Schweinepest: 3000 Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel
Die Landwirte auf der Ostalb spüren schon jetzt die finanziellen Auswirkungen der Krankheit
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AALEN – Die Afrikanische Schweinepest (ASP) scheint zwar noch weit weg zu sein, aber sie wirkt sich jetzt schon im Ostalbkreis massiv aus: Den Schweinehaltern in der Region gehen jede Woche Erlöse in Höhe von mindestens 100 000 Euro durch die Lappen. Diese Zahl hat Helmut Hessenauer, der Leiter des Geschäftsbereichs Landwirtschaft im Landratsamt, in der jüngsten öffentlichen Sitzung des Kreistags genannt.Zurückzuführen ist dies unter anderem darauf, dass China, Japan, Südkorea und Mexiko wegen des ersten Falls von Schweinepest in Brandenburg ein Importverbot für Schweinefleisch aus Deutschland und der EU verhängt haben. Die Kreistagssitzung nutzte der Vorstandsvorsitzende des Bauernverbandes OstalbHeidenheim, Hubert Kucher, für ein leidenschaftliches Plädoyer für seinen Berufsstand insgesamt.
Schon während der Bürgerfragestunde brachte Gudrun Regele eine mögliche Sicht der Dinge auf den Punkt: „Ran an die Sau!“müsse das Motto heißen, denn von der Pest seien auch die Milchviehbauern betroffen. Diese Sicht unterstützte Kucher, der forderte, wildschweinfreie Gebiete zu schaffen. „Wenn die Pest kommt, sind sie eh tot!“Dies sei die einzige Chance, die Verbreitung von ASP zu verhindern. Kucher: „Wenn der Fuchs schon im Hühnerstall ist, muss man die Tür nicht mehr zumachen!“
Die Schweinepest würde sich auf alle bäuerlichen Betriebe auswirken, wo 3000 Arbeitsplätze auf dem Spiel stünden, aber auch auf nachgelagerte Betriebe. Kucher: „Hinter den Zahlen stehen Familien.“Und denen machten auch viele Vorschriften und Gesetze zu schaffen. Die Betriebe drohten durch Gängelungen unterzugehen. Der Bauernboss bekräftigte; „Wir haben eine tolle Landwirtschaft, die vor allem den Bauern zu verdanken ist. Und die erzeugen hervorragende, gesunde Lebensmittel!“
Die Wildschweine vollkommen auszurotten, werde nicht gelingen. Diese Gegenposition vertrat Ulrich Koepsel, der Leiter des Geschäftsbereichs Veterinärwesen und Lebensmittelüberwachung im Landratsamt. Entscheidend sei, infizierte Tiere früh zu erkennen. Auch müsse unbedingt verhindert werden, dass sich Hausschweine anstecken. Sollte im Ostalbkreis ein Wildschein infiziert sein, würde daher um den Fundort in einem Radius von drei Kilometern eine so genannte Kernzone eingerichtet. Hier müssten sich die Wildschweine wohl fühlen können, damit sie keinen Grund haben, abzuwandern.
In einem Radius von 15 Kilometern würde ein gefährdetes Gebiet deklariert, in dem es um Früherkennung ginge und darum zu verhindern, dass die Pest auf Hausschweine überspringt. Und hier könnten die Landwirte die Tür durchaus noch zumachen, spielte Koepsel den Ball zurück. Auch der Mensch spiele eine entscheidende Rolle, beispielsweise durch ein achtlos weggeworfenes Butterbrot im Wald. Denn durch die Übertragung über Lebensmittel könne die Afrikanische Schweinepest große Räume überspringen.
Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen seien jedoch schon erhebliche Schäden durch sie zu verzeichnen, verdeutlichte Helmut Hessenauer. Der Fall in Brandenburg habe auch die Wirtschaftlichkeit der Schweinehaltung im Ostalbkreis beeinträchtigt. Zu Beginn des Jahres noch auf historisch hohem Niveau seien Nachfrage und Preise seit März kontinuierlich gesunken. Corona-Ausbrüche hätten diesen Trend noch verstärkt. Die Ferkelpreise seien dem gefolgt. ASP habe hier den Preis von 41 auf 29 Euro pro Ferkel von 25 Kilo sinken lassen. Betroffen seien alle Schweinehalter, insbesondere Zuchtsauenhalter. Erschwerend komme hinzu, dass die mit ASP verbundenen Risiken die Betriebe in einer kritischen Phase träfen, weil sie vor kostenintensiven Anpassungen an geänderte Haltungsbedingungen stehen.
Die Pest habe zu Verwerfungen auf dem Markt geführt, sagte Hessenauer weiter. Die Erzeugung von Schweinefleisch übersteige sowohl in Deutschland als auch in der EU den Bedarf um 19 Prozent. Die Halter seien stark vom Export in so genannte Drittländer abhängig. Zwei Drittel aller Exporte gingen in den asiatischen Raum, vor allem nach China, Japan, Südkorea und auf die Philippinen. Deren Importverbote träfen den Markt in einer kritischen Phase, denn zum einen gebe es Einschränkungen der Schlachtkapazitäten wegen Corona-Ausbrüchen, was andererseits zu einem Rückstau bei den Schlachtschweinen und einem Übergewicht bei den Ferkeln führe, die dann schwerer abzusetzen seien. Ergebnis: Die Schweinepreise sind dramatisch eingebrochen.
Landrat Joachim Bläse umschrieb die Problematik so: „In der Landwirtschaft brennt es an vielen Ecken und Enden lichterloh!“