Zu wenig und zugleich zu viel
Nein, ein Lockdown ist das nicht, was da von Bund und Ländern beschlossen wurde. In einigen Bundesländern wird man kaum merken, dass sich etwas ändert, in Bayern und Baden-Württemberg etwa gelten gerade in besonders betroffenen Regionen bereits strengere Regeln – und sie sollen im Südwesten sogar ab Samstag noch verschärft werden.
Der Verzicht darauf, das öffentliche Leben für eine bestimmte Zeit vollständig oder weitgehend herunterzufahren, kann noch bittere Konsequenzen haben. Zum einen, weil die vierte Corona-Welle dringend eingedämmt werden muss. Zum anderen hätte ein Lockdown mit Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen für alle Bürgerinnen und Bürger auch den Vorteil, dass nicht eine bestimmte Gruppe ausgegrenzt wird.
Wer nicht geimpft oder genesen ist, darf nicht mehr ins Kino, ins Restaurant, kann sich nicht einmal Winterschuhe kaufen. Das mag nötig sein. Doch es ist, bei allem Unverständnis für Impfverweigerer, eine sehr harte Maßnahme. Vor allem in einem Land, in dem es bislang keine Impfpflicht gibt.
Ja, ungeimpfte Menschen machen nach Ansicht der Mehrheit und nach Ansicht der führenden Wissenschaftler etwas falsch. Der durchaus schwerwiegende Fehler, die Ignoranz gegenüber dem Leid auf den Intensivstationen, die esoterische Besserwisserei, kosten die Gesellschaft Kraft, Nerven, Geld und Leben.
Trotzdem reden wir hier von Mitbürgern, Nachbarn, Verwandten, die nun an den Rand gedrängt werden. Diese Ausgrenzung wird einen gesellschaftlichen Preis haben. Diesen werden dann wieder wir alle zahlen müssen.