LEA: Regierungspräsidium weist Vorwürfe zurück
Flüchtlingsaktivisten sehen einen versuchten Suizid als Auslöser der Auseinandersetzung vom 6. Oktober
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ELLWANGEN/STUTTGART - Das Regierungspräsidium Stuttgart wehrt sich gegen Vorwürfe von Flüchtlingsaktivisten zur Auseinandersetzung in der LEA Ellwangen von Anfang Oktober. Dabei geht es vor allem darum, dass ein Beteiligter des Tumults, der selbstmordgefährdet gewesen sei, keine psychiatrische Hilfe erhalten habe. Das RP wendet sich zudem gegen den Anwurf, der Mann sei jahrelang von Aufnahmeeinrichtung zu Aufnahmeeinrichtung weitergereicht worden.
Dienstagabend, 6. Oktober 2020: In der LEA Ellwangen schaukelt sich ein zunächst verbaler Streit zwischen zwei Bewohnern der Erstaufnahmeeinrichtung hoch. Gegen 23.20 Uhr mündet der Streit schließlich in eine handfeste Auseinandersetzung. Die beiden gehen aufeinander los, verletzen sich, weitere Personen mischen sich ein, wollen den Streit schlichten. Schließlich greift die Polizei ein, mehrere Streifenwagen sind im Einsatz. Am Ende werden mehrere Beteiligte verletzt und müssen ins Krankenhaus eingeliefert werden. Ein 18-Jähriger kann sich nach Angaben der Polizei gar nicht mehr beruhigen und wird in Gewahrsam genommen. So fasst die Polizei den Verlauf der Auseinandersetzung zusammen.
Die Aktivisten vom „Freundeskreis Flüchtlingssolidarität“zeichnen ein anderes Bild. Demnach soll ein Algerier im Zentrum des Tumults gestanden haben, der angeblich jahrelang von Aufnahmeeinrichtung zu Aufnahmeeinrichtung weitergereicht worden sei. Der Mann sei dadurch „müde, lebensmüde“geworden, heißt es in einer Pressemitteilung des Freundeskreises. Der Algerier habe sich das Leben nehmen wollen, und andere Bewohner der Einrichtung hätten ihn davon abhalten wollen.
Wie daraus eine handfeste Auseinandersetzung entstanden sein soll, wird allerdings nicht klar. Die Gruppe, die der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD) nahesteht, wirft den Behörden jedoch vor: Die suizidale Neigung des Betroffenen sei nicht erkannt worden. Stattdessen habe die Polizei „offenbar sogar Tränengas eingesetzt“.
Julia Christiansen, Sprecherin des Stuttgarter Regierungspräsidiums, entgegnet darauf: „Der Vorwurf, dass eine der beteiligten Personen über mehrere Jahre in der LEA sei, beziehungsweise zwischen den Aufnahmeeinrichtungen herumgereicht werde, stimmt nicht.“Auch die Anschuldigung, dass die Selbstmordabsicht
des Betroffenen nicht erkannt worden sei, treffe nicht zu, betont Julia Christiansen: „Aufgrund der engen Betreuung durch Sozialarbeiter und den psychologischen Dienst in der LEA Ellwangen liegen den zuständigen Stellen generell Informationen über psychische Belastungen vor - auch über Suizidabsichten. Darüber hinaus sind die Beschäftigten in der LEA angehalten, mögliche Suizidabsichten zu erkennen und unverzüglich Hilfen anzubieten.“
Im vorliegenden Fall, so die Sprecherin
weiter, sei eine Person im Anschluss kurzfristig stationär behandelt worden. Inzwischen werde sie ambulant in der LEA versorgt.
Holger Bienert, der Sprecher des Aalener Polizeipräsidiums, räumt ein, dass die Polizei bei dem Einsatz Pfefferspray verwendet hatte. Allerdings habe es sich um eine sehr unübersichtliche Situation gehandelt: Etwa zehn Bewohner der Erstaufnahmeeinrichtung seien an der Schlägerei beteiligt gewesen. Sie seien zum Teil mit Flaschen aufeinander losgegangen und hätten sich gegenseitig Schnittwunden zugefügt. Auch eine Krücke sei als Waffe verwendet worden. Das Sicherheitspersonal der LEA habe zu schlichten versucht und sei dabei beleidigt worden. Die Polizei sei deshalb mit mehreren Einsatzfahrzeugen zur LEA gekommen, um die Lage zu befrieden. Die Verletzten der Auseinandersetzung seien in der Ellwanger Klinik behandelt worden. Eine Person wurde zudem in eine Fachklinik eingeliefert, sagte Bienert.