Für Ungeimpfte wird es einsam
Bund und Länder einigen sich auf verschärfte Pandemiebekämpfung – Öffentliches Leben zumeist nur für Geimpfte und Genesene
BERLIN - Das Bund-Länder-Treffen am Donnerstag hat sich auf einschneidende Maßnahmen geeinigt, um die vierte Corona-Welle doch noch zu brechen. Einige der Regelungen sind in Baden-Württemberg – etwa in Hotspots – bereits etabliert. Ein Überblick darüber, was jetzt bundesweit gilt.
Immer mehr 2G
Bundesweit sollen nur noch Geimpfte und Genesene Kultur- und Freizeiteinrichtungen wie Kinos, Theater, Gaststätten oder Weihnachtsmärkte besuchen dürfen. Zusätzlich kann ein aktueller Test vorgeschrieben werden (2G plus) – bei Karnevalsveranstaltungen ist das Pflicht. In Regionen mit einer Sieben-TageInzidenz ab 350 werden Clubs und Diskotheken komplett geschlossen – mehr als die Hälfte der Kreise in Deutschland liegt momentan darüber. 2G soll zudem inzidenzunabhängig im Einzelhandel gelten. Ausgenommen sind Geschäfte des täglichen Bedarfs, also Supermärkte, Apotheken und Drogerien. Dort darf auch kein Feuerwerk für Silvester verkauft werden – und auf zentralen Plätzen soll es außerdem ein Feuerwerksverbot geben.
2G gilt auch bei Großveranstaltungen, die zudem kleiner werden. Maximal 30 Prozent Auslastung sind noch möglich – innen und außen. In geschlossenen Räumen geht das bis zu 5000 Zuschauer. Bei Veranstaltungen im Freien, etwa Fußballspielen, sind maximal 15 000 Zuschauer erlaubt. Es gilt zusätzlich Maskenpflicht. Die Länder können, wie Sachsen oder Bayern, aber auch komplett leere Stadien anordnen. Eingeschränkt werden auch Privatpartys: Bei Inzidenzen über 350 dürfen noch maximal 50 Menschen drinnen zusammenkommen, auch wenn sie geimpft oder genesen sind, draußen maximal 200.
Impfen, impfen, impfen
Jeder, der eine Erst-, Zweit- oder Boosterimpfung möchte, soll sie bis Weihnachten auch bekommen. Angepeilt sind (gerechnet ab 18. November) bis zu 30 Millionen Impfungen. Nachdem es in den vergangenen Tagen zu Lieferschwierigkeiten gekommen war, teilte das Bundesgesundheitsministerium am Donnerstag mit, in der Zeit vom 22. November bis 17. Dezember würden knapp 18 Millionen Dosen Biontech sowie fast 25 Millionen Booster-Dosen von Moderna ausgeliefert. Impfstoff sei also genügend da, so das Migewesen nisterium. Der neue Bund-LänderKrisenstab im Bundeskanzleramt soll aber angesichts der zuletzt aufgetretenen Schwierigkeiten Probleme in der Logistik, bei der Impfstofflieferung und -verteilung erkennen und beheben. Zudem sollen zunächst provisorisch neben den Ärzten auch Apotheker sowie Pflegefachkräfte impfen dürfen. Später sollen per Gesetz generell Apotheker sowie auch Zahnärzte „und weitere“Impfungen vornehmen dürfen.
Tatsächlich nimmt das ImpfTempo wieder Fahrt auf. Am Mittwoch wurden 987 000 Dosen verimpft – der beste Wert seit Anfang Juli. In der Vorwoche waren es 868 000 gewesen. Dass es jetzt so schnell gehen muss mit der Impfkampagne liegt nach eigenem Eingeständnis auch an der Ständigen Impfkommission (Stiko). Deren Chef Thomas Mertens räumte ein, dass es „wahrscheinlich günstiger
wäre, mit dem Boostern früher anzufangen“. Auffrischungsimpfungen hatte die Stiko zunächst nur für Menschen ab 70 Jahren empfohlen, erst Mitte November folgte die generelle Empfehlung für alle Erwachsenen.
Diesmal aber will man schneller sein und zur Auslieferung des Impfstoffs für Kinder von fünf bis elf Jahren „wenn irgend möglich“zum Stichtag 13. Dezember eine Empfehlung vorlegen. Er selbst würde, wenn er kleine Kinder hätte, diese aktuell aber wohl nicht impfen lassen, so Mertens. Es gebe noch zu wenige Daten.
Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach nennt diese Aussage „schwierig“und „unglücklich“. Studien hätten keine Nebenwirkungen für Kinder gezeigt. Wie lange man als vollständig geimpft gilt, bisher ist das ein Jahr, soll nach dem Willen der Politik verändert werden.
Bis zum Jahresende will man hier eine Einigung haben.
Impfpflicht
Schnellstmöglich wird der Bund eine Impfpflicht für Beschäftigte in Altenpflegeeinrichtungen und Krankenhäusern beschließen. Danach sollen die Bundestagsabgeordneten als Gewissensentscheidung über Parteigrenzen hinweg über eine allgemeine Impfpflicht entscheiden, die ab Februar 2022 gelten könnte. Sowohl Noch-Kanzlerin Angela Merkel (CDU) als auch Bald-Kanzler Olaf Scholz (SPD) sprechen sich für die Pflicht aus. Unterdessen fordert der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) bereits eine Impfpflicht für Kinder ab zwölf Jahren.
Weniger Kontakte
Überall soll es strengere Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte geben. Private Treffen sollen auf den eigenen Haushalt sowie höchstens zwei Personen eines weiteren Haushalts begrenzt werden. Kinder unter 14 Jahren sind davon ausgenommen. In den Schulen gilt eine Maskenpflicht für alle Klassenstufen.
Alles Vereinbarte gilt als Mindeststandard, die Länder können jeweils verschärfen. Die künftige Ampel-Koalition wird deshalb das gerade veränderte Infektionsschutzgesetz noch einmal überarbeiten, um etwa zeitlich befristete Schließungen von Restaurants oder Alkoholverkaufsverbote erneut zu ermöglichen.
Alle Zahlen und Regelungen zur Corona-Pandemie für Baden-Württemberg online immer aktuell unter www.schwaebische.de/ coronalage