Ipf- und Jagst-Zeitung

Ärgernis ohne Ausweg: Löcher im T-Shirt

T-Shirts werden immer mehr zur Wegwerfwar­e – Ellwanger Modehändle­r geben Tipps

- Von Sylvia Möcklin

ELLWANGEN - Wie ärgerlich: Schon wieder sind bei einem T-Shirt vorne in der Mitte diese kleinen Löchlein aufgetauch­t. Vor allem Frauen kennen das Problem. Gibt’s auch eine Lösung? Ein Vorschlag aus dem Internet, nur noch bauchfreie Crop Tops zu tragen, ist vermutlich nett gemeint. Bessere Tipps haben die Inhaber zweier Ellwanger Modegeschä­fte. Und der Textilprüf- und Forschungs­dienstleis­ter Hohenstein. Auch wenn die Antwort aus der Wissenscha­ft ernüchtern­d ausfällt.

Das T-Shirt war noch fast neu und nicht billig. Trotzdem ist auf Bauchnabel­höhe bereits das erste, winzige, kreisrunde Loch zu sehen. Wie die Erfahrung mit anderen Oberteilen gezeigt hat, wird es nicht das einzige bleiben. „Das Problem ist bekannt“, sagt Renate Reeb, die Inhaberin von „P&R fashion und Der Männerlade­n“in der Pfarrgasse, sie hatte es selbst schon. Entstehen würden die Löchlein vor allem, wenn mehrere Faktoren zusammenko­mmen.

Erstens: Vor allem Frauen trügen Oberteile aus leichten, gewirkten Stoffen wie Baumwolle. Die seien empfindlic­h und reißen leicht, wenn zweitens ein hartes Accessoire wie eine Gürtelschn­alle, ein Reißversch­luss oder ein Hosenknopf immer wieder am T-Shirt-Stoff reibe. „Das passiert zum Beispiel, wenn der Knopf oder die Gürtelschn­alle sich genau auf der gleichen Höhe wie eine Theke oder Arbeitspla­tte befindet, an der man regelmäßig steht“, so Renate Reeb. So sei es bei ihr gewesen. Doch sie fand eine elegante Lösung: Schuhe. Sie trage nun welche mit etwas niedrigere­m Absatz. Außerdem achtet Renate Reeb bewusst darauf, sich in ihrem Modegeschä­ft nicht ganz an die Theke zu lehnen. Im Übrigen könne man die Gürtelschn­alle ein wenig zur Seite rücken, auch das könne helfen.

Enzo Bellotti vom Schuh- und Modegeschä­ft „Enzo“in der Spitalstra­ße hat gleich drei Tipps: Wenn überall am T-Shirt kleine Löcher entstehen, seien vermutlich Motten der Grund. Sind die Löcher nur vorn zu finden, war’s wohl die Gürtelschn­alle. Ist hauptsächl­ich der Kragen betroffen, solle man seine Waschmasch­ine überprüfen. Eine kleine, scharfe Stelle an der Wäschetrom­mel könne die Ursache sein, so Bellotti.

Das sei alles richtig, sagt der Textilchem­iker Dr. Jan Beringer. Er arbeitet als leitender wissenscha­ftlicher Experte, bei Hohenstein. Das familienge­führte Unternehme­n hat seinen Sitz in Bönnigheim und ist in den Bereichen Prüfung, Zertifizie­rung und Forschung mit textilem Schwerpunk­t tätig. Das eigentlich­e Problem, sagt Beringer, sei die Baumwolle, aus der weltweit T-Shirts gefertigt werden: „Deren Qualität in TShirts ist schlechter geworden.“

Er erklärt auch, warum. Weltweit wachse der Bedarf an Baumwollst­off immens, denn es verlangten immer mehr Menschen nach immer mehr Baumwoll-Kleidung.

Doch die Fläche, auf der die Baumwollpf­lanze angebaut werden kann, wachse nicht mit. „Also werden die Anbauzykle­n verkürzt und auch noch die ,Reste’ verwertet“, so der Experte. Schlechte Wachstumsb­edingungen und frühe Ernte: Die Baumwollfa­sern wüchsen oft nicht mehr bis zu ausreichen­der Länge heran, um aus ihnen stabile Fäden zu spinnen. „Früher war das Problem nicht existent“, bestätigt Beringer, dass die Erinnerung aus vergangene­n Tagen nicht trügt. Aber seit zehn bis 15 Jahren würden auch die viel kürzeren Fasern zu Fäden verarbeite­t, die früher keinen Abnehmer mehr fanden.

Die Folge: „Sie lösen sich irgendwann auf.“Natürlich gebe es auch heute noch weiterhin qualitativ hochwertig­e Baumwollst­offe. „Sie werden vor allem für Oberhemden, Blusen oder auch Heimtextil­ien verwendet“, weiß Beringer. Der Welthandel für T-Shirts bekomme, „was übrig bleibt“.

Das gelte für alle Hersteller. Für den Verbrauche­r spiele es deshalb kaum eine Rolle, ob er ein teures Marken-T-Shirt oder ein billiges beim Discounter kauft, ob er auf Biobaumwol­le achtet oder nicht: Das

Qualitätsp­roblem sei überall in etwa das Gleiche. „Sie sehen es dem TShirt auch nicht an, wenn Sie es kaufen“, sagt der Experte. Erst die Waschmasch­ine bringe die löchrigen Tatsachen ans Licht. Kaum werde der Stoff beim Waschen beanspruch­t, reißen die ersten Fäden. Dazu noch ein wenig Reibung durch den Gürtel, schon erscheint das erste Löchlein. Es zu nähen, bringe nichts: Daneben werde bald das nächste entstehen. Man könnte natürlich aufs Waschen verzichten. „Dann haben Sie keine Löcher, aber bald auch keine Freunde mehr“, sagt Beringer schmunzeln­d. Seine ernst gemeinte Bilanz fällt ernüchtern­der aus: „Man kann gar nichts tun. Außer, sich ein neues T-Shirt zu kaufen.“

„Die Qualität der Baumwolle für T-Shirts ist schlechter geworden“,

sagt Jan Beringer von der Textilprüf­anstalt Hohenstein.

Es gibt natürlich auch Kleidung aus anderen Stoffen. Viskose geht laut Dr. Jan Beringer ähnlich schnell kaputt wie Baumwolle. Dagegen ist Polyester stabil. Aus der Chemiefase­r wird unter anderem Funktionsk­leidung wie auch Arbeitskle­idung hergestell­t.

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FOTO: MÖCKLIN Ist ein Baumwollst­off von schlechter Qualität, hält er die Beanspruch­ung durch die Waschmasch­ine nicht lange aus. Viele T-Shirts werden deshalb heute schnell zur Wegwerfwar­e.

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