Türkei geht im Gasstreit auf Konfrontation
Erkundungsschiff wieder im Mittelmeer – Griechenland spricht von Bedrohung
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ISTANBUL - Die Türkei hat den deutschen Bemühungen um eine Vermittlung im Gasstreit im östlichen Mittelmeer einen schweren Dämpfer versetzt. Bundesaußenminister Heiko Maas sagte am Montag einen geplanten Besuch in Ankara ab, nachdem die Türkei ein Forschungsschiff zu einer neuen Erkundungsmission in die Nähe der griechischen Insel Kastellorizo geschickt hatte. Die Bundesregierung nannte neue GasErkundungen der Türkei „unklug“. Maas reist nun an diesem Dienstag lediglich in die EU-Länder Zypern und Griechenland, die mit der Türkei um Gebietsansprüche und Bodenschätze im Mittelmeer streiten.
Der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Seibert, warnte die Türkei vor neuen Erkundungen in den umstrittenen Gebieten vor griechischen Inseln. Dies wäre „ein sehr bedauerlicher und aus unserer Sicht auch ein unkluger Schritt“, sagte er. Dies würde die Bemühungen um Entspannung zwischen der Türkei, Griechenland und Zypern zurückwerfen und „wäre ganz sicher alles andere als förderlich für die Weiterentwicklung oder Fortentwicklung der EU-Türkei-Beziehungen“.
Das türkische Schiff „Oruc Reis“war Ende September aus dem Mittelmeer abgezogen worden und in den Hafen von Antalya zurückgekehrt. Offiziell begründete die Regierung in Ankara dies mit turnusmäßigen Wartungsarbeiten an dem Schiff; tatsächlich war die Entscheidung offenbar ein taktisches Manöver: Ankara wollte die damals drohenden Sanktionen der EU vermeiden. Eine Versprüche ständigung auf neue Gespräche zwischen Athen und Ankara über den Streit um die Grenzziehungen im Meer sollten die Lage entspannen. Beim EU-Gipfel Anfang Oktober verzichtete Europa dann auf sofortige Strafmaßnahmen gegen die Türkei. Nun brach die „Oruc Reis“aber zu einer neuen Mission bei Kastellorizo auf. Wenn es in der Gegend Gas unter dem Meeresboden gebe, „dann werden wir es ganz bestimmt finden“, erklärte der türkische Energieminister Fatih Dönmez zu der neuen Erkundung. „Wir werden weiter forschen, bohren und unsere Rechte verteidigen.“Nach griechischer Auffassung liegt das aktuelle Erkundungsgebiet der „Oruc Reis“in der Wirtschaftszone von Kastellorizo. Griechenland kritisierte die neue Fahrt des türkischen Forschungsschiffes deshalb als „direkte Bedrohung des Friedens“.
Dass die Türkei ausgerechnet bei Kastellorizo nach Gas sucht, ist kein Zufall. Ankara führt griechische An
auf Gewässer um die Insel als Beispiel für die nach türkischer Ansicht unannehmbare Maximalposition der Griechen ins Feld: Obwohl Kastellorizo nur zwei Kilometer von der türkischen Küste, aber fast 600 Kilometer vom griechischen Festland entfernt liege, beanspruche Griechenland ein Seegebiet von 40 000 Quadratkilometern um die Insel, sagte ein hochrangiger türkischer Regierungsvertreter kürzlich.
Im August hatten die NATO-Partner Türkei und Griechenland im Gasstreit ihre Kriegsschiffe aufgeboten und sich gegenseitig mit militärischer Gewalt gedroht. Maas hatte kurz darauf Griechenland und die Türkei besucht, aber nichts erreicht. Ein Gespräch von Maas mit dem türkischen Außenminister Mevlüt Cavusoglu am Rande einer Konferenz in der slowakischen Hauptstadt Bratislava vorige Woche brachte ebenfalls keine erkennbare Fortschritte. In Bratislava traf sich Cavusoglu auch mit seinem griechischen Kollegen Nikos Dendias; ein Datum für den Beginn der geplanten türkischgriechischen Verhandlungen gibt es aber nicht.
Die Beziehungen zwischen der Türkei und der EU werden auch durch Differenzen im Libyen-Konflikt sowie das türkische Engagement für Aserbaidschan im neuen Krieg um die Kaukasus-Region BergKarabach belastet. Als Inhaberin der EU-Ratspräsidentschaft bis zum Jahresende will die Bundesregierung versuchen, das europäisch-türkische Verhältnis aus der Krise zu führen, doch zur Halbzeit der Präsidentschaft hat Berlin noch keine Fortschritte vorzuweisen.