Unerschrockener Newcomer
Die Bietigheim Steelers sind der erste Aufsteiger in die Deutsche Eishockey Liga seit 2006
BIETIGHEIM-BISSINGEN (dpa) - Das Kribbeln beginnt bei den Bietigheim Steelers schon Tage vor dem ersten Erstligaspiel der Vereinshistorie. Dass der kleine Club am Freitag erstmals in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) antritt, ist aber nicht nur für das Team aus der rund 40 000-Einwohner-Stadt nördlich von Stuttgart etwas Spezielles, sondern für die gesamte Liga. Zum ersten Mal seit 15 Jahren hat die DEL schließlich wieder einen richtigen Aufsteiger. Nach einer langen Kontroverse bedeutet das auch die Gefahr des Abstiegs für etablierte Clubs und die – allerdings eingeschränkte Chance – des Aufstiegs wieder zurück.
„Wir sind einen ganz, ganz entscheidenden Schritt weitergekommen, um da zu sein, wo wir hinwollen“, sagte Steelers-Geschäftsführer Volker Schoch. „Wir wollen uns mittelfristig in der Liga etablieren.“Man kenne seine Rolle, vom ersten Tag an um den Klassenerhalt zu spielen. „Die
Klasse zu halten, ist eine größere Herausforderung, als aufgestiegen zu sein.“
Andere Clubs haben es in den vergangenen Jahren vorgemacht, dass der Schritt gelingen kann. Auch ohne Aufstiegschance war die Liga kein komplett geschlossener Zirkel. Bremerhaven etwa profitierte davon, dass Hamburg keine Lizenz mehr beantragte und kam 2016 dazu.
Stets gelten die Norddeutschen als Außenseiter, stets haben sich die Fischtown Pinguins seitdem mit ebenfalls bescheidenen Mitteln für die Play-offs qualifiziert. In dieser Saison spielen sie sogar erstmals in der Champions League und sorgen international mächtig für Furore.
Bei den Steelers durften etliche Spieler aus dem vergangenen Zweitligajahr bleiben. „Es ist etwas Besonderes als kleinster Standort der Liga. Wir haben auch den kleinsten Etat. Den Kader zu planen, mit unserem Etat, war eine Herausforderung“, räumte Schoch ein. Reicht das für die DEL? „Wir müssen überall besser werden“, forderte der kanadische Trainer Daniel Naud (von Sommer 2014 bis Oktober 2016 auch bei den Ravensburg Towerstars) und warnte: „Wir sollten uns nicht von den Gegnern erschrecken lassen.“
Weil aufgrund der Risiken in der Corona-Krise der Abstieg 2020/21 nochmals verschoben wurde, starten in der erneut ungewöhnlichen Saison ausnahmsweise 15 statt wie gewohnt 14 Teams. Als Aufsteiger im Frühjahr 2022 kommen jedoch – wegen der erforderlichen wirtschaftlichen Nachweise – nur die Löwen Frankfurt im Falle des DEL2-Titelgewinns infrage.
Zuvor letzter regulärer Aufsteiger war Straubing. Auch die Niederbayern, die Bietigheim nun mit einer vergleichbaren Einwohnerzahl als kleinster Standort ablöst, haben sich gut etabliert. 2020 war Straubing aussichtsreich dran, um den Titel mitzuspielen, wäre die Saison nicht abgebrochen worden.
Für Bietigheim erfüllte sich mit dem Aufstieg ein Traum am Ende einer verrückten und von Corona-Quarantänen
beeinträchtigten Saison. 2020 war den Steelers zunächst die DEL2-Lizenz verweigert worden. Nur nach dem Gang vors Schiedsgericht und unter „harten Auflagen“durften sie antreten. „Es ging darum, dass Bürgschaften nicht rechtzeitig beantragt oder ausgestellt worden sind. Die haben wir im Nachgang geliefert“, erklärte Schoch im Podcast „Shorthanded News“. „Wir waren auch die ganze Saison zahlungsfähig.“Im Finale gegen Kassel verloren die Steelers zwei Spiele, drehten die Serie dann aber spektakulär mit drei Siegen am Stück.
„Jetzt geht das Kribbeln los“, sagte Volker Schoch vor dem Auftakt gegen Ingolstadt. Ein Steelers-Hype allerdings hat sich in der Corona-Krise nicht entwickelt. Dass 1125 Dauerkarten für die rund 4500 Zuschauer fassende Halle, die voll gefüllt werden darf, verkauft seien, sei weniger als erwartet, sagte Schoch. Und die sportlichen Perspektiven? „Lasst uns daran glauben, dass es viel, viel besser wird, als die meisten uns zutrauen!“