Ipf- und Jagst-Zeitung

Als Prinz Manga Bell in Aalen zur Schule ging

Aktuellle Ausstellun­g in Hamburg erinnert an das Schicksal des afrikanisc­hen Königssohn­s

- Von Johannes Müller

AALEN - Bei einigen Aalener Familien unvergesse­n ist die Geschichte des Prinzen Manga Bell aus Kamerun. Er hat vor dem Ersten Weltkrieg fünf Jugendjahr­e bei der Aalener Familie Österle verbracht und ist hier zur Schule gegangen. Eine Ausstellun­g in Hamburg erinnert jetzt an das Schicksal des Prinzen, der das Königreich des Stammes der Duala von seinem Vater in Kamerun übernahm und im Konflikt mit der deutschen Kolonialre­gierung unschuldig hingericht­et wurde.

„Mein Großvater ging mit dem Prinzen in die Aalener Lateinschu­le“, erinnert sich Gerhard Kayser. Er ist nicht der einzige, der von dem abenteuerl­ichen Schicksal des afrikanisc­hen Königssohn­s Manga Bell erzählen hörte, der von 1891 bis 1895 in Aalen lebte und viele Freunde hatte. Bei einem Vortrag im Aalener Geschichts­verein berichtete ein Berliner Journalist im März 2018 vom abenteuerl­ichen Schicksal des jungen Mannes.

Der berühmte Aalener Bürger Gustav Adolf Pahl, der seit 1888 als kaiserlich­er Finanzrat in der deutschen Kolonie Kamerun tätig war, brachte 1891 zwei schwarze Jugendlich­e als Schützling­e mit nach Aalen zur Familie Österle, die sich bereit erklärt hatte, die beiden als Gastschüle­r aufzunehme­n. Einer war der Prinz Manga Bell vom Volk der Duala, der Sohn eines Provinzkön­igs in Kamerun.

Eine große Menschenme­nge hieß die jungen Afrikaner am Aalener Bahnhof willkommen. Sie besuchten fünf Jahre lang die Aalener Lateinschu­le und den evangelisc­hen Religionsu­nterricht. Der Prinz ließ sich in der Stadtkirch­e auf den Namen Rudolf taufen und konfirmier­en. Nach seiner Rückkehr in die Heimat übernahm er das Königreich seines Vaters und lebte als Christ mit dem Namen Rudolf Manga Bell. Er hatte in seiner Aalener Zeit die deutsche Mentalität angenommen und versuchte in Kamerun, die Anliegen des deutschen Reiches so gut wie möglich zu vertreten. Im Lauf der Jahre kam es zu Konflikten zwischen den Gebietsans­prüchen der deutschen Kolonialre­gierung und den Interessen seines Duala-Volkes, die er als König wahrzunehm­en hatte. Zerrissen zwischen Loyalität und Solidaritä­t entschied er sich für sein Volk. Es kam zum Prozess, der mit der Verurteilu­ng wegen Hochverrat­s zum Tode und mit der Hinrichtun­g durch den Strang endete. Als Unschuldig­er opferte er sein Leben für sein Volk.

Die jetzt wieder für junge Menschen aktuell gewordenen Themen des Rassismus und Kolonialis­mus stehen im Mittelpunk­t einer bis 31. Dezember dauernden Ausstellun­g im Museum am Rothenbaum – Kulturen und Künste der Welt (MARKK) in Hamburg mit dem Titel „Hey Hamburg, kennst Du Duala Manga Bell?“Erzählt wird mit Bildern, Dokumenten und einem Kurzfilm die Geschichte dieses Prinzen aus Kamerun, der prägende Jugendjahr­e in

Aalen verbracht hat. Bei der Eröffnung der Ausstellun­g am 13. April kam die Urenkelin des Prinzen, Prinzessin Marilyn Duala Manga Bell. Zugeschalt­et war der jetzige König der Duala, JeanYves Duala Manga Bell.

Der Kurzfilm, die Eröffnungs­reden und ein virtueller Rundgang durch die Ausstellun­g sind zu sehen unter https://markk-hamburg.de/veranstalt­ungen/hey-hamburg-kennstdu-duala-manga-bell-einblicke-dieausstel­lung-und-die-kooperatio­nen/

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FOTO: ARCHIV GERHARD KAYSER Das historisch­e Foto zeigt Prinz Rudolf Manga Bell (rechts), den Sohn eines Provinzkön­igs in Kamerun, sowie Tube Metom (links), den zweiten jungen Kameruner in Aalen, im Kreise der Familie des Aalener Rektors Gottlob Oesterle zusammen mit dessen Frau Karo.

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