Ipf- und Jagst-Zeitung

Die Schöne und das Biest

Die beiden Gespannfah­rer Jürgen Wirth und Max Hafner fahren ganz unterschie­dliche Motorräder

- Von Ansgar König

AALEN / ABTSGMÜND - Ein Konzept, zwei ganz unterschie­dliche Auslegunge­n: Gespannfah­rer sind in der Welt der Motorradfa­hrer Ausnahmeer­scheinunge­n. In Abtsgmünd gibt’s gleich zwei. Beide fahren Motorräder mit Zweizylind­er-Boxermotor­en, aber dann hören die Gemeinsamk­eiten auch schon auf. Wirth setzt sich gerne auf seine traumhaft schöne BMW R 100 R, Hafner bevorzugt eine auffällige Ural 650. Dies ist die Geschichte von der Schönen und dem Biest.

In der Werkstatt des 51-jährigen Jürgen Wirth schlägt das Herz eines Boxers, besser gesagt, eines BoxerMotor­s. Wirth nennt sie „Kraftradga­rage“. Seit Jahren macht Wirth aus schrottrei­fen Motorräder­n der Marke BMW wahre Schmuckstü­cke auf zwei Rädern, manchmal auch auf drei. Er gilt weit und breit als BMWFachman­n. „Ich schraube seit über 30 Jahren“, sagt der gelernte Kfz-Mechaniker. Wirth ist bestens vernetzt, Sattler oder Lackierera­rbeiten gehen an befreundet­e Profis aus der näheren und weiteren Umgebung.

25 Jahre lang war er gemeinsam mit seiner Frau Susanne mit einem 40-PS-Gespann auf den Straßen dieses Landes unterwegs. Da war es nur

MotorradGe­schichten

G„Ich schraube seit über 30 Jahren“,

eine Frage der Zeit, bis ein Nachfolger her musste. Bei einem Rentner in Hüttlingen erwarb er eine R 100 R, Baujahr 1998, mit nur 54 000 Kilometern auf der Uhr – damals noch ohne Beiwagen. Der folgte kurz darauf, für ein paar Euro ging ein russischer Dnepr-Rahmen in seinen Besitz über. Ein Jahr lang wurde zerlegt, gereinigt, restaurier­t, ersetzt, lackiert und poliert. „Ich habe alles selbst gemacht, selbst geschweißt, jedes Schutzblec­h, jeden Halter“, sagt Wirth nicht ohne Stolz in der Stimme.

Am Ende entstand so ein echter grün-schwarzer Hingucker, der auch schon in Fachkreise­n Resonanz fand. Das Fachmagazi­n „MO“widmete seinem Gespann gleich sechs Seiten in einer Gespann-Sonderausg­abe. Dass es Wirths BMW R 100 R ins Blatt schaffte, dafür sorgte Tochter Sarah. Sie knüpfte per E-Mail Kontakt, „und schon ein paar Tage später stand hier der Redakteur auf der Matte“, erzählt Wirth.

Der Weg für Max Hafners UralGespan­n in so ein Fachmagazi­n ist hingegen noch lang. Momentan steht die Ural 650, der Endantrieb macht Schwierigk­eiten. Auch sie ist ein Hingucker. „Große Teile der Lackierung

sind original“, erzählt der 26Jährige, „der Rest stammt vom Vorbesitze­r.“Zum Beispiel das überdimens­ionale Haifisch-Gebiss auf dem Beiwagen. Die Architektu­r seines russischen Gespanns aus dem Werk der Irbitski Motoziklet­ny Sawod (IMZ) in Irbit in der russischen Oblast Swerdlowsk im südlichen Ural erinnert stark an klassische BMW-Motorräder. Der 650-Kubikzenti­meter-Motor leistet 32 PS. Der Hersteller gibt eine Höchstgesc­hwindigkei­t von 100 km/h an. „Bis 80 macht es richtig Spaß“, sagt Hafner, „das Motorrad ist ganz schön anstrengen­d. Die Ural fährt sich nicht wie ein Motorrad, „eher wie ein instabiles Auto. In Rechtskurv­en kommt schnell das Boot hoch. Ich bin immer froh, wenn ich einen Beifahrer

dabeihabe.“Die Ural hat er vor drei Jahren gekauft. „Ich wollte ein Motorrad, mit dem man nicht so schnell auf die Nase fällt“, erinnert er sich. Und da erschienen ihm drei statt zwei Räder nicht als die

„Die Ural fährt sich nicht wie ein Motorrad, eher wie ein instabiles Auto“,

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FOTO: PETER SCHLIPF Fast zu schön für die Straße: Jürgen Wirth poliert sein BMW-Gespann. In der Werkstatt des 51-Jährigen in Abtsgmünd schlägt das Herz eines Boxers, besser gesagt, eines Boxer-Motors.
 ?? FOTOS: ANSGAR KÖNIG ?? Der 26-jährige Max Hafner fährt seit gut drei Jahren ein Ural-Gespann, Baujahr 1994. Der 650-Kubikzenti­meter-Motor leistet 32 PS. Der Hersteller gibt eine Höchstgesc­hwindigkei­t von 100 km/h an.
FOTOS: ANSGAR KÖNIG Der 26-jährige Max Hafner fährt seit gut drei Jahren ein Ural-Gespann, Baujahr 1994. Der 650-Kubikzenti­meter-Motor leistet 32 PS. Der Hersteller gibt eine Höchstgesc­hwindigkei­t von 100 km/h an.
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