Ostalbkreis „enorm weit entfernt von Schulöffnungen“
Dazu führt die Bundes-Notbremse mit Schließung ab einer Inzidenz von 165 – Kinder „keine Pandemietreiber“
AALEN – Auch Michael Weiler, der geschäftsführende Schulleiter der drei Aalener Gymnasien, hat sich die Inzidenzwerte nach Altersgruppen angeschaut. Und er kommt zu dem Schluss: „Ich habe nicht den Eindruck, dass Kinder und Jugendliche die Pandemietreiber sind.“
Weiler hat sich die interaktive Deutschlandkarte des Robert-KochInstituts vom 16. April angesehen, mit der der Analyst Sebastian Mohr argumentiert. Danach gebe es zwar Stadt- und Landkreise, in denen die Inzidenz bei den Fünf- bis 14-Jährigen höher liege als bei der gesamten Bevölkerung. In vielen anderen Kreisen sei es laut derselben Karte aber umgekehrt. Und im Ostalbkreis bestand Mitte April überhaupt kein Unterschied: Über alle Altersgruppen hinweg gab es pro 100 000 Einwohner in sieben Tagen genau 200 neue Coronafälle, bei den Fünf- bis 14-Jährigen waren es 201. „Das stört uns an den Schulen schon ein wenig, dass auf diese Weise, nur bestimmte Zahlen herauszugreifen, Panik verbreitet wird“, so Weiler.
Richtig sei, dass sich durch die britische Corona-Mutante etwas verändert habe. „Gab es früher einen Corona-Fall in einer Familie, dann haben sich die Angehörigen nicht unbedingt angesteckt, auch wenn sie im selben Haushalt lebten“, erklärt
Weiler. Seit dem Auftreten der britischen Mutante sei die ganze Familie betroffen. „Aber wer das Virus bringt, weiß man nicht“so der Leiter des Kopernikus-Gymnasiums Wasseralfingen (KGW). An seiner Schule werden regelmäßig die Schüler der Kursstufe, die in Präsenz unterrichtet werden, getestet. „Von 50 Getesteten geht in der Regel einer wieder nach Hause, um sich zusätzlich testen zu lassen“, hat Weiler beobachtet.
Er befürwortet den Wert von 165, unter den die Inzidenz künftig sinken muss, bevor die Schulen teilweise wieder geöffnet werden dürfen: „Das ist ein sicherer Weg.“Monatelang sei die Zahl immer weiter nach oben gesetzt worden, zuletzt auf 200. Nun aber hat der Bundestag die Corona-Notbremse beschlossen.
Turbulenzen darum gibt es an den Schulen auf der Ostalb keine. Während in anderen Landkreisen die Bildungseinrichtungen jetzt schon wieder die Schüler nach Hause schicken müssen, die sie erst seit dem 19. April wieder durch ihre Tore ließen, bleibt hier alles wie gehabt. Denn die Schulen auf der Ostalb hatten den Wechselbetrieb für alle erst gar nicht aufnehmen dürfen, weil die Inzidenz über 200 lag. Für die Zukunft freilich habe die neue 165er-Marke Folgen, gibt Weiler zu bedenken. Nun sei der Ostalbkreis erst Recht „enorm weit entfernt“von Schulöffnungen. „Die
Folge ist, dass wir vor den Pfingstferien sicher nicht in den Wechselunterricht übergehen können, geschweige denn in den Präsenzunterricht.“Ein Trost: Wenn Weiler den Wechselunterricht auch besser findet als das Fernlernen, was die sozialen Aspekte für die Schülerinnen und Schüler angeht, ist er davon hinsichtlich des Lernerfolgs weniger überzeugt. Denn es gebe beim Wechselunterricht einen Schwachpunkt: „Die zu Hause bleiben, erhalten dann nur noch erweiterte Hausaufgaben, weil die Lehrer ihren Vormittag nicht mehr über Moodle mitgestalten können. Das ist ein Rückfall in eine schlechtere Situation als die, wenn alle Fernunterricht haben.“Auch der Stundenplan könne dann nicht mehr eins zu eins abgebildet werden wie jetzt im Fernunterricht. „Im Wechselunterricht hat jeder nur noch 50 Prozent.“
Ein Streaming-Modell, bei dem die Schüler zu Hause am Endgerät verfolgen, was die Lehrkraft im Klassenraum in eine Kamera spricht, hätte für den Schulleiter Vor- und Nachteile. „Was im Klassenzimmer den Unterricht ausmacht, ist die lebendige Interaktion. Die bleibt beim Streaming auf der Strecke“, gibt Weiler zu bedenken. Diese Form eigne sich vielleicht für die Oberstufe, aber nicht für die Jüngeren. Ganz zu schweigen von den Bedenken beim Datenschutz.