich ist, dass einer nach außen geht oder von außen etwas hereingetragen wird“, lobte Florian Herrmann (CSU), Leiter der Bayerischen Staatskanzlei. Stoll glaubt: „Es wird im Juni in Deutschland keinen sichereren Ort geben als den Münchner Audi- Dome.“
Neben dem Ausrichter, Titelverteidiger, Tabellenführer und großen Favoriten FC Bayern nehmen Ludwigsburg, Crailsheim, Alba Berlin, Oldenburg, Rasta Vechta, Bamberg, Frankfurt, Göttingen und Ulm teil.
Einer Vorrunde mit zwei FünferGruppen schließen sich Play-offs mit Viertel-, Halbfinale und Endspiel an. Die K.-o.-Runde wird jeweils mit Hin- und Rückspiel ausgetragen, die Ergebnisse werden addiert. Die Ulmer spielen in ihrer VorrundenGruppe gegen die Bayern, Oldenburg, Crailsheim und Göttingen.
Mehrere Spieler hatten sich zuletzt kritisch über den Plan der BBL geäußert. Münchens Danilo Barthel erklärte etwa, er hätte sich gewünscht, dass man die Profis mehr in die Entscheidungsfindung einbezogen hätte. Stoll kann das nachvollziehen: „Wir sind ein freies Land, in dem kann jeder seine Meinung sagen. Ich verstehe jeden Spieler, der Ängste und Sorgen hat.“Was der Ulmer Manager nicht versteht: „Aussagen wie: Ich will nicht so lange von meiner Familie getrennt sein. Da muss jeder Monteur durch, das ist Teil des Jobs.“Trotzdem ist derzeit auch in Ulm noch offen, wie viele der sechs Ausländer beim Saison-Abschluss dabei sein werden. Stoll verspricht jedenfalls: „Wir werden eine starke Mannschaft haben. Eine, die Spaß macht.“
Die Sorgen der Profivereine werden durch das Quarantäne-Turnier allerdings nur ein kleines Stück gemildert. Der Ulmer Finanzchef Andreas Oettel beziffert den Umsatzverlust
durch die Einstellung des Spielbetriebs in der Basketball-Bundesliga vor mehr als zwei Monaten auf mindestens 50 Prozent. Zudem ist es durchaus möglich, dass Spiele ohne Zuschauer mittelfristig zur Normalität werden. Oettel stellt fest: „Wir müssen uns mit dem Worst-Case-Szenario auseinandersetzen, dass das so bleibt. Es gibt keinen Bereich, der so wenig Perspektive hat wie der Sport.“Auf die Frage, wie lange Ratiopharm Ulm oder ein anderer Verein in der Basketball-Bundesliga mit Geisterspielen überleben kann, sagte Oettel: „Nicht länger als eine Saison und ich halte es für fraglich, dass es so lange geht.“