An der Grenze sieht es beinahe aus wie früher
Noch in der Nacht zum Donnerstag hat Vorarlberg alle Kontrollstellen bei Lindau abgebaut
GLINDAU - Im Grenzhäuschen Unterhochsteg ist nur noch eine Putzkraft dabei, die Spuren der vergangenen zwei Monate wegzuwischen. Österreich hat seine Ankündigung vom Mittwoch sofort umgesetzt, noch in der Nacht zum Donnerstag hat Vorarlberg alle Kontrollstellen bei Lindau abgebaut. Deutsche können nun wieder ohne Probleme ins Nachbarland reisen. Mit dieser Hauruck-Aktion sind die Österreicher wieder einmal vorgeprescht und haben ihre eigenen Tatsachen geschaffen. Das deutsche Innenministerium lässt sich davon allerdings nicht beeindrucken.
Die ersten Lindauer nutzen die Gelegenheit bereits am Donnerstagvormittag: Die Tankstellen sind wieder voller deutscher Autos. Die Preise laden dazu ein, denn Diesel und Super kosten bei den Österreichern zurzeit nicht mal ein Euro pro Liter. Eine Frau erzählt, dass sie seit Monaten endlich wieder zu ihrem Stammfriseur nach Bregenz kann. Andere warten nur auf gutes Wetter, um endlich wieder in Vorarlberg wandern zu können.
Die österreichische Regierung hatte am Mittwoch angekündigt, am nächsten Tag die Grenzen zu allen Nachbarländern außer Italien zu öffnen. Die notwendige Verordnung des Gesundheitsministers ist laut einer Pressemitteilung aus Vorarlberg bereits um Mitternacht in Kraft getreten. Seitdem sind die Grenz- und Gesundheitskontrollen zu Deutschland im Wesentlichen aufgehoben. „Nach Österreich einreisen dürfen ab diesem Zeitpunkt demnach Personen aus Deutschland, Schweiz, Liechtenstein, Tschechien, Slowakei, Ungarn und Slowenien, die einen Wohnsitz oder einen gewöhnlichen Aufenthalt in diesen Ländern haben und glaubhaft machen können, dass sie in den letzten 14 Tagen vor der Einreise in keinem anderen Staat als Österreich oder den genannten Nachbarstaaten aufhältig waren“, heißt es in der Pressemitteilung.
Der Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner begrüßt diesen Schritt ausdrücklich, und hängt gleich eine Forderung an die Nachbarländer dran: „Es ist sehr positiv, dass die Bundesregierung diesen Schritt schon früher als erwartet gesetzt hat. Wichtig ist nun, dass unsere unmittelbaren Nachbarn so schnell wie möglich nachziehen“, sagt er.
Davon lässt sich im deutschen Innenministerium aber keiner beeindrucken. „Bisher sind die vorläufigen Kontrollen der Binnengrenzen verlängert bis 15. Juni“, bekräftigt Sprecher Björn Grünewälder am Donnerstag. In der kommenden Woche werde darüber entschieden, ob die
Kontrollen dann aufgehoben werden können.
Aus deutscher Sicht macht das Sinn, denn zu diesem Datum hebt die Bundesregierung auch die weltweite Reisewarnung wieder auf. Und dieses Datum war abgesprochen. Mit der Schweiz, Frankreich – und eigentlich auch mit Österreich. „Die Regierungen sind in engem Austausch, aber letztlich muss jedes Land selber entscheiden“, sagt Grünewälder der „Schwäbischen Zeitung“.
Allerdings gibt es seit Mitte Mai auch von deutscher Seite aus Lockerungen: Neben Pendlern dürfen nun zum Beispiel Familienmitglieder und Lebenspartner von Österreich aus ebenso einreisen wie Tierhalter. Auf deutscher Seite wird nur noch stichprobenartig kontrolliert.
So ist am Donnerstagvormittag in Unterhochsteg auch auf deutscher Seite kein Polizist zu sehen, der Verkehr rollt wie vor Corona. Anders auf der Autobahn, wo die Bundespolizei nach wie vor die nach Deutschland einreisenden Fahrzeuge kontrolliert, wenngleich sie die meisten Autos einfach durchwinkt. Deutsche, die zum Einkaufen, Wandern oder Tanken nach Österreich fahren, müssen sich ohnehin keine Gedanken um Probleme bei der Rückreise machen. Sie dürfen einfach wieder einreisen.