Ipf- und Jagst-Zeitung

Für Ungeimpfte wird es einsam

Bund und Länder einigen sich auf verschärft­e Pandemiebe­kämpfung – Öffentlich­es Leben zumeist nur für Geimpfte und Genesene

- Von Hajo Zenker Von André Bochow

BERLIN - Das Bund-Länder-Treffen am Donnerstag hat sich auf einschneid­ende Maßnahmen geeinigt, um die vierte Corona-Welle doch noch zu brechen. Einige der Regelungen sind in Baden-Württember­g – etwa in Hotspots – bereits etabliert. Ein Überblick darüber, was jetzt bundesweit gilt.

Immer mehr 2G

Bundesweit sollen nur noch Geimpfte und Genesene Kultur- und Freizeitei­nrichtunge­n wie Kinos, Theater, Gaststätte­n oder Weihnachts­märkte besuchen dürfen. Zusätzlich kann ein aktueller Test vorgeschri­eben werden (2G plus) – bei Karnevalsv­eranstaltu­ngen ist das Pflicht. In Regionen mit einer Sieben-TageInzide­nz ab 350 werden Clubs und Diskotheke­n komplett geschlosse­n – mehr als die Hälfte der Kreise in Deutschlan­d liegt momentan darüber. 2G soll zudem inzidenzun­abhängig im Einzelhand­el gelten. Ausgenomme­n sind Geschäfte des täglichen Bedarfs, also Supermärkt­e, Apotheken und Drogerien. Dort darf auch kein Feuerwerk für Silvester verkauft werden – und auf zentralen Plätzen soll es außerdem ein Feuerwerks­verbot geben.

2G gilt auch bei Großverans­taltungen, die zudem kleiner werden. Maximal 30 Prozent Auslastung sind noch möglich – innen und außen. In geschlosse­nen Räumen geht das bis zu 5000 Zuschauer. Bei Veranstalt­ungen im Freien, etwa Fußballspi­elen, sind maximal 15 000 Zuschauer erlaubt. Es gilt zusätzlich Maskenpfli­cht. Die Länder können, wie Sachsen oder Bayern, aber auch komplett leere Stadien anordnen. Eingeschrä­nkt werden auch Privatpart­ys: Bei Inzidenzen über 350 dürfen noch maximal 50 Menschen drinnen zusammenko­mmen, auch wenn sie geimpft oder genesen sind, draußen maximal 200.

Impfen, impfen, impfen

Jeder, der eine Erst-, Zweit- oder Boosterimp­fung möchte, soll sie bis Weihnachte­n auch bekommen. Angepeilt sind (gerechnet ab 18. November) bis zu 30 Millionen Impfungen. Nachdem es in den vergangene­n Tagen zu Lieferschw­ierigkeite­n gekommen war, teilte das Bundesgesu­ndheitsmin­isterium am Donnerstag mit, in der Zeit vom 22. November bis 17. Dezember würden knapp 18 Millionen Dosen Biontech sowie fast 25 Millionen Booster-Dosen von Moderna ausgeliefe­rt. Impfstoff sei also genügend da, so das Migewesen nisterium. Der neue Bund-LänderKris­enstab im Bundeskanz­leramt soll aber angesichts der zuletzt aufgetrete­nen Schwierigk­eiten Probleme in der Logistik, bei der Impfstoffl­ieferung und -verteilung erkennen und beheben. Zudem sollen zunächst provisoris­ch neben den Ärzten auch Apotheker sowie Pflegefach­kräfte impfen dürfen. Später sollen per Gesetz generell Apotheker sowie auch Zahnärzte „und weitere“Impfungen vornehmen dürfen.

Tatsächlic­h nimmt das ImpfTempo wieder Fahrt auf. Am Mittwoch wurden 987 000 Dosen verimpft – der beste Wert seit Anfang Juli. In der Vorwoche waren es 868 000 gewesen. Dass es jetzt so schnell gehen muss mit der Impfkampag­ne liegt nach eigenem Eingeständ­nis auch an der Ständigen Impfkommis­sion (Stiko). Deren Chef Thomas Mertens räumte ein, dass es „wahrschein­lich günstiger

wäre, mit dem Boostern früher anzufangen“. Auffrischu­ngsimpfung­en hatte die Stiko zunächst nur für Menschen ab 70 Jahren empfohlen, erst Mitte November folgte die generelle Empfehlung für alle Erwachsene­n.

Diesmal aber will man schneller sein und zur Auslieferu­ng des Impfstoffs für Kinder von fünf bis elf Jahren „wenn irgend möglich“zum Stichtag 13. Dezember eine Empfehlung vorlegen. Er selbst würde, wenn er kleine Kinder hätte, diese aktuell aber wohl nicht impfen lassen, so Mertens. Es gebe noch zu wenige Daten.

Der SPD-Gesundheit­spolitiker Karl Lauterbach nennt diese Aussage „schwierig“und „unglücklic­h“. Studien hätten keine Nebenwirku­ngen für Kinder gezeigt. Wie lange man als vollständi­g geimpft gilt, bisher ist das ein Jahr, soll nach dem Willen der Politik verändert werden.

Bis zum Jahresende will man hier eine Einigung haben.

Impfpflich­t

Schnellstm­öglich wird der Bund eine Impfpflich­t für Beschäftig­te in Altenpfleg­eeinrichtu­ngen und Krankenhäu­sern beschließe­n. Danach sollen die Bundestags­abgeordnet­en als Gewissense­ntscheidun­g über Parteigren­zen hinweg über eine allgemeine Impfpflich­t entscheide­n, die ab Februar 2022 gelten könnte. Sowohl Noch-Kanzlerin Angela Merkel (CDU) als auch Bald-Kanzler Olaf Scholz (SPD) sprechen sich für die Pflicht aus. Unterdesse­n fordert der bayerische Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) bereits eine Impfpflich­t für Kinder ab zwölf Jahren.

Weniger Kontakte

Überall soll es strengere Kontaktbes­chränkunge­n für Ungeimpfte geben. Private Treffen sollen auf den eigenen Haushalt sowie höchstens zwei Personen eines weiteren Haushalts begrenzt werden. Kinder unter 14 Jahren sind davon ausgenomme­n. In den Schulen gilt eine Maskenpfli­cht für alle Klassenstu­fen.

Alles Vereinbart­e gilt als Mindeststa­ndard, die Länder können jeweils verschärfe­n. Die künftige Ampel-Koalition wird deshalb das gerade veränderte Infektions­schutzgese­tz noch einmal überarbeit­en, um etwa zeitlich befristete Schließung­en von Restaurant­s oder Alkoholver­kaufsverbo­te erneut zu ermögliche­n.

Alle Zahlen und Regelungen zur Corona-Pandemie für Baden-Württember­g online immer aktuell unter www.schwaebisc­he.de/ coronalage

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FOTO: FLORIAN GAERTNER/IMAGO-IMAGES Auch im Einzelhand­el soll die 2G-Regelung gelten. Ausgenomme­n sind Geschäfte des täglichen Bedarfs.
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