Ärgernis ohne Ausweg: Löcher im T-Shirt
T-Shirts werden immer mehr zur Wegwerfware – Ellwanger Modehändler geben Tipps
ELLWANGEN - Wie ärgerlich: Schon wieder sind bei einem T-Shirt vorne in der Mitte diese kleinen Löchlein aufgetaucht. Vor allem Frauen kennen das Problem. Gibt’s auch eine Lösung? Ein Vorschlag aus dem Internet, nur noch bauchfreie Crop Tops zu tragen, ist vermutlich nett gemeint. Bessere Tipps haben die Inhaber zweier Ellwanger Modegeschäfte. Und der Textilprüf- und Forschungsdienstleister Hohenstein. Auch wenn die Antwort aus der Wissenschaft ernüchternd ausfällt.
Das T-Shirt war noch fast neu und nicht billig. Trotzdem ist auf Bauchnabelhöhe bereits das erste, winzige, kreisrunde Loch zu sehen. Wie die Erfahrung mit anderen Oberteilen gezeigt hat, wird es nicht das einzige bleiben. „Das Problem ist bekannt“, sagt Renate Reeb, die Inhaberin von „P&R fashion und Der Männerladen“in der Pfarrgasse, sie hatte es selbst schon. Entstehen würden die Löchlein vor allem, wenn mehrere Faktoren zusammenkommen.
Erstens: Vor allem Frauen trügen Oberteile aus leichten, gewirkten Stoffen wie Baumwolle. Die seien empfindlich und reißen leicht, wenn zweitens ein hartes Accessoire wie eine Gürtelschnalle, ein Reißverschluss oder ein Hosenknopf immer wieder am T-Shirt-Stoff reibe. „Das passiert zum Beispiel, wenn der Knopf oder die Gürtelschnalle sich genau auf der gleichen Höhe wie eine Theke oder Arbeitsplatte befindet, an der man regelmäßig steht“, so Renate Reeb. So sei es bei ihr gewesen. Doch sie fand eine elegante Lösung: Schuhe. Sie trage nun welche mit etwas niedrigerem Absatz. Außerdem achtet Renate Reeb bewusst darauf, sich in ihrem Modegeschäft nicht ganz an die Theke zu lehnen. Im Übrigen könne man die Gürtelschnalle ein wenig zur Seite rücken, auch das könne helfen.
Enzo Bellotti vom Schuh- und Modegeschäft „Enzo“in der Spitalstraße hat gleich drei Tipps: Wenn überall am T-Shirt kleine Löcher entstehen, seien vermutlich Motten der Grund. Sind die Löcher nur vorn zu finden, war’s wohl die Gürtelschnalle. Ist hauptsächlich der Kragen betroffen, solle man seine Waschmaschine überprüfen. Eine kleine, scharfe Stelle an der Wäschetrommel könne die Ursache sein, so Bellotti.
Das sei alles richtig, sagt der Textilchemiker Dr. Jan Beringer. Er arbeitet als leitender wissenschaftlicher Experte, bei Hohenstein. Das familiengeführte Unternehmen hat seinen Sitz in Bönnigheim und ist in den Bereichen Prüfung, Zertifizierung und Forschung mit textilem Schwerpunkt tätig. Das eigentliche Problem, sagt Beringer, sei die Baumwolle, aus der weltweit T-Shirts gefertigt werden: „Deren Qualität in TShirts ist schlechter geworden.“
Er erklärt auch, warum. Weltweit wachse der Bedarf an Baumwollstoff immens, denn es verlangten immer mehr Menschen nach immer mehr Baumwoll-Kleidung.
Doch die Fläche, auf der die Baumwollpflanze angebaut werden kann, wachse nicht mit. „Also werden die Anbauzyklen verkürzt und auch noch die ,Reste’ verwertet“, so der Experte. Schlechte Wachstumsbedingungen und frühe Ernte: Die Baumwollfasern wüchsen oft nicht mehr bis zu ausreichender Länge heran, um aus ihnen stabile Fäden zu spinnen. „Früher war das Problem nicht existent“, bestätigt Beringer, dass die Erinnerung aus vergangenen Tagen nicht trügt. Aber seit zehn bis 15 Jahren würden auch die viel kürzeren Fasern zu Fäden verarbeitet, die früher keinen Abnehmer mehr fanden.
Die Folge: „Sie lösen sich irgendwann auf.“Natürlich gebe es auch heute noch weiterhin qualitativ hochwertige Baumwollstoffe. „Sie werden vor allem für Oberhemden, Blusen oder auch Heimtextilien verwendet“, weiß Beringer. Der Welthandel für T-Shirts bekomme, „was übrig bleibt“.
Das gelte für alle Hersteller. Für den Verbraucher spiele es deshalb kaum eine Rolle, ob er ein teures Marken-T-Shirt oder ein billiges beim Discounter kauft, ob er auf Biobaumwolle achtet oder nicht: Das
Qualitätsproblem sei überall in etwa das Gleiche. „Sie sehen es dem TShirt auch nicht an, wenn Sie es kaufen“, sagt der Experte. Erst die Waschmaschine bringe die löchrigen Tatsachen ans Licht. Kaum werde der Stoff beim Waschen beansprucht, reißen die ersten Fäden. Dazu noch ein wenig Reibung durch den Gürtel, schon erscheint das erste Löchlein. Es zu nähen, bringe nichts: Daneben werde bald das nächste entstehen. Man könnte natürlich aufs Waschen verzichten. „Dann haben Sie keine Löcher, aber bald auch keine Freunde mehr“, sagt Beringer schmunzelnd. Seine ernst gemeinte Bilanz fällt ernüchternder aus: „Man kann gar nichts tun. Außer, sich ein neues T-Shirt zu kaufen.“
„Die Qualität der Baumwolle für T-Shirts ist schlechter geworden“,
sagt Jan Beringer von der Textilprüfanstalt Hohenstein.
Es gibt natürlich auch Kleidung aus anderen Stoffen. Viskose geht laut Dr. Jan Beringer ähnlich schnell kaputt wie Baumwolle. Dagegen ist Polyester stabil. Aus der Chemiefaser wird unter anderem Funktionskleidung wie auch Arbeitskleidung hergestellt.