Brutale Bajuwaren
FC Bayern zerlegt Bayer Leverkusen mit 5:1 und ist zurück an der Spitze – Vier Tore in sieben Minuten
LEVERKUSEN (dpa/SID) - Julian Nagelsmann feierte die Tore seiner überragenden Stars am Spielfeldrand, als ob er sie selbst erzielt hätte. Doch als sich die Euphorie nach der Machtdemonstration des FC Bayern München beim 5:1 (5:0) im Topspiel bei Bayer Leverkusen ein wenig gesetzt hatte, analysierte der 34 Jahre alte Trainer des deutschen Fußball-Rekordmeisters recht trocken, was Beobachter und Verlierer mit Staunen und Fassungslosigkeit erlebten. „Insgesamt haben wir in den Punkten, die gegen Frankfurt nicht so gut waren, extreme Schritte gemacht. Aber wir hatten noch die Chance auf das sechste, siebte oder achte Tor in der ersten Halbzeit“, sagte Nagelsmann, nachdem sich sein Team mit 19 Punkten wieder an die Tabellenspitze vor Borussia Dortmund (18 Punkte) und Leverkusen (16) gesetzt hatte.
Der Bayern-Trainer gestand, dass die erste Saisonpleite gegen Eintracht Frankfurt (1:2) vor zwei Wochen für ihn „mehr Auswirkungen“hatte als sonst. Die Bayern hatten vor der Länderspielpause Chance um Chance liegen lassen. Doch die gleiche Startelf nahm in eindrucksvoller Weise vor 29 542 Zuschauern in der BayArena die Chance zur Wiedergutmachung an. Der zuvor in zwei Bundesligaspielen torlose Robert Lewandowski traf per Hacke (4. Minute) und sorgte mit seinem zweiten Tor (30.) quasi für die Vorentscheidung. Fast im Minutentakt trafen dann Thomas Müller (34.) sowie Serge Gnabry per Doppelpack (35./37.). Patrik Schick (55.) sorgte immerhin für etwas Leverkusener Jubel mit seinem Treffer kurz nach dem Wechsel. „Das war so nicht einkalkuliert, weil der Gegner vorher eine so herausragende Saison gespielt hat“, sagte Nagelsmann fast entschuldigend bei DAZN. Weltfußballer Lewandowski sagte lapidar: „In der Pause war klar, dass wir mit drei Punkten zurück nach München fahren.“
29 Tore haben die Bayern nach acht Spieltagen bereits erzielt und damit ihren Bundesligarekord aus der Saison 1976/77 eingestellt. Die hochtalentierten Leverkusener wiederum verloren in der Liga im eigenen Stadion nie höher – und waren mit dem Endstand letztlich gut bedient,
Es sind zwei Enden einer Leidenschaft, die so gar nicht zusammengehen wollen. Zwei so konträre Ansichten, die nicht einmal den kleinsten Schimmer eines Kompromisses am Horizont erahnen lassen: der Konflikt zwischen modernem und traditionellem Fußball. Vor allem seit der Einführung des Videobeweises (kurz VAR) eskaliert der Streit allwochenendlich in den Arenen Europas. Hier ein Großteil der Fans, die das Rad der Entwicklung am liebsten zurückdrehen wollen – und selbst bei Überprüfungen zugunsten des eigenen Teams skandieren: „Das hat mit Fußball nichts zu tun“. Dort vor allem die FußballEntscheider, die ihr Produkt vermarkten wollen. Schnell soll alles gehen (klappt beim VAR schon mal meistens nicht), automatisch ablaufen, digital erlebbar sein und vor allem weitestgehend ohne große Überraschungen. Adieu Zufall, Grüß dich ganz große Fußball-Show.
