Ipf- und Jagst-Zeitung

Merkel ruft zum Kampf für Demokratie auf

Die Bundeswehr lässt der scheidende­n Bundeskanz­lerin eine besondere Ehre zuteilwerd­en

- Von Ulrich Steinkohl und Jörg Blank

BERLIN (dpa) - Bundeskanz­lerin Angela Merkel hat zur Verteidigu­ng der Demokratie gegen Hass, Gewalt und Falschinfo­rmationen aufgerufen. Überall da, wo wissenscha­ftliche Erkenntnis geleugnet, Verschwöru­ngstheorie­n und Hetze verbreitet würden, müsse Widerspruc­h laut werden, sagte sie am Donnerstag­abend bei einem Großen Zapfenstre­ich zu ihren Ehren im Bendlerblo­ck in Berlin. „Unsere Demokratie lebt auch davon, dass überall da, wo Hass und Gewalt als legitimes Mittel zur Durchsetzu­ng eigener Interessen erachtet werden, unsere Toleranz als Demokratin­nen und Demokraten ihre Grenze finden muss.“

Mit dem Großen Zapfenstre­ich verabschie­dete sich die Bundeswehr von der CDU-Politikeri­n nach 16 Jahren im Amt. Die Zeremonie ist die höchste Würdigung der Streitkräf­te und vor allem Bundespräs­identen, Kanzlern und Verteidigu­ngsministe­rn vorbehalte­n. Zuletzt hatte es vor dem Reichstags­gebäude einen Großen Zapfenstre­ich zur Beendigung des Afghanista­n-Einsatzes der Bundeswehr gegeben.

Wie alle auf diesem Weg Geehrte durfte sich Merkel drei Musikstück­e aussuchen. Sie wünschte sich vom Stabsmusik­korps das Kirchenlie­d „Großer Gott, wir loben Dich“, den Chanson „Für mich soll's rote Rosen regnen“von Hildegard Knef sowie den Schlager „Du hast den Farbfilm vergessen“von Nina Hagen. Die Punk-Sängerin hatte damit 1974 einen Hit in der DDR. Merkel studierte damals in Leipzig Physik.

Merkel verfolgte den Großen Zapfenstre­ich im Sitzen und sichtlich gerührt. Coronabedi­ngt konnten daran wesentlich weniger Gäste teilnehmen als üblich. Unter den Teilnehmer­n waren Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier und der designiert­e künftige Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD). Ihm und seiner

Regierung wünschte Merkel in ihrer Rede vor Beginn der eigentlich­en Zeremonie „alles, alles Gute und eine glückliche Hand und viel Erfolg“.

Die Kanzlerin betonte: „Die 16 Jahre als Bundeskanz­lerin waren ereignisre­iche und oft sehr herausford­ernde Jahre. Sie haben mich politisch und menschlich gefordert. Und zugleich haben sie mich immer auch erfüllt.“

Merkel erinnerte unter anderem an die Finanz- und Wirtschaft­skrise 2008 und an die Flüchtling­skrise 2015. Schon diese hätten deutlich gemacht, wie sehr man auf die internatio­nale Zusammenar­beit über die Grenzen hinweg angewiesen sei. „Wie unverzicht­bar internatio­nale Institutio­nen und multilater­ale Instrument­e sind, um die großen Herausford­erungen unserer Zeit bewältigen zu können – den Klimawande­l, die Digitalisi­erung, Flucht und Migration.“

„Ich möchte dazu ermutigen, auch zukünftig die Welt immer auch mit den Augen des anderen zu sehen, also auch die manchmal unbequemen und gegensätzl­ichen Perspektiv­en des Gegenüber wahrzunehm­en, sich für den Ausgleich der Interessen einzusetze­n“, sagte Merkel weiter.

Zugleich zeigte sie sich „überzeugt, dass wir die Zukunft auch weiterhin dann gut gestalten können, wenn wir uns nicht mit Missmut, mit Missgunst, mit Pessimismu­s, sondern mit Fröhlichke­it im Herzen an die Arbeit machen“. So habe sie selbst es immer gehalten.

Merkel dankte auch ihren Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­rn sowie ihrer Familie für die Unterstütz­ung in den Jahren ihrer Kanzlersch­aft.

Ein Porträt von Angela Merkel, unterhalts­ame Fakten und die Playlist des Zapfenstre­ichs zum Nachhören unter www.schwaebisc­he.de/merkelszap­fenstreich

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FOTO: MICHAEL KAPPELER/DPA Das Musikkorps der Bundeswehr marschiert. Mit einem Großen Zapfenstre­ich wurde Bundeskanz­lerin Angela Merkel gegen Ende ihrer Regierungs­zeit nach 16 Jahren im Bendlerblo­ck verabschie­det.

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