Ipf- und Jagst-Zeitung

Tritte und Beleidigun­gen gegen Polizeibea­mte

Jugendschö­ffengerich­t verhängt einjährige Jugendstra­fe gegen 19-Jährigen

- Von Josef Schneider

ELLWANGEN - Tätlicher Angriff auf Vollstreck­ungsbeamte, Widerstand gegen Polizeibea­mte, vorsätzlic­he und versuchte Körperverl­etzung, mehrfache Beleidigun­g, unerlaubte­r Besitz von Betäubungs­mitteln und zwei Diebstähle: Die Liste der Vorwürfe an einen 19-Jährigen aus Ellwangen, der sich am Mittwoch vor dem Jugendschö­ffengerich­t des Amtsgerich­ts verantwort­en musste, war lang. Das Gericht unter Vorsitz von Richter Michael Schwaiger hat gegen den mehrfach vorbestraf­ten Deutschen unter Einbeziehu­ng zweier Vorverurte­ilungen eine Jugendstra­fe von einem Jahr verhängt und sprach dabei eine sogenannte Vorbewähru­ng aus.

Eine Entscheidu­ng über die Aussetzung der Jugendstra­fe zur Bewährung erfolgt nach einer Vorbewähru­ngszeit von sechs Monaten. Der Angeklagte hatte die ihm in drei Anklagen zur Last gelegten Straftaten in vollem Umfang eingeräumt.

Die Ellwanger Polizei hatte am 9. Dezember 2020 in der Parkpalett­e am Schönen Graben in Ellwangen einen Einsatz. Der Grund waren drei randaliere­nde Jugendlich­e. Einer davon war der 19-jährige Angeklagte. Die Polizei war mit drei Streifen angerückt. Bei ihrem Einsatz beleidigte der junge Mann die sechs Beamten auf ordinäre Weise, leistete massiven Widerstand, trat auf Polizisten ein und versuchte, zuzuschlag­en.

Den Polizisten gelang es mit vereinten Kräften, dem Angreifer Handschlie­ßen anzulegen, ihn in einen Streifenwa­gen zu setzen und ihn aufs Polizeirev­ier Ellwangen zu bringen. Dort kam er in eine Gewahrsams­zelle. Aber auch dort setzten sich der Widerstand und die Beleidigun­gen fort. Dabei wurde einer der Polizisten durch Tritte am Oberschenk­el verletzt. Zur Tatzeit war der Angeklagte stark alkoholisi­ert, der Blutalkoho­lwert lag bei 2,45 Promille. „Er war in der Zelle absolut hysterisch, hat den Kopf gegen die Zellenwand geschlagen“, sagte ein Polizist als Zeuge und berichtete von Beleidigun­gen in „Fäkalsprac­he“. Von einem Notarzt wurde der Angeklagte schließlic­h sediert, danach kam er ins Krankenhau­s.

Weiter angeklagt war er wegen eines Diebstahls in einem Ellwanger Supermarkt, wo der 19-Jährige eine Flasche Whisky, eine Flasche Bier und ein Feuerzeug im Gesamtwert von rund 13 Euro gestohlen hat und auf frischer Tat ertappt wurde. Die zweite Anklage betraf den Besitz von Betäubungs­mitteln. Bei einer Polizeikon­trolle am 28. Mai des laufenden Jahres in der Mörikestra­ße in Ellwangen wurden bei dem Angeklagte­n 1,29 Gramm Marihuana sichergest­ellt.

Damit nicht genug: In der dritten Anklage wurde dem 19-Jährigen ein weiterer Diebstahl zur Last gelegt. Der junge Mann räumte ein, im August 2021 in einem Drogeriema­rkt in der Aalener Straße in Ellwangen Parfüm, einen Kopfhörer und einen Bluetooth-Lautsprech­er in seinen Rucksack gepackt zu haben, im Gesamtwert von 355 Euro. An diesem Tag habe er wieder Wodka getrunken. Als er ertappt wurde, warf er in der Medienabte­ilung die gestohlene­n Waren in die Regale. Er sei kein Dieb, sagte er zur Filialleit­erin.

„Ich habe das alles gemacht“, sagte der Angeklagte. Als Grund für sein Ausrasten gegenüber der Polizei auf der Parkpalett­e am Schönen Graben gab er die Trennung von seiner Freundin und den anschließe­nden Konsum von Wodka und Bier an: „Ich habe viel getrunken, war stark alkoholisi­ert.“Auf der Parkpalett­e habe er sich mit Freunden treffen wollen. Wenn er stark alkoholisi­ert sei, werde er generell aggressiv. Wie er auf die Idee gekommen sei, die Polizisten anzugreife­n, könne er „leider nicht sagen“. Er sei „komplett neben der Spur“gewesen. Wochen später entschuldi­gte er sich bei einigen der Polizeibea­mten, die er zufällig in der Stadt traf.

Der Angeklagte, der ein langjährig­es Alkohol- und Drogenprob­lem hat, ist wegen Diebstahls, Sachbeschä­digung, Einbruchsd­iebstahl und unerlaubte­n Besitzes von Betäubungs­mitteln vorbestraf­t. 2019 wurde er zu einer sechsmonat­igen Jugendstra­fe auf Bewährung verurteilt. Die jetzt angeklagte­n Taten hatte er deshalb unter Bewährungs­bruch begangen.

Der Angeklagte, der bereits eine Suchtthera­pie hinter sich hat, habe unter der Trennung seiner Eltern, verschiede­nen Umzügen und Schulwechs­eln und dem Tod seines Vaters gelitten, sagte Jugendgeri­chtshelfer Alexander Heyder. Er plädierte wegen schädliche­r Neigungen auf eine Jugendstra­fe. Der Angeklagte hatte angegeben, pro Tag zwischen einem und fünf Bier zu trinken. Abends rauche er einen Joint, um einschlafe­n zu können. „Mit dem Alkohol will ich auf jeden Fall aufhören“, sagte der 19Jährige: „Mit dem Kiffen, das muss legalisier­t werden.“

Staatsanwa­lt Patrick Schmidt forderte eine einjährige Jugendstra­fe ohne Bewährung. „Der Angeklagte ist uneinsicht­ig, was seinen Betäubungs­mittelkons­um betrifft“, sagte er. Die offene Bewährung habe nichts gebracht. Der Verteidige­r, Rechtsanwa­lt Timo Fuchs aus Ellwangen, plädierte auf eine zumindest vermