Gescheiterter Hoffnungsträger
Der Stern des Sebastian Kurz ist verglüht. Er war der Hoffnungsträger vieler Konservativer auch in Deutschland, weil er alles anders, besser und erfolgreicher zu machen schien. Er brach alle Rekorde – jüngster Außenminister in der EU, jüngster Regierungschef der Welt, mit gerade einmal Anfang 30.
Nun endet seine politische Karriere ebenfalls früh, nach rund zehn Jahren und hat ihren Glanz eingebüßt. Denn Kurz versprach zwar eine neu Ära, arbeitete aber hinter den Kulissen nach alten Schemata. Und die hießen Kungelei und Kumpanei, der Staatsanwalt ermittelt sogar wegen strafbarer Korruption.
Stilistisch also weit entfernt von konservativen Werten, scheiterte Kurz auch an der inhaltlichen Neuausrichtung des Konservatismus. Es gelang ihm nicht, die rechtspopulistische FPÖ zu zähmen, mit der er koalierte. Er entpuppte sich vielmehr als einer, der dem Volk zu sehr zu Willen sein will – was in der CoronaKrise zu einem Schlingerkurs führte, der die Zögerlichkeit der deutschen Regierung noch in den Schatten stellte.
Das zu konstatieren und zu beklagen ist das eine. Die andere Frage bleibt so ungelöst wie drängend: Wie kann der Konservatismus aus seiner Krise kommen? Denn in Deutschland endet nun ein ganz anderes, aber doch im Vergleich sehr erfolgreiches Modell konservativen Regierungshandelns. Angela Merkel bringt es auf 16 Jahre Regierungszeit: Es passt zu ihrem Stil, dass die Kanzlerin damit keinen Rekord bricht, sondern nur fast – länger als sie war nur noch Helmut Kohl im Amt.
Ein Weiter-so mit Merkel hätte dem Konservatismus ohne Frage geschadet. Wofür er heute und in Zukunft steht, wie er sich zu drängenden Zukunftsfragen positioniert, das ist offen. Populisten wie der Österreicher Kurz, der Brite Boris Johnson oder gar der frühere US-Präsident Donald Trump lieferten keine Antworten. Und die drei Kandidaten der CDU in Deutschland machen wenig Hoffnung, dass sie diese geben können. Doch das ist dringend notwendig, will die Union hierzulande weiter Volkspartei bleiben.