Doch ist das Ende der Fahnenstange längst nicht erreicht. Die jüngsten Aussagen und Entwicklungen lassen erahnen, dass der Konflikt der beiden Gruppen nicht etwa befriedet wird, sondern viele Fans wohl zeitnah noch mehr ertragen müssen. Die Unterschiede zum Spiel ihrer Kindheit und zum Geschehen auf den Amateurplätzen der Republik drohen noch größer zu werden. Julian Nagelsmann allerdings ist ein Fan von „technischen Gadgets“und zeigt sich offen für weitere Neuerungen. Live-Video-Analyse mit Tablet auf der Trainerbank – wie mittlerweile in vielen Bundesliga-Stadien – reichen dem Trainer des FC Bayern München nicht. Der 34-Jährige sprach sich zuletzt für eine direkte Audio-Verbindung zwischen Trainern weil Bayern nach der Pause den Schongang einlegte. „Wir haben uns diese tolle Stadionstimmung nicht verdient mit so einer Leistung“, schimpfte Bayer-Keeper Lukas Hradecky: „Wir hatten uns viel vorgenommen, nach dieser schrecklichen Anfangsphase war nichts zu holen hier.“Sein Trainer Gerardo Seoane analysierte nüchtern: „Die erste Halbzeit war brutal. Erst das frühe Gegentor, dann sieben Minuten, in denen die Bayern uns klar aufgezeigt haben, warum sie die beste Mannschaft in Deutschland sind.“
und Spielern aus, analog zum American Football, wo dies bereits seit Jahren praktiziert wird. Der kleine Mann im Ohr beziehungsweise der brüllende Nagelsmann, der etwa Joshua Kimmich anleitet und sagt: „Nun lass dich etwas zurückfallen“, „Jetzt schalte dich offensiv ein“und
In der überzeugte auch Lucas Hernández. „Seine beste Saisonleistung“, attestierte Nagelsmann seinem Verteidiger. Dem französischen Weltmeister droht in Spanien eine Haftstrafe wegen der Missachtung eines Gerichtsurteils. Am Dienstag – dem Tag vor der Champions-LeaguePartie in Lissabon – muss der 25-jährige Franzose vor einem Strafgericht in Madrid erscheinen. Stand jetzt muss Hernández in den Tagen danach eine sechsmonatige Haftstrafe antreten. „Natürlich haben wir uns mit der Situation beschäftigt, aber am besten noch „da links steht einer frei“ins Ohr flüstert. Schöne neue Welt für manche, krude Horrorvorstellung für viele. Auch bei BVBCoach Marco Rose stößt der Vorstoß auf wenig Gegenliebe: „Ich halte wenig davon, Roboter aus den Spielern zu machen, die wie auf Knopfdruck auch hier muss man verstehen, dass das eine private Sache von Lucas ist. Darüber hinaus geht es um juristische Verfahren, und ich denke, es gibt auch ein großes Verständnis, dass wir uns im Rahmen dieser Verfahren nicht äußern werden“, sagte Münchens Vorstandsvorsitzender Oliver Kahn im DAZN-Interview.
Der Fokus soll derweil weiter auf das Sportliche gerichtet bleiben. Beiden Teams stehen nun anstrengende Wochen mit sechs Spielen in den kommenden 20 beziehungsweise 21 Tagen bevor. Der FC Bayern geht gestärkt
reagieren. Ich habe für mich den Eindruck, dass es nicht auch noch meine Stimme am Trikot des Spielers braucht.“Vernünftig.
Doch müsste Rose noch viel mehr Kollegen rügen. So möchte TrainerLegende Arsène Wenger nicht nur die WM alle zwei Jahre stattfinden lassen, sondern auch die Abseitsentscheidungen ausschließlich der Technik überlassen. Der ehemalige Arsenal-Boss denkt trotz seiner 71 Jahre vermeintlich fortschrittlich und sieht gar eine „gute Chance, dass Abseits bei der WM 2022 in Katar automatisiert wird“. Und damit hört es nicht auf. Viele tolle Dinge warten noch auf die Fans. Auch die Dauer der Halbzeitpause kommt auf den Prüfstand. Der südamerikanische Verband votierte bei der FIFA für eine Verlängerung der Halbzeitpause von 15 auf 25 Minuten. Dadurch sollen bessere Halbzeitshows möglich sein und wiederum in den Pausen höhere Einschaltquoten erzeugt werden. Beispiel dafür ist die längst von vielen als Kult angesehene Halbzeitshow beim Super Bowl im American Football in den USA.
Aus Fußball soll also mehr Football werden, eine große Show. Doch ist das alles noch nicht weit genug gedacht, spaltet die Lager nur umso mehr. Wie gut, dass der Schreiber dieser Zeilen für all jene Probleme eine Lösung parat hätte: Statt den Fußball zu modifizieren, wäre es einfacher, ihn komplett neu zu erfinden. Unter einem neuen Namen dürfte sich das neue, hippe Spektakel ohnehin besser zelebrieren lassen. Allen anderen bliebe dann die traditionelle Originalvariante – nennen wir sie Fußball classic – und die Gewissheit, endlich Ruhe zu haben. in die Champions-LeaguePartie am Mittwoch bei Benfica Lissabon und danach in das Heimspiel gegen die TSG 1899 Hoffenheim am Samstag. Leverkusen stehen knackige Aufgaben in der Europa League am Donnerstag bei Betis Sevilla und am Sonntag beim rheinischen Rivalen 1. FC Köln bevor. Angesichts des engen Terminplans beendete Nagelsmann bereits in der 64. Minute den Arbeitstag von Lewandowski und Müller. Selten konnte sich ein Bayern-Trainer dies in einem Topspiel leisten.