Kronzeugenregelung für geständigen Drogenkurier
Ellwanger Drogensumpf trockengelegt – Zwei Jahre auf Bewährung
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ELLWANGEN - Im Frühjahr haben sich drei junge Männer aus Ellwangen und Umgebung wegen Rauschgifthandels im großen Stil vor dem Ellwanger Landgericht verantworten müssen (wir berichteten). Die Verhandlung wurde unter dem Eindruck der Coronakrise abgekürzt, nahm aber dennoch acht Tage in Anspruch und machte als „Frankfurter Drogenprozess“Schlagzeilen. Gestern nun ist ein 33-jähriger Ellwanger, der als Kurier für die verurteilten Dealer fungierte, im Ellwanger Amtsgericht zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt worden. Aufgrund seines Geständnisses und umfassender Angaben zu seinen drei Kumpanen kam er in den Genuss der Kronzeugenregelung.
Seit Beginn 2019 bis zu ihrer Festnahme im August vergangenen Jahres hatten die drei Drogendealer kiloweise Marihuana, mindestens 250 Gramm Kokain und flüssige Amphetamine aus Frankfurt nach Ellwangen verbracht und hier mit satten Gewinnen verkauft. Im Landgericht war die Rede von über 200 000 Euro. Ein weiterer Mann aus dem Umfeld des Drogenrings, der den Fahndern ins Netz gegangen war, hatte den damals 32-jährigen Maschinenführer belastet. Als sich der Verdacht erhärtete, überwachte die Polizei sein Telefon und kam dem Nichtsahnenden so auf die Spur. Am 26. Juli 2019 wurde er festgenommen und brachte die Dinge ins Rollen.
In der Verhandlung im Amtsgericht legte Staatsanwalt Klaus Schwichtenberg dem Angeklagten zur Last, er habe sich als Kurier anwerben lassen und als Mitglied der kriminellen Bande Drogen in seiner Ellwanger Wohnung gebunkert. Obwohl er das Risiko alleine trug, als er mit sechs Kilo Marihuana im Koffer im Zug von Frankfurt nach Ellwangen unterwegs war, wurde er mit vergleichsweise geringen Summen abgespeist: „600 Euro Schulden wurden mir erlassen“, sagte der Angeklagte aus.
Die eigene Drogensucht, die er finanzieren musste, wurde ihm zum Verhängnis: „Das hat mich meine Frau, mein Kind und meinen Job gekostet“, so der 33-Jährige. Auch vor Betrug schreckte er nicht zurück und verwendete 750 Euro, die ihm überlassen worden waren, für den Ankauf von „Gras.“Begonnen habe seine Sucht im Alter von 15 Jahren mit Joints im Bauwagen. Schließlich seien es sechs am Tag gewesen. Heute konsumiere er nur noch gelegentlich – wegen Schlafstörungen erhalte er
Cannabis auf Rezept.
Das missfiel dem Schöffengericht unter Vorsitz von Norbert Strecker, das den jungen Mann zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilte. Er habe sich, so Strecker, dagegen gesträubt, den Haftbefehl nach nur zwei Wochen am 7. August aufzuheben: „Es hätte Ihnen gutgetan, ein paar Monate länger nachzudenken“, so der Richter. Heute lägen die Dinge anders. Der Angeklagte habe wieder eine feste Anstellung und Kontakt zu seiner Familie. Positiv wertete das Gericht auch, dass er Ross und Reiter genannt habe, obwohl er Repressalien seiner ehemaligen Kumpane fürchten musste und Drohanrufe erhielt. Das Gericht schloss sich der Auffassung des Verteidigers, Rechtsanwalt Timo Fuchs aus Ellwangen, an: „Es muss ein Signal nach außen sein, dass es sich lohnt, auszupacken.“Aber: „Mit Ihrer Hilfe wurde der Ostalbkreis mit Gras versorgt. Sie waren zwar nur ein kleines Rädchen, aber Teil einer hochprofessionellen Struktur, Krimineller geht’s nicht“, so Strecker in der Begründung des Urteils, das dem einschlägig vorbestraften 33-Jährigen auch die Zahlung von 3000 Euro an das Tierheim Crailsheim in monatlichen Raten von 300 Euro auferlegte. Das Urteil ist rechtskräftig.