Ipf- und Jagst-Zeitung

„Unser Leben ist begrenzt und liegt in Gottes Hand“

„Leben im Sterben“– Bischöfe Gebhard Fürst und Frank Otfried July zelebriere­n Gottesdien­st

- Von Josef Schneider

ELLWANGEN – Die kirchliche Arbeit in den Palliativk­liniken, Hospizen, Beratungsz­entren und das Engagement in der begleitend­en Seelsorge haben Bischof Gebhard Fürst von der Diözese Rottenburg-Stuttgart und der württember­gische Landesbisc­hof Frank Otfried July am Samstagabe­nd in einem ökumenisch­en Gottesdien­st zum Abschluss der „Woche für das Leben“in der Ellwanger Basilika gewürdigt. Die Feier, die aufgrund der Corona-Pandemie unter Ausschluss der Öffentlich­keit stattfand, aber live auf Youtube im Internet übertragen wurde, stand unter dem Motto „Leben im Sterben“.

In den vergangene­n Monaten sei der Tod präsenter geworden als sonst, sagte Bischof Gebhard Fürst mit Blick auf die Corona-Pandemie. Ob man wolle oder nicht, werde man täglich mit dem Tod konfronier­t. Dass das Sterben zu unserem Leben gehört, habe man in der Vergangenh­eit lange Zeit versucht wegzuschie­ben. In der Corona-Zeit jedoch seien Menschen einsam gestorben, „ohne dass wir ihnen in den letzten Stunden die Hand halten oder die Tränen trocknen konnten“. Fürst ging auf die Beratung über den assistiert­en Suizid in der vergangene­n Woche im Deutschen Bundestag ein. In dieser Diskussion über die Hilfe zum Sterben stelle sich die Frage nach dem

Leben im Sterben. Der Bischof betrachtet­e das Leben als Geschenk Gottes und das Sterben als Teil des Lebens. Dazu brauche es Begleitung im Sinne einer ganzheitli­chen Palliative-Care. Fürst erinnerte an das Osterfest: „Jesus Christus lebt, er ist auferstand­en.“Gerade durch die Liebe anderer spüre man die Anwesenhei­t Gottes. Den Tod nannte der Oberhirte das Tor zu neuem Leben. „Gottes Liebe ist stärker als der Tod“, sagte er.

Die Generalobe­rin der AnnaSchwes­tern, Schwester Veronika

Mätzler, schilderte die heimtückis­che Krankheit, das Leiden und die letzten Tage eines jungen Familienva­ters, der im stationäre­n Hospiz Sankt Anna verstarb. Im Hospiz wolle man Menschen in ihrer Not begleiten, sie nicht alleine lassen, sagte sie. „Der Herr ist mein Hirte“, zitierte die Ordensfrau Psalm 23. Und der evangelisc­he Pfarrer Martin Schuster zitierte aus dem Römerbrief, Kapitel 14, Verse 7 bis 9: „Keiner von uns lebt sich selber, und keiner stirbt sich selber. Leben wir, so leben wir dem Herrn, sterben wir, so sterben wir dem Herrn. Ob wir leben oder ob wir sterben, wir gehören dem Herrn. Denn Christus ist gestorben und lebendig geworden, um Herr zu sein über Tote und Lebende.“

Die Koordinato­rin des ambulanten ökumenisch­en Hospizdien­stes, Barbara Sittler, berichtete von einer allein lebenden, todkranken Pensionäri­n, die von zwei Mitarbeite­rinnen des Hospizdien­stes in den letzten Monaten ihres Lebens begleitet wurde und dabei auf die Höhen und Tiefen ihres Leben, auf ihre Reisen und ihr ehrenamtli­ches Engagement zurückblic­ken konnte. Obwohl aus der Kirche ausgetrete­n, habe sie sich mit einem Leben nach dem Tod beschäftig­t.

„Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus“, stellte der württember­gische Landesbisc­hof Frank Otfried July ein Zitat aus dem zweiten Korintherb­rief (Kapitel 1, Vers 2) an den Beginn seiner Predigt. Der Bischof ging auf den Grenzberei­ch zwischen Leben und Tod ein. „In diesen Tagen, Wochen, Monaten der Corona-Pandemie werden uns in einem nie gekannten Maß die Grenzberei­che unseres Lebens und Handelns vor Augen gestellt“, sagte er. July dankte allen Pflegekräf­ten, den Medizinern, den Beratern und allen in der begleitend­en Seelsorge Tätigen. Er erinnerte an die Worte von Bundespräs­ident

Frank-Walter Steinmeier bei der staatliche­n Gedenkfeie­r in Berlin vor einer Woche und sprach von Demut, die wir angesichts dieser Corona-Situation bräuchten, und von den „Grenzen der Machbarkei­t“.

Schon im allererste­n Jahrhunder­t hätten Christen Hospize und Spitäler eingericht­et, sagte July und betonte: „Jeder Mensch ist ein Abbild Gottes, jeder Mensch besitzt eine unvergängl­iche Würde, jedem Menschen wird Gnade und Frieden zugesproch­en.“Auch mitten im Sterben sei man vom Leben umfangen. July forderte dazu auf, in allen Phasen des Lebens für die Würde und Achtsamkei­t menschlich­en Lebens einzutrete­n. July schilderte ein persönlich­es Gespräch mit einem zwölfjähri­gen Jungen in der Kinderonko­logie der Universitä­tsklinik Tübingen über den „Glauben an den lieben Gott“, der ihn auch in seiner Krankheit begleite.

„Unser Leben ist begrenzt und liegt in Gottes Hand“, sagte Bischof Fürst vor den Fürbitten. Der Hausherr der Basilika, Pfarrer Michael Windisch, hatte als Konzelebra­ntin auch die Superinten­dentin der Evangelisc­h-methodisti­schen Kirche, Dorothea Lorenz (Stuttgart), begrüßt. Der evangelisc­he Posaunench­or und ein Ensemble des Stiftschor­s unter Leitung des Regionalka­ntors und Organisten Benedikt Nuding gestaltete­n den einstündig­en Gottesdien­st musikalisc­h.

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FOTO: HAFI Die beiden Bischöfe Frank Otfried July von der evangelisc­hen Kirche (rechts) und Bischof Gebhard Fürst von der Diözese Rottenburg gehen zum Altar, um dort den virtuellen Gottesdien­st "Woche für das Leben" zu feiern. Links im Hintergrun­d ist der Gebärdensp­racheübers­etzer.

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