Überwachung gilt als ausgeschlossen
Kommende Woche geht die Corona-Warn-App an den Start – Wie sie funktioniert und was sie leisten kann
GBERLIN (dpa) - Für den Weg aus der Corona-Krise in die Normalität hoffen viele Menschen auch auf die seit Monaten angekündigte CoronaWarn-App. Sie soll in der kommenden Woche an den Start gehen und helfen, die Infektionsketten frühzeitig zu erkennen und zu durchbrechen.
Was kann die App leisten?
Die App kann dazu beitragen, dass Menschen nachträglich darüber informiert werden, wenn sie sich in der Nähe infizierter Personen aufgehalten haben. Dabei erfährt man nicht, wer diese Personen waren – und auch nicht, ob man sich aktuell neben infizierten Personen befindet.
GWie funktioniert das?
Mit der App verwandelt sich ein Smartphone in einen kleinen „Bluetooth-Leuchtturm“, der ständig eine Identifikationsnummer in die nähere Umgebung funkt. Gleichzeitig lauscht das Telefon, ob es BluetoothSignale von anderen empfangen kann. Halten sich Nutzer, die beide die App laufen haben, für eine bestimmte Zeit nebeneinander auf, tauschen die Smartphones ihre IDs aus.
GWoher erfährt die App, dass jemand infiziert ist? Ausschließlich dadurch, dass positiv getestete Nutzer das selbst in der App eintragen. Um falsche Meldungen zu verhindern, soll das nur mit der Verifikation durch einen Code vom Gesundheitsamt möglich sein.
GGefährdet die App die Privatsphäre der Anwender?
Bei der Programmierung der App und der dazugehörigen Dienste wurde ein mehrstufiges Konzept umgesetzt, um einen möglichst hohen Datenschutz zu gewährleisten. Es werden nicht die Identitäten der Anwender ausgetauscht, sondern anonymisierte IDs, die sich mehrfach in der Stunde ändern. Die IDs der Kontaktpersonen werden nicht zentral gespeichert, sondern dezentral auf den jeweiligen Smartphones. Nur die Liste der anonymisierten IDs der Infizierten wird auf einem zentralen Server vorgehalten. Der Abgleich findet aber ausschließlich auf den einzelnen Smartphones statt.
GWie unterscheidet sich die deutsche App von Anwendungen in anderen Ländern?
GApps in asiatischen Ländern wie China, Singapur, Südkorea oder Indien erfüllen nicht die deutschen Datenschutzanforderungen, weil sie beispielsweise die Nutzer bloßstellen oder durch die Analyse der GPSSignale ein Bewegungsprofil erstellen können. Die App in Frankreich ähnelt dem Ansatz in Deutschland, aber die Kontaktdaten werden zentral gespeichert. Andere Länder wie die Schweiz oder Österreich folgen wie Deutschland den Datenschutzvorgaben von Apple und Google und können dadurch auch die technischen Schnittstellen (APIs) der Tech-Konzerne nutzen.
Auf welchen Smartphones kann die App installiert werden?
Beim iPhone ist das aktuelle iOS 13.5 Mindestvoraussetzung. Das gibt es für Geräte ab dem iPhone 6s oder dem iPhone SE. Ein altes iPhone 5, 5S oder 6 reicht nicht aus. Bei AndroidHandys ist die Lage etwas unübersichtlicher. Hier muss zum einen
GBluetooth LE unterstützt werden. Das ist ab Android 6 der Fall. Zum anderen müssen aber auch die Google Play Services laufen, weil der Konzern die Schnittstellen nicht über Android selbst zu Verfügung stellt, sondern über diese Google-Dienste.
Besteht die Gefahr, dass die Corona-Warn-App nicht doch heimlich zur Überwachung der Bevölkerung eingesetzt wird?
Nein, das ist quasi ausgeschlossen. Der Quell-Code der App kann auf der Plattform GitHub transparent eingesehen werden. Bei etlichen Analysen des Codes wurden keine Hintertüren oder andere Anomalien entdeckt.
GGibt es für die Warn-App eine eigene gesetzliche Grundlage?
Nein, die Bundesregierung glaubt, dass die bestehenden Datenschutzgesetze ausreichen und wird im Bundestag dabei von der FDP unterstützt. Die Grünen und Linken fordern dagegen,
Gdass der Einsatz der App durch ein Gesetz geregelt wird. So müsse nicht nur die Installation der App freiwillig sein. Es dürfe auch keine Verpflichtung geben, ein Smartphone mit laufender App mit sich zu führen und bei Restaurantbesuchen, beim Einkaufen oder Veranstaltungen vorzuzeigen. Auch die AfD fordert, dass es keine Diskriminierung von Nicht-Nutzern geben dürfe.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat gesagt, die App müsse auch beim „Musikhören auf dem Handy“noch laufen können – was ist da das technische Problem? „Musikhören auf dem Handy“steht stellvertretend für Anwendungen, die parallel zur Warn-App laufen. Das könnte auch Google Maps oder eine andere App sein. Insbesondere beim iPhone bestand die Herausforderung, dass Apple einem Programm bislang nicht gestattet hat, ständig Bluetooth-Signale im Hintergrund zu senden und zu empfangen.
GMit der API für die CoronaWarn-App macht Apple nun dafür eine gezielte Ausnahme. Und auch bei Google wird der Parallelbetrieb der Apps nun optimiert. Die AppEntwickler mussten nun sicherstellen, dass diese Schnittstellen optimal genutzt werden.
Wie sicher kann die Warn-App gegen Fehlalarme sein?
Da die Bluetooth-Technik nicht für das Messen von Abständen entwickelt wurde, wird es sicherlich auch Fehlalarme geben. Es kann auch sein, dass sich Infizierte hinter einer Glaswand befunden haben und einen Alarm auslösen, obwohl durch den „Kontakt“keine Infektionsgefahr ausging. Daher verweisen selbst die Entwickler darauf, dass die App nur einen begrenzten Beitrag zur Normalisierung liefern kann. Sie ist keine Wunderwaffe. Wer sich und andere vor einer Infektion schützen will, sollte auch mit der App Abstand wahren und eine Maske tragen.
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