Ipf- und Jagst-Zeitung

Eintauchen in das Berlin der 1930er-Jahre

Im Kriminalro­man „Mitte“erzählt Volker Kutscher eine Ergänzung zu „Babylon Berlin“

- Von Axel Knönagel

Spannende Kriminalfä­lle vor der historisch­en Kulisse Berlins in den 1930er-Jahren haben Volker Kutschers Romanfigur Gereon

Rath berühmt gemacht. Der 1962 geborene Autor traf mit seinen Romanen um den politisch unangepass­ten Ermittler ins Schwarze. Der morbide Glamour der Weimarer Republik und die Entwicklun­gen des aufkeimend­en Nationalso­zialismus sind Themen, die hierzuland­e immer wieder Bestseller und erfolgreic­he Filme garantiere­n. Mit dem Roman „Der nasse Fisch“, dem Auftakt seiner Krimiserie, gelang Kutscher auf Anhieb ein Bestseller, dem sieben weitere Gereon-Rath-Romane folgten. Die Reihe ist inzwischen in viele Sprachen übersetzt und durch die Verfilmung „Babylon Berlin“internatio­nal bekannt.

Für seine neue Erzählung „Mitte“greift Kutscher nun auf eine Episode aus seinem bislang letzten Roman „Olympia“zurück. Darin hatte Rath einen mysteriöse­n Todesfall im olympische­n Dorf aufgeklärt. Einen wichtigen Beitrag zur Lösung hatte Fritz Thormann geleistet, Raths ehemaliger Pflegesohn, der eine Vergangenh­eit als Straßenjun­ge hat. Eben dieser Fritz Thormann steht im Mittelpunk­t von „Mitte“.

Volker Kutscher erzählt die Geschichte als reinen Briefroman. Nach einem einleitend­en Gestapo-Brief, in dem „die politische und charakterl­iche Verderbthe­it des Thormann“betont wird, hat allein Fritz das Wort. Dessen eingeschrä­nkter Blickwinke­l ist ideal für den Spannungsb­ogen, da Fritz bei aller Cleverness bisweilen auch so naiv und unwissend ist, wie es viele Deutsche während der ersten Jahre der Nazi-Herrschaft waren.

Kutscher verwendet viele Details, um der Erzählung Zeitkolori­t zu verleihen. Fritz erwähnt verbotene Bücher ebenso wie Filme, die er gesehen hat, und die Sammelakti­onen der Hitlerjuge­nd.

Im Oktober 1936, zwei Monate nach den Ereignisse­n von „Olympia“, ist Fritz aus Angst vor der Polizei und dem Jugendamt untergetau­cht. Er lebt zwar noch in Berlin, trägt aber einen falschen Namen und verdient seinen Lebensunte­rhalt als Kohlenträg­er. Aber Fritz ist einsam, und so beginnt er, die Briefe zu schreiben, aus denen die Erzählung besteht.

Alles scheint gut zu sein, und Fritz kann stolz von seinem Leben am Rande der Gesellscha­ft berichten. Aber dann taucht jemand auf, den der Junge unter seltsamen Umständen getroffen hatte und der ganz offensicht­lich etwas verbergen will. Auf einmal fühlt Fritz sich bedroht, besonders, nachdem es in seiner unmittelba­ren Nähe einen verdächtig­en Todesfall gibt. So wird „Mitte“zum geschickt erzählten Kriminalro­man, in dem ein Mörder überführt werden soll. (dpa)

Volker Kutscher: Mitte, mit Illustrati­onen von Kat Menschik, Galiani, 128 Seiten, 20 Euro.

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