Kampf um Punkte, Plätze und den Ruf
Nur die Meisterschaft ist entschieden – Alles andere bleibt spannend in der Bundesliga
RAVENSBURG - Der Glaube gehört fest zum Fan-Sein dazu. Der Glaube daran, dass der Lieblingsverein in dieser Saison alle überraschen wird, daran, dass der Außenseiter den Favoriten schlagen kann und vor allem daran, dass der Titelkampf in der Bundesliga endlich wieder spannend wird. Doch gerade Letzteres ist ein Mythos. Einer, der auch nicht länger aufrechterhalten werden kann, weil der BVB vor zwei Jahren mal nur zwei Punkte hinter Bayern ins Ziel kam. Zu eindeutig war die Angelegenheit in den vergangenen neun Jahren. Saison 2019/2020: Bayern 13 Punkte vor Dortmund. Saison 2017/ 2018: Bayern 21 (!) Punkte vor Schalke. Saison 2016/2017: Bayern 15 Punkte vor Leipzig. So könnte man weitermachen bis runter zur Saison 2012/2013. Und auch am Ende dieser Spielzeit wird der Meister wieder München heißen und der Vorsprung auf den Zweitplatzierten im zweistelligen Bereich liegen.
Die einzigen Fragen, die sich beim Seriensieger noch stellen: Greift er schon am Samstag in Mainz zur Schale? Und bricht Robert Lewandowski den ewigen Torrekord von Gerd Müller? Wirkliche Spannung müssen die Fans im Saisonfinale aber wieder einmal woanders suchen.
Champions League: Die Bayern haben ihren Startplatz für die Königsklasse bereits sicher, RB Leipzig fehlt nur noch ein Sieg zur Qualifikation. Bleiben also zwei Tickets, um die sich drei Clubs streiten: VfL Wolfsburg, Eintracht Frankfurt und Borussia Dortmund. Eine Vorentscheidung könnte bereits am Samstag (15.30 Uhr/ Sky) in Wolfsburg fallen, wenn es zum direkten Duell mit dem BVB kommt. Auf der verzweifelten Jagd nach dem Millionenspiel Champions League wittert die Borussia ihre letzte Chance. „Vor einigen Wochen wurden wir dafür belächelt, dass wir überhaupt sagen: Wir kämpfen bis zum Ende“, sagte Trainer Edin Terzic nach dem 2:0 (1:0) gegen Union Berlin: „Am Samstag wollen wir auf zwei Punkte an den VfL Wolfsburg rankommen.“Und wenn nicht? Dann werden sich die sportlichen und pandemiebedingten Mindereinnahmen des BVB auf weit mehr als 100 Millionen Euro summieren. Dann verschwindet der Club von der größten Bühne. Dann ist fraglich, ob der Topstar Erling Haaland bleibt. „Es wäre sportlich und finanziell eine Katastrophe“,
hat Mats Hummels schon vor Wochen gesagt.
Die Wolfsburger könnten diese Katastrophe besiegeln. „Mit einem Sieg von uns sind wir weg“, sagt Trainer Oliver Glasner, der die defensiv anfällige Borussia stark attackieren will: „Ich bin lieber angriffslustig und sage: Lass uns dieses Spiel gewinnen, dann haben wir acht Punkte Vorsprung.“
Das wohl einfachste Restprogramm hat die Eintracht aus Frankfurt, die trotz der Unruhe um die Abgänge von Trainer Adi Hütter und Sportvorstand Fredi Bobic zum Saisonende den historischen Sprung in die Königsklasse perfekt machen will: „Jetzt ist die Phase da, wo man punkten muss. Dortmund ist viel mehr unter Druck als wir. Aber wenn man die eigenen Hausaufgaben nicht macht, bringt es auch nichts, auf die anderen zu schauen“, sagt Hütter vor dem Spiel bei Bayer Leverkusen am Samstag (18.30 Uhr/Sky).
Europa League: Dem Verlierer des Dreikampfs bleibt zumindest der kleine Trost, im nächsten Jahr höchstwahrscheinlich in der Europa League dabei zu sein. In der Verlosung um den zweiten Startplatz sowie die Teilnahme an der neuen Conference League sind zudem allen voran Bayer Leverkusen sowie Borussia Mönchengladbach, Union Berlin und SC Freiburg. „Für uns geht es um Tabellenplätze, um Reputation, um Anerkennung“, sagt Sportclub-Trainer Christian Streich vor dem Heimspiel gegen die TSG Hoffenheim am Samstag (15.30 Uhr/Sky). Gerade einmal drei Punkte fehlen den Breisgauern auf den möglicherweise für die Qualifikation zur Conference League reichenden siebten Platz – bei einem Spiel weniger.
Abstiegskampf: Dass die Freiburger bei erst 29 Spielen stehen, ist der Tatsache geschuldet, dass sich die Mannschaft von Hertha BSC Berlin – am vergangenen Wochenende eigentlich Gegner des SCF – in 14-tägiger Quarantäne befindet. Das sorgt im Abstiegskampf für zusätzliche Spannung, schließlich sind die ambitionierten Berliner mittlerweile auf den Relegationsplatz 16 abgerutscht und müssen nach der Quarantäne die verbleibenden sechs Spiele in 19 Tagen bestreiten. Doch nicht nur die Hertha zittert, vier Spieltage vor Schluss müssen noch fünf weitere Mannschaften befürchten, Schalke 04 in die 2. Bundesliga zu folgen. Insbesondere der 1. FC Köln, dem der Überraschungssieg über Lei pzig wichtige Punkte brachte, und das formschwache Werder Bremen, das nach der Last-Minute-Rettung in der Relegation im vergangenen Jahr eigentlich nichts mehr mit dem Abstieg zu tun haben wollte, sind in arger Bedrängnis. „Jetzt werden wir höchstwahrscheinlich vier Endspiele haben“, sagte Werder-Coach Florian Kohfeldt nach dem 0:1 gegen den FSV Mainz 05 – der sechsten Niederlage in Serie. Die Mainzer hingegen sind seit Wochen im Aufwind und dürfen sich berechtigte Hoffnungen auf den Klassenerhalt machen. Diesen möchte auch der FC Augsburg perfekt machen – und könnte im Heimspiel gegen Köln (Freitag, 20.30 Uhr/DAZN) zumindest schon mal dem direkten Abstieg entrinnen: „Wir wollen unbedingt gewinnen, damit Köln uns nicht mehr einholen kann“, sagt FCA-Coach Heiko Herrlich. Den Glauben der Augsburger Fans weiß er dabei hinter sich.