Feinsinnig und feixend
Die Goldfarb-Zwillinge waren im Atelier Kurz zu Gast
●
ELLWANGEN - Lisa und Laura Goldfarb sind eineiige Zwillinge. Auf der Bühne sind sie „Die Kleine Koalition“. Der Kulturverein Stiftsbund hat sie ins Atelier Kurz eingeladen und endlich, wenn auch mit sehr begrenzter Zuschauerzahl und dafür in zwei Durchgängen, sind wieder Kabarett und Comedy im Atelier Kurz in Ellwangen geboten.
Nach ihrem ersten Programm „Klein & Gemein“legen sie jetzt mit der Koalition nach. Wenn Zwillinge auch noch beide Talent haben, ist das schon was Besonderes. Bei Lisa und Laura Goldfarb ist genau das der Fall: Sie arbeiten schon immer eng zusammen, ergänzen und beflügeln sich. Auch wenn es im Ankündigungstext heißt, die eine sei sexy und die andere smart, heißt das nicht, dass nicht beides auf beide zuträfe. Waren sie in ihrem ersten Programm fast wie eine Person, ist Lisa im neuen Programm für die Comedy zuständig und Laura für das Kabarett, wobei die Unterscheidungen für die Zuschauer wirklich schwierig sind. Welche ist jetzt welche, wurde immer wieder gemurmelt, so ähnlich sehen sich die beiden.
Sie sind Schauspielerinnen, Regisseurinnen, Tänzerinnen, Filmemacherinnen und noch viel mehr. Geboren vor ziemlich genau 38 Jahren im Ruhrpott, leben sie jetzt Tür an Tür in Berlin zusammen mit zwei Männern und drei Kindern und arbeiten an deutschen Theatern. Das hat ihnen zahlreiche Preise eingebracht, zuletzt den Kabarettpreis Bad Belziger Bachstelze 2019.
Ein volles Programm auf eine Stunde zusammenzustreichen, ist nicht so einfach, denn es geht nicht nur darum, coronabedingt zu kürzen. Der Inhalt muss trotzdem noch stimmig sein. Zweimal je eine Stunde Spielzeit für zwei Gruppen von Zuschauern,
statt zwei Stunden mit Pause: Das kann nur anreißen, einen kleinen Einblick gewähren und neugierig machen auf die ungekürzte Version. Aber die Schwestern sind ja schon froh, überhaupt wieder öffentlich vor Publikum spielen zu können.
Am liebsten trinken sie Roséwein und der heißt „Schwul am Pool“, denn nur so sind die Ehe, das Leben und die Liebe am besten auszuhalten. Wir Menschen haben den unheilbaren Drang, uns abzuschaffen und das muss ertragen werden. Wo lässt es sich denn besser leben, auf dem Land oder in der Stadt? Alles hat seine Vor- und Nachteile. Auch mit den Geschlechtern ist das so eine Sache. Wir wissen ja schließlich alle, dass nur Männer unter einer Er-kältung so richtig leiden, sonst gäbe es schließlich auch eine Sie-kältung. Die Millennium-Generation braucht keinen Alkohol mehr, sie hat schließlich das Internet, das Smartphone und die Familien haben WhatsAppGruppen, an deren Analyse Sigmund Freud seine Freude hätte.
Sie sind witzig und charmant, garstig und gutmütig, feinsinnig und feixend, immer aber mit Intelligenz und Spielfreude unterwegs. Ihre tänzerischen Einlagen faszinieren und berühren auf merkwürdige Art. Gegen Gesichter mit Masken anzuspielen ist sicherlich auch nicht einfach. Es fehlt die Mimik und dadurch ein Stück weit auch das Feedback für die Akteurinnen, aber auch das meistern sie. Die beiden beenden ihr Programm mit einem Tanz auf ein Lied der norwegischen Sängerin Kari Bremnes, der in seiner Ausdruckskraft unter die Haut geht. Ein kleiner Silberstreif am Horizont, dass wieder bessere Kulturzeiten kommen.