Die unsichtbare Gefahr
Das Edelgas Radon kann Lungenkrebs auslösen – Bundesamt für Strahlenschutz appelliert an Hausbesitzer
Was ist Radon?
●
RAVENSBURG - Es ist nach dem Rauchen eine der wichtigsten Ursachen für Lungenkrebs in Deutschland: das Edelgas Radon. Trotzdem ist es nur wenig bekannt. Die Gefahr für die Gesundheit ist von Region zu Region sehr unterschiedlich. Deshalb hat das Bundesamt für Strahlenschutz am Montag in Berlin an Hausbesitzer und Arbeitgeber appelliert, mehr zum Schutz vor dem Gas zu unternehmen. Die Bundesländer müssen ebenfalls aktiv werden. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
●
Radon ist ein radioaktives Edelgas, das natürlich vorkommt. Es entsteht im Boden beim Zerfall von Uran und Radium. Das Gas ist unsichtbar und riecht nicht. Wie stark es austritt, ist regional unterschiedlich.
●
„Die gesundheitsschädigende Wirkung von Radon ist wissenschaftlich eindeutig nachgewiesen“, sagt Inge Paulini, Präsidentin des Bundesamts für Strahlenschutz. Vor allem in geschlossenen Räumen, in denen die Konzentration besonders hoch sein kann, wird das Gas gefährlich. Menschen atmen Radon und seine Zerfallsprodukte ein. Das sind zum Beispiel die radioaktiven Schwermetalle Polonium und Wismut. Atmet ein Mensch die Stoffe ein, lagern sie sich in der Lunge ab und zerfallen dort. Dabei entsteht Alphastrahlung. Diese Strahlung kann die Zellen schädigen und eine Lungenkrebserkrankung begünstigen. Je höher die Konzentration und je öfter ein Mensch Radon ausgesetzt ist, desto gefährlicher ist das Gas.
Warum bin ich vor allem in meiner Wohnung davon betroffen?
●
Warum ist es gefährlich?
Radon verdünnt sich an der frischen Luft schnell, die Gefahr im Freien ist daher nicht hoch. Doch durch undichte Stellen und Ritzen gelangt das Gas in Gebäude – und dort reichert es sich an. Im Keller ist die Konzentration des Gases am höchsten. Sie nimmt von Stockwerk zu Stockwerk ab. Zum Vergleich: an der frischen Luft beträgt die Radonkonzentration bei zirka fünf bis 30 Bequerel pro Kubikmeter. Im Haus kann sich Radon auf bis zu 100 und in seltenen Fällen auf bis zu 1000 Bequerel pro Kubikmeter anreichern.
Was sind Radonvorsorgegebiete?
●
Radon tritt unterschiedlich häufig in Deutschland auf. Das hängt unter anderem davon ab, wie luftdurchlässig der Boden vor Ort ist oder wie viel
Radon sich im Erdboden befindet. Bis zum 31. Dezember 2020 müssen die Länder Gebiete ausweisen, in denen die Radonbelastung besonders hoch ist – das sind sogenannte Vorsorgegebiete. Dort werden die Referenzwerte in vielen Gebäuden überschritten. Im Mittelgebirge mit Granitund Schiefergesteinen ist die Konzentration von Radon im Boden besonders hoch. Laut Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) gibt es zum Beispiel im Südschwarzwald und auf der Schwäbischen Alb höhere Mengen.
Welche Regeln müssen in Vorsorgegebieten eingehalten werden?
●
In Zukunft gibt es in den Radonvorsorgegebieten höhere Anforderungen an Neubauten. Bauherren müssen beispielsweise die Bildung von Rissen im Keller verringern. Außerdem sind Arbeitgeber dazu verpflichtet, die Radonbelastung am Arbeitsplatz zu testen. Privateigentümer können sich freiwillig dazu entscheiden, ob sie ihr Haus auf Radon testen lassen wollen. „Empfehlenswert ist eine Messung letztlich überall. Nur sie schafft Gewissheit“, sagt Paulini.
Was müssen Arbeitgeber in Zukunft beachten?
●
Sobald die Bundesländer die Vorsorgegebiete ausgewiesen haben, müssen die Arbeitgeber in diesen Gebieten tätig werden. Innerhalb von 18 Monaten müssen sie messen, wie hoch die Radonbelastung am Arbeitsplatz im Keller oder im Erdgeschoss ist. Ist die Belastung hier höher als 300 Becquerel pro Kubikmeter, müssen sie Maßnahmen dagegen ergreifen. Dafür haben die Arbeitgeber dann 24 Monate Zeit.
Wie finde ich heraus, ob mein Haus betroffen ist?
●
Die ausgewiesenen Vorsorgegebiete sollen nur ein Anhaltspunkt für die Anwohner sein. „Die Belastung hängt auch vom Gebäude ab. Ältere Gebäude mit schlechter Bausubstanz sind eher betroffen“, erklärt Inge Paulini. Um wirklich zu wissen, ob das Haus betroffen ist, muss die Konzentration über einen längeren Zeitraum gemessen werden. Dafür können sich die Verbraucher ein sogenanntes Kernspurdosimeter zulegen. Die kleinen Plastikdosen können sie in unterschiedliche Räume stellen. Am Besten bleiben sie dort bis zu einem Jahr stehen. Experten können dann bewerten, wie hoch die Konzentration ist.
Ab wann muss ich handeln?
●
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gibt als Richtwert für Radon in Räumen 100 Becquerel pro Kubikmeter Luft an. Nach dem Strahlenschutzgesetz sollten ab einem Wert von 300 Becquerel pro Kubikmeter Luft Maßnahmen ergriffen werden. Doch diese Schwellen garantieren nicht, dass Werte darunter ungefährlich sind. Auf den Webseiten des Bundesamts für Strahlenschutz, des bayrischen Landesamts für Umwelt und der Baden-Württembergischen Landesanstalt für Umwelt können sich Verbraucher informieren.
Was kann in betroffenen Regionen helfen?
●
Wichtig ist regelmäßiges Lüften. Risse und Öffnungen im Keller sollten abgedichtet werden, ebenso Türen, die ins nächste Stockwerk führen. Mit bestimmter Technik kann die radonhaltige Bodenluft unter dem Gebäude abgesaugt werden.
Was tun Baden-Württemberg und Bayern, um Betroffenen zu helfen?
●
2019 startete Baden-Württemberg eine Informationskampagne. Sie ist eine Reaktion auf die neue gesetzliche Verpflichtung, Radonschutzgebiete auszuweisen. Auch das Bayerische Landesamt für Umwelt informiert über Radon. Entscheidet sich ein Bewohner dazu, sein Haus radongerecht zu sanieren, bekommt er aber keine finanzielle Hilfe vom Staat.
Eine interaktive Grafik zum Thema finden Sie im Internet unter www.schwäbische.de/radon