US-Ikonen unter sich
Die Gespräche zwischen Bruce Springsteen und Barack Obama gibt es nun in Buchform
NEW YORK (dpa) - Mit einem Podcast über Politik und Privates bauten sich der frühere US-Präsident Obama und Rocklegende Springsteen Anfang des Jahres eine weltweite Fan-Gemeinde auf. Nun lässt sich der kluge und unterhaltsame Dialog zweier Freunde in einem Bildband nachlesen.
Zwei Männer hinter Mikrofonen, der eine mit Gitarre, der andere ganz lässig mit übereinandergeschlagenen Beinen in einen Bürostuhl gelehnt. Sie lächeln sich an, man spürt die gemeinsame Wellenlänge. Das eindrucksvolle Bild ist eines der ersten von Hunderten in „Renegades. Born in the USA“, dem Buch von ExPräsident Barack Obama (60) und Rocksuperstar Bruce Springsteen (72), dessen Song den Untertitel liefert.
Der Band ergänzt einen im Frühjahr präsentierten Podcast der beiden US-Idole. Das Freundschaftsprojekt „Renegades“(übersetzt: Abtrünnige) ist fest verbunden mit einem Zitatklassiker: „I’m the President, but he’s ,The Boss’“, sagte Obama im Dezember 2009 bei einer Ehrung für Springsteen, in Anspielung auf dessen Spitznamen bei Millionen Musikfans. Zwölf Jahre später zeigen Podcast und Buch, wie eng das wohl schon bei Obamas Amtseinführung im Januar 2009 geknüpfte Band zwischen diesen Männern längst ist.
Gegenseitige Sympathie, Respekt vor der Lebensleistung des anderen, Kommunikation auf Augenhöhe – wer ohnehin schon positive Gefühle für die beiden liberal-demokratischen Ikonen hegte, kann sich auch bei der Lektüre bestätigt fühlen. „Gute Gespräche folgen keinem Drehbuch“, betont
Obama im Buch, das den populären Spotify-Podcast um bisher nicht veröffentlichte
Texte erweitert.
Und der Ex-Präsident (2009-2017) schlägt sogleich die Brücke zu dem seit fast 50 Jahren erfolgreichen Singer-Songwriter: „Wie ein guter Song stecken sie voller Überraschungen, Improvisationen, Abweichungen.“
Zwar kann man, im Gegensatz zum „Renegades“-Podcast, die vornehme, sonore Sprechstimme des Ex-US-Präsidenten nicht hören und auch nicht das leicht heisere Genuschel von Springsteen, dessen kraftvoller Gesang ansonsten ganze Stadien ausfüllt. Dennoch ist der Leser nah dran an dem in Dialogform abgedruckten Austausch der beiden Männer, an ihren politischen Botschaften und den Sorgen um ihr Land, an persönlichen Erinnerungen und Reflexionen zu Liebe und Familie, an lockeren Frotzeleien.
Von den acht Kapiteln über Politik und Privates beschreibt das erste anschaulich „Unsere unwahrscheinliche Freundschaft“. Der aus einfachen Verhältnissen stammende „Boss“macht sich freilich zunächst kleiner als nötig: „Als Barack Obama vorschlug, wir sollten einen Podcast machen, war mein erster Gedanke, okay, ich war bloß auf der HighSchool in Freehold, New Jersey, und spiele Gitarre … Das passt doch nicht zusammen.“Seine bessere Hälfte habe ihm aber entgegnet: „Spinnst du? Mach es! Die Leute werden euch liebend gern zuhören!“
Die kluge Ehefrau Patti Scialfa hatte natürlich völlig recht. Diese beiden Männer, sie verstehen sich glänzend. Beide teilen eine Vision, wie sich der in einem zerrissenen Land bedrohte „American Dream“doch noch irgendwie weiterträumen lässt. Obama wie Springsteen sind, zumindest in den USA, eindeutig Linke. Aber eben auch Patrioten, die fast schon naiv „Die Story Amerikas“lieben oder das Hoffnungslied „Amazing Grace“(so lauten weitere Zwischentitel).
Apropos Hoffnungslieder: Aufrüttelnde Musik wie der legendäre Gospelsong „Amazing Grace“spielt natürlich auch eine große Rolle in diesem Buch. Obama hat bekanntlich einen brillanten Popgeschmack, seine aktuellen Lieblingstitel aus Rock, Hip-Hop und Soul teilt er regelmäßig einer gespannten Öffentlichkeit mit. Auch zum Podcast „Renegades“gibt es daher längst Spotify-Playlists.
Sie enthalten neben gesellschaftskritischen „Boss“-Liedern wie „My Hometown“oder „American Skin (41 Shots)“viele andere politisch relevante Stücke: von Billie Holiday („Strange Fruit“) und Nina Simone („Peace Of Mind“) über Marvin Gaye („What’s Going On“) und Bob Dylan („Maggie's Farm“) bis zu Sam Cooke („A Change Is Gonna Come“). Eine akustische Ergänzung zum Lesestoff, der auch Fotografien aus privaten Sammlungen beider Autoren, Springsteens handgeschriebene Songtexte und mit Anmerkungen versehene Obama-Reden enthält.
Barack Obama und Bruce Springsteen: Renegades. Born in the USA. Träume – Mythen – Musik. Penguin Verlag, 320 Seiten, 42 Euro.