Schuldnerberatung rechnet im Frühjahr mit Ansturm
Noch halten sich die Auswirkungen von Corona in Grenzen – Wenn Maßnahmen wegfallen, wird es eng
AALEN (tu) - „Wir sind für viele Menschen ein Rettungsschirm und können ihre Lebensqualität erhöhen.“Dieses Fazit hat Edeltraud Hammele, die Leiterin der Schuldnerberatung beim Landkreis, in der gemeinsamen Sitzung der Kreistagsausschüsse für Soziales und Gesundheit und für Jugendhilfe gezogen. Denn: Wen die Schulden drücken, der kann oft nicht schlafen. Und so lautet der schönste Satz, den die Schuldnerberaterinnen Hammele zufolge von Ratsuchenden oft zu hören bekommen: „Ich kann wieder schlafen!“
Die Gründe, aus denen bei manchen Menschen die Ausgaben sehr viel höher sind als die Einnahmen, sind vielfältig: niedriges Einkommen, Arbeitslosigkeit, Trennung, Krankheit, Konsumverhalten oder gescheiterte Selbstständigkeit. Manchmal droht der Verlust der Wohnung wegen Mietrückständen. In diesem Fall, berichtete Hammele, wird den Betroffenen in der so genannten Basisberatung geholfen, in der es um die Existenzsicherung geht. Das ist sozusagen die Notfallbehandlung, wie es die Schuldnerberaterin beschrieb. Diese wird hauptsächlich bei Kontopfändungen nötig. Im Jahr 2019 wurden 843 Einzelberatungstermine wahr genommen, 133 Beratungen weniger als 2018, was dem allgemeinen, wohl eher kurzfristigen Trend entspreche. Vor allem, wenn man die Jahre zuvor mit bis zu 1246 Einzelberatungen pro Jahr betrachte.
In der weiterführenden Beratung geht es um die Entschuldung und Verhinderung der Insolvenz. Im Jahr 2019 fielen hier rund 300 Fälle an. Die Kür sei schließlich die Prävention. Unterstützung bekommen die Hilfesuchenden auch kurzfristig in den wöchentlichen offenen Sprechstunden in Aalen und Schwäbisch Gmünd. Die Schuldnerberatung
der Kreisdiakonie bietet ebenfalls sowohl in Aalen als auch in Schwäbisch Gmünd wöchentlich eine offene Sprechstunde an.
In der Schuldnerberatung des Kreises sind auch ehrenamtliche Mitarbeiter tätig. 2019 leisteten die sieben ehrenamtlich engagierten Frauen und Männer 150 Stunden.
„Corona trifft uns verzögert“, berichtete Hammele. Bei Menschen in Kurzarbeit könne es zwar jetzt schon eng werden, mit einem größeren Ansturm rechne sie aber im kommenden
Frühjahr. Aktuell werde mit keiner gesteigerten Nachfrage nach Schuldnerberatung gerechnet, da die Maßnahmen zur Abmilderung der CoronaKrise, wie die Stundung von Kreditraten, der Verzicht auf Liefersperren oder keine Kündigung von Mietverträgen bei Mietrückständen, vorrangig greifen. Sobald diese Maßnahmen wegfallen und Kurzarbeit weiter anhalte, werde jedoch die Nachfrage steigen. Meldeten dann möglicherweise Betriebe Insolvenz an und verlieren dadurch Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz, werde dies ebenfalls zu einer erhöhten Nachfrage führen.
Entsprechend den gesellschaftlichen Entwicklungen liegt Hammele zufolge der Anteil an Menschen mit psychischen Erkrankungen und Suchtproblemen in der Schuldnerberatung höher als in früheren Jahren. Ebenso sei in immer mehr Beratungen ein Übersetzer auf Grund sprachlicher, kognitiver oder gesundheitlicher (zum Beispiel Taubheit) Verständigungsprobleme notwendig. In all diesen Fällen sei der Zeitaufwand pro Beratung sehr hoch.
Die Schuldnerberatung verursacht jährliche Ausgaben von gut einer halben Million Euro. Die Einnahmen von etwa 30 000 Euro fallen dabei kaum ins Gewicht.