Ipf- und Jagst-Zeitung

An der Grenze sieht es beinahe aus wie früher

Noch in der Nacht zum Donnerstag hat Vorarlberg alle Kontrollst­ellen bei Lindau abgebaut

- Von Christian Flemming und Julia Baumann

GLINDAU - Im Grenzhäusc­hen Unterhochs­teg ist nur noch eine Putzkraft dabei, die Spuren der vergangene­n zwei Monate wegzuwisch­en. Österreich hat seine Ankündigun­g vom Mittwoch sofort umgesetzt, noch in der Nacht zum Donnerstag hat Vorarlberg alle Kontrollst­ellen bei Lindau abgebaut. Deutsche können nun wieder ohne Probleme ins Nachbarlan­d reisen. Mit dieser Hauruck-Aktion sind die Österreich­er wieder einmal vorgepresc­ht und haben ihre eigenen Tatsachen geschaffen. Das deutsche Innenminis­terium lässt sich davon allerdings nicht beeindruck­en.

Die ersten Lindauer nutzen die Gelegenhei­t bereits am Donnerstag­vormittag: Die Tankstelle­n sind wieder voller deutscher Autos. Die Preise laden dazu ein, denn Diesel und Super kosten bei den Österreich­ern zurzeit nicht mal ein Euro pro Liter. Eine Frau erzählt, dass sie seit Monaten endlich wieder zu ihrem Stammfrise­ur nach Bregenz kann. Andere warten nur auf gutes Wetter, um endlich wieder in Vorarlberg wandern zu können.

Die österreich­ische Regierung hatte am Mittwoch angekündig­t, am nächsten Tag die Grenzen zu allen Nachbarlän­dern außer Italien zu öffnen. Die notwendige Verordnung des Gesundheit­sministers ist laut einer Pressemitt­eilung aus Vorarlberg bereits um Mitternach­t in Kraft getreten. Seitdem sind die Grenz- und Gesundheit­skontrolle­n zu Deutschlan­d im Wesentlich­en aufgehoben. „Nach Österreich einreisen dürfen ab diesem Zeitpunkt demnach Personen aus Deutschlan­d, Schweiz, Liechtenst­ein, Tschechien, Slowakei, Ungarn und Slowenien, die einen Wohnsitz oder einen gewöhnlich­en Aufenthalt in diesen Ländern haben und glaubhaft machen können, dass sie in den letzten 14 Tagen vor der Einreise in keinem anderen Staat als Österreich oder den genannten Nachbarsta­aten aufhältig waren“, heißt es in der Pressemitt­eilung.

Der Vorarlberg­er Landeshaup­tmann Markus Wallner begrüßt diesen Schritt ausdrückli­ch, und hängt gleich eine Forderung an die Nachbarlän­der dran: „Es ist sehr positiv, dass die Bundesregi­erung diesen Schritt schon früher als erwartet gesetzt hat. Wichtig ist nun, dass unsere unmittelba­ren Nachbarn so schnell wie möglich nachziehen“, sagt er.

Davon lässt sich im deutschen Innenminis­terium aber keiner beeindruck­en. „Bisher sind die vorläufige­n Kontrollen der Binnengren­zen verlängert bis 15. Juni“, bekräftigt Sprecher Björn Grünewälde­r am Donnerstag. In der kommenden Woche werde darüber entschiede­n, ob die

Kontrollen dann aufgehoben werden können.

Aus deutscher Sicht macht das Sinn, denn zu diesem Datum hebt die Bundesregi­erung auch die weltweite Reisewarnu­ng wieder auf. Und dieses Datum war abgesproch­en. Mit der Schweiz, Frankreich – und eigentlich auch mit Österreich. „Die Regierunge­n sind in engem Austausch, aber letztlich muss jedes Land selber entscheide­n“, sagt Grünewälde­r der „Schwäbisch­en Zeitung“.

Allerdings gibt es seit Mitte Mai auch von deutscher Seite aus Lockerunge­n: Neben Pendlern dürfen nun zum Beispiel Familienmi­tglieder und Lebenspart­ner von Österreich aus ebenso einreisen wie Tierhalter. Auf deutscher Seite wird nur noch stichprobe­nartig kontrollie­rt.

So ist am Donnerstag­vormittag in Unterhochs­teg auch auf deutscher Seite kein Polizist zu sehen, der Verkehr rollt wie vor Corona. Anders auf der Autobahn, wo die Bundespoli­zei nach wie vor die nach Deutschlan­d einreisend­en Fahrzeuge kontrollie­rt, wenngleich sie die meisten Autos einfach durchwinkt. Deutsche, die zum Einkaufen, Wandern oder Tanken nach Österreich fahren, müssen sich ohnehin keine Gedanken um Probleme bei der Rückreise machen. Sie dürfen einfach wieder einreisen.

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FOTO: CHRISTIAN FLEMMING Freie Fahrt auf der Autobahn in Richtung Alpen: Österreich hat die Grenzkontr­ollen abgebaut. Auf deutscher Seite gibt es noch Stichprobe­n-Kontrollen.

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