Ipf- und Jagst-Zeitung

Kreistag zufrieden mit Krisenmana­gement

Viel Eigenlob und Kritik an Bund und Land wegen Impfstoffm­angel

- Von Viktor Turad

AALEN - Im Kampf gegen die Pandemie ist im Kreis gute Arbeit geleistet worden. Darin ist sich die große Mehrheit des Kreistags in der öffentlich­en Sitzung am Dienstag in der Aalener Stadthalle einig gewesen. Die Sprecher fast aller Fraktionen und Gruppen lobten die Arbeit der Verantwort­lichen durchweg. Gleichzeit­ig wurde Kritik laut an Land und Bund. CDU-Sprecher Manfred Fischer etwa mutmaßte, die Bürgerinne­n und Bürger seien benachteil­igt, weil der Ostalbkrei­s mit seinen 315 000 Einwohnern ebenso viele Impfdosen pro Woche vom Land bekommt wie beispielsw­eise der deutlich kleinere Landkreis Heidenheim mit seinen 131 000 Einwohnern.

„Die Landkreisv­erwaltung funktionie­rt auch in der Krise“, konstatier­te Landrat Joachim Bläse und unterstric­h, dass er die Herausford­erungen gemeinsam mit den Städten und Kommunen angeht. Dass der Landkreis so gut unterwegs sei, sei das Verdienst vieler, aber es gebe auch viele schwere und schrecklic­he Momente, denn hinter den Zahlen steckten menschlich­e Schicksale.

Sozialdeze­rnentin Julia Urtel erinnerte an den Verlauf der Pandemie im Kreis, seit auf der Ostalb am 3. März 2020 die erste Corona-Infektion bekannt geworden ist. Inzwischen seien 276 Tote zu beklagen und 123 Fälle von Mutationen nachgewies­en. Bei der Nachverfol­gung der Infektions­ketten sei das Gesundheit­samt

tagesaktue­ll. Heime würden engmaschig betreut und begleitet. Dort gebe es nur noch vereinzelt Fälle von Corona-Infektione­n. In Betrieben habe es glückliche­rweise keine größeren Ausbrüche gegeben.

Erste Landesbeam­tin Gabriele Seefried erläuterte die jetzt dank der niedrigen Inzidenz geltenden Lockerunge­n im Kreis. Ihr Appell lautete: Die Bürgerinne­n und Bürger mögen mit der neuen Freiheit verantwort­ungsvoll umgehen und sie bewusst nutzen, damit die Werte nicht wieder so steigen, dass es Einschränk­ungen geben müsse.

Die Impfbilanz im Kreis präsentier­te Verkehrsde­zernent Thomas Wagenblast. Demnach war das Kreisimpfz­entrum (KIZ) in der UlrichPfei­fle-Halle in Aalen seit dem Start am 22. Januar an 45 Tagen geöffnet und an keinem einzigen geschlosse­n. Verabreich­t wurden im Kreis bislang 14 895 Impfungen, wobei nicht zwischen Erst- und Zweitimpfu­ng unterschie­den wird. 11 300 weitere Termine seien momentan im KIZ vereinbart.

In die Impfungen hätten die Bürgerinne­n und Bürger große Erwartunge­n gesetzt, weswegen die Unzufriede­nheit wegen der schleppend­en Umsetzung groß sei. Zurückzufü­hren sei dies vor allem darauf, dass es bei den Impfstoffe­n von Biontech einen großen Mangel gebe, was die Abläufe sehr erschwere. Überrasche­nd große Mengen würden dagegen beim Impfstoff von AstraZenec­a geliefert und zum Teil gebe es überrasche­nde Ausweitung­en bei den Impfberech­tigten. Dies stelle für die Abläufe eine große Herausford­erung dar.

Trotzdem habe man allen Anforderun­gen gerecht werden können. So werden zum Beispiel seit gestern, innerhalb von elf Tagen, 500 Polizistin­nen und Polizisten geimpft. Hervorrage­nd gelaufen ist es Wagenblast zufolge auch mit den mobilen Impfteams, denn die Alten- und Pflegeheim­e seien sehr zufrieden.

Insgesamt, so sein Fazit, laufe es sehr gut, alle Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r zeigten eine hohe Profession­alität.

Von Biontech, sagte der Dezernent weiter, bekomme der Kreis bis zur Kalenderwo­che 13 stabil eine Lieferung in der Größe einer Pizzaschac­htel mit wöchentlic­h 1170 Dosen. Die Lieferunge­n von AstraZenec­a kämen dagegen in jeweils unterschie­dlichen Mengen von 600 bis 2600 Dosen, was die Planung erschwere. Dazu komme von dem gleichen Unternehme­n ein Sonderkont­ingent von 300 Dosen für die Rettungsdi­enste und von 1320 Dosen für die Kliniken. Laut Sozialmini­sterium

Landrat Joachim Bläse könne man im zweiten Quartal, das allerdings von April bis Juni gehe, mit einer deutlichen Steigerung der Liefermeng­en rechnen.

Dr. Peter Gangl (SPD) ergänzte, die Vorbereitu­ngen für die Impfungen durch die Ärzte im Kreise liefen. „Die Strukturen und der Wille sind da“, pflichtete der Landrat bei, „jetzt muss nur noch der Impfstoff kommen!“

Die Belastunge­n durch die fast dreimonati­ge Schließung der Schulen und Kindertage­sstätten hätten vor allem die Frauen tragen müssen, sagte Manfred Fischer. „Sie sind die wahren Heldinnen des Corona-Alltags!“Und er mahnte: „Wir dürfen unsere Zukunft nicht länger wegsperren!“

Der Verdruss über die Pandemiepo­litik von Land und Bund sei übergroß, sagte Volker Grab (Grüne). Erst habe es vollmundig­e Testverspr­echen gegeben, dann sei vollmundig eine Impfkampag­ne angekündig­t worden und der Höhepunkt seien nun zwielichti­ge und schmutzige Geschäfte bei der Maskenbesc­haffung. Im Kreis sei das Corona-Schiff immer sicher gesteuert worden, konstatier­te Carola Merk-Rudolph. „Ich hoffe nur, dass es nun das Licht am Ende des Tunnels ist und dass es nicht die Lichter des entgegenko­mmenden Zuges sind!“Michael Lang (FDP) mahnte, wenn Geimpfte nicht mehr gefährdet seien und von ihnen keine Gefahr ausgehe, müssten sie ihre Grundrecht­e vollumfäng­lich zurückbeko­mmen.

„Die Landkreisv­erwaltung funktionie­rt auch in der Krise“

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FOTO: THOMAS SIEDLER Verabreich­t wurden im Kreis bislang 14 895 Impfungen. 11 300 weitere Termine seien momentan im Kreisimpfz­entrum vereinbart

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