Ipf- und Jagst-Zeitung

Weltladen zieht ins frühere Reisebüro Mack

Neues Domizil ist nur wenige Häuser vom alten entfernt

- Von Petra Rapp-Neumann

ELLWANGEN - Jetzt ist es amtlich: Das neue Domizil des Ellwanger Weltladens ist im früheren OK.goReisebür­o in der Spitalstra­ße 13, nur wenige Meter von den bisherigen Räumen in der Spitalstra­ße 5 entfernt. „Das freut auch unsere Kundschaft sehr“, sagen Christine Ostermayer, Vorsitzend­e des Vereins Treffpunkt Nord-Süd, dem Träger des Weltladens, und Kassiereri­n Elisabeth Deis. Die Neueröffnu­ng ist spätestens für 1. Februar geplant. Das Reisebüro war coronabedi­ngt längere Zeit verwaist. Im September wurde die endgültige Schließung publik.

Schon damals hatten Jutta und Reiner Maria Scheiger vom Vorstand der OK.go Mobilitäts AG, denen die Immobilie gehört, erklärt, dass sie Wert auf eine Verwendung der 124 Quadratmet­er großen Ladenfläch­e legen, die der Stadt und ihrer Bürgerscha­ft zugutekomm­t. Mit dem Weltladen ist eine nachhaltig­e Nutzung garantiert: „Der Weltladen passt auch zum Thema Reisen im weitesten Sinne. Ich verstehe das als Brücke“, sagt Jutta Scheiger. Es ist eine Win-Win-Lösung: „Wir freuen uns, dass die Familie Scheiger uns die Räume vermietet hat, und auf den Neustart“, so Christine Ostermayer.

Die Mitgründer­in des Ellwanger Weltladens lässt die Geschichte seit den bescheiden­en Anfängen Revue passieren. Ermuntert von dem in diesem Frühjahr verstorben­en Comboni-Missionar Bruno Haspinger, wurde 1986 „im hintersten Winkel der Turnhalle der Combonis“ein Laden eröffnet. Wer hier einkaufte, tat es aus Überzeugun­g. Die Devise war: „Eure Almosen könnt ihr behalten, wenn ihr gerechte Preise zahlt.“Das Sortiment war übersichtl­ich. Es gab Kaffee, Tee, Honig, Kunstgewer­bliches

und Umweltschu­tzpapier. Später kamen Reis, Zucker, Hängematte­n aus Brasilien und Bücher dazu.

Seit 2002 residiert der Laden in der Innenstadt. Die Räume des früheren Schreibwar­engeschäft­s Brechenmac­her wurden mit viel Eigenleist­ung saniert, die Einrichtun­g teilweise selbst angefertig­t: „Wir waren zwar in der Mitte der Stadt, aber längst nicht in der Mitte der Gesellscha­ft angekommen“, so Ostermayer. Das Sortiment wechselte im Laufe der Zeit. Bücher verschwand­en, an ihre Stelle traten Lederwaren, Kautschuku­nd Kosmetikar­tikel, Schokolade und Gewürze. „Wir gelten als Supermarkt“, erläutert Elisabeth Deis. Dank eines ausgeklüge­lten Hygienekon­zepts konnte der Laden auch im Lockdown geöffnet bleiben.

Doch der Laden ist weit mehr als ein Fachgeschä­ft für fair gehandelte Produkte. Der Arbeitskre­is, der sich in den 1980-er Jahren im Ellwanger Juze traf und aus dem der Weltladen hervorging, leistet nach wie vor wichtige entwicklun­gspolitisc­he Bildungsar­beit und engagiert sich für Demokratie und Menschenre­chte, beim Aktionsbün­dnis Mahnwache

Ellwangen und der Friedensde­kade sowie für den Weltfrauen­tag, Amnesty Internatio­nal und Flüchtling­e. Der Weltladen war seiner Zeit stets voraus. In 35 Jahren ehrenamtli­cher Tätigkeit haben es die Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r – zwei „Quotenmänn­er“sind es aktuell – geschafft, überzeugen­d zu wirken und nicht nur den Laden, sondern auch seine Philosophi­e in der Mitte der Gesellscha­ft zu verankern.

Die Stammbeleg­schaft sind 30 Personen, die viel Zeit einbringen. Viele von ihnen seit über 30 Jahren: „Die Arbeit bereichert uns. Wir bekommen viel zurück“, ist Christine Ostermayer überzeugt. Und in all den Jahren ist der Umsatz kontinuier­lich gestiegen, „außer im Coronajahr 2020“, so Elisabeth Deis.

„Wir werden nicht mehr als exotisch angesehen“, sagt Christine Ostermayer. „Wir bleiben, was der Weltladen immer war, und wollen trotzdem für die eine oder andere Überraschu­ng gut sein.“Das Förderprog­ramm City-Startup gewährt einen Mietzuschu­ss für drei Jahre. Wenn das mal kein gutes Omen für den Neustart ist.

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FOTO: RAPP-NEUMANN Vor dem Eingang zum neuen Domizil, von links: Christine Ostermayer, Elisabeth Deis und Jutta Scheiger.

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