Mahnbrief von Kretschmann und Söder
Süd-Ministerpräsidenten rufen Kollegen zum Durchgreifen auf – Debatte um Astrazeneca
BERLIN/AMSTERDAM (dpa/AFP) Der Druck wächst: Aus Wissenschaft und Politik mehren sich nach ersten Lockerungen Forderungen nach einem neuen harten Lockdown. Die Situation in der dritten Welle sei leider „sehr ernst und sehr kompliziert“, sagte der Charité-Virologe Christian Drosten. Für ihn bleibe nur noch der „Holzhammer“. Auch Amtsärzte verlangen einen konsequenten Lockdown. Zudem fordern die Süd-Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) und Markus Söder (CSU) in einem gemeinsamen Brief an ihre 14 Amtskollegen eine strikte
Anti-Corona-Politik mit einer konsequenten Umsetzung der Notbremse in Hotspots und Ausgangsbeschränkungen. Zudem plädieren die Regierungschefs von Baden-Württemberg und Bayern für eine Testpflicht an den Schulen nach den Osterferien.
„Die dritte Welle rollt seit einigen Wochen unerbittlich über das Land. Die Lage ist ernst, ernster, als viele glauben“, heißt es in dem Brief. „Wir müssen daher unsere Verantwortung jetzt wahrnehmen und dürfen nicht länger diskutieren. Das Virus verzeiht keine Verzögerungen“, mahnen Söder und Kretschmann. Innerhalb
von drei Wochen hat sich die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz laut Robert-Koch-Institut (RKI) von 65 auf 132 beinahe verdoppelt. „Getragen von einem einheitlichen Geist gilt es jetzt, die Notbremse ohne weiteres Überlegen und Zögern konsequent umzusetzen.“Aufgerufen wird zu „adäquaten Kontaktbeschränkungen bei einer Inzidenz über 100“sowie zu „nächtlichen Ausgangssperren“. Südwest-Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) drohte den Landkreisen am Freitag in einem Schreiben, die Ausgangssperren notfalls anzuweisen.
Die Debatte über die Folgen der Altersbeschränkung für den Impfstoff von Astrazeneca auf über 60-Jährige hält derweil an. Der Deutsche Lehrerverband sprach von einem „katastrophalen Rückschlag für die gerade Fahrt aufnehmende Impfung von Lehrkräften“und forderte eine Umstellung auf andere Präparate. In vielen Bundesländern sind Änderungen bei Liefer- und Terminplanungen nötig. Anders als Deutschland rät die EU-Arzneimittelbehörde EMA übrigens vorerst nicht zu Einschränkungen bei der Anwendung von Astrazeneca.