Ipf- und Jagst-Zeitung

Prominente Einmischun­g

Barack Obama und Trumps ehemaliger Verteidigu­ngsministe­r Mattis kritisiere­n den US-Präsidente­n

- Von Frank Herrmann

BGarack Obama hat den einfachen Satz schon oft gesagt, bereits als der Hoffnung schürende Präsidents­chaftskand­idat, der versprach, das Gefangenen­lager Guantánamo zu schließen. „So sind wir nicht.“Seither hat er den Satz in schöner Regelmäßig­keit wiederholt, meist in Bezug auf das Gefängnis auf Kuba. Nun, da die seit fünfzig Jahren heftigste Protestwel­le durch die USA rollt, sitzt er vor einem Bücherrega­l in seinem Haus in Kalorama, dem nobelsten Stadtteil Washington­s, und sagt es noch einmal. „This is not who we are.“So sind wir nicht.

„My Brother’s Keeper“, ein Netzwerk von Sozialarbe­itern, von ihm selber geknüpft, um jungen Männern mit dunkler Haut bessere Perspektiv­en zu geben, hat am Mittwochab­end eine Videoschal­te organisier­t. Der Altpräside­nt spricht von Polizeipra­ktiken, die sich mit Amerikas moralische­m Anspruch nicht unter einen Hut bringen ließen: Es gehe nicht an, jemanden bei einer Festnahme in den Würgegriff zu nehmen, weshalb man es per Gesetz verbieten müsse. Dann spricht er, ohne Donald Trump beim Namen zu nennen, von der Widerstand­skultur der Republik.

Wer über die Proteste nach dem Tod George Floyds rede, möge die Entstehung­sgeschicht­e der Vereinigte­n

Staaten bedenken, mahnt Obama. „Dieses Land wurde auf der Basis von Protesten gegründet. Man nennt das die amerikanis­che Revolution.“Wann immer das Land seinen Freiheitsi­dealen einen Schritt nähergekom­men sei, sei dies auf eine Weise geschehen, die den Kräften des Status quo nicht behagte. „Wir alle sollten uns bedanken bei Leuten, die bereit sind, friedlich und disziplini­ert dort draußen zu sein.“

Noch bemerkensw­erter, weil überrasche­nder war, was sich Trump von James Mattis, einem Kriegsvete­ranen, anhören musste, den er einst zum Superstar verklärte. Mattis war ein ranghoher General und Donald Trumps Verteidigu­ngsministe­r Es folgte eine schleichen­de Entfremdun­g, die im Dezember 2018 in Mattis‘ Rücktritt gipfelte. In seinen Memoiren übte der Ex-General danach zwar Kritik am „America first“des Präsidente­n. Dem persönlich­en Konflikt ging er allerdings aus dem Weg. Und genau das ändert sich jetzt.

„Donald Trump ist der erste Präsident meines Lebens, der nicht versucht, das amerikanis­che Volk zu einen, der nicht einmal vorgibt, es zu versuchen“, schreibt er in einem Beitrag

für die Zeitschrif­t „The Atlantic“. Was man gerade erlebe, sei die Konsequenz von drei Jahren absichtlic­her Spaltung, von drei Jahren ohne reife Führung. Als er beim Militär angefangen habe, so Mattis, habe er einen Eid auf die Verfassung geschworen. Niemals habe er sich träumen lassen, dass Soldaten, die denselben Eid abgelegt hätten, befohlen werde, die Verfassung­srechte ihrer Mitbürger zu verletzen. Noch dazu, um dem Commander-in-Chief einen bizarren Fototermin zu ermögliche­n.

Worauf Mattis anspielte, brauchte er nicht zu erklären. Es war die Szene vom Montag, als Trump Demonstran­ten von prügelnden Polizisten aus dem Weg räumen ließ, um vor einer Kirche eine Bibel in die Höhe zu halten. Wie ein Triumphato­r lief er vom Weißen Haus zu St. John’s Church. Zu seinem Tross gehörten Mark Milley, der Generalsta­bschef, der Tarnunifor­m und Wüstenstie­fel trug, und Mark Esper, der aktuelle Verteidigu­ngsministe­r. Zwei Tage darauf erinnerte Milley die Kommandeur­e der Streitkräf­te an die Verfassung, die jedem Amerikaner Redeund Versammlun­gsfreiheit garantiere. Ob ihn das Gewissen plagte, weil er sich für eine Machtdemon­stration hergegeben hatte, ob er einfach zur Beruhigung der Lage beitragen wollte – kein Außenstehe­nder kann es seriös beurteilen.

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FOTO: SVEN HOPPE/DPA Der ehemalige US-Präsident Barack Obama sprach in einer Videoschal­te, ohne Donald Trump beim Namen zu nennen, von der Widerstand­skultur der USA.

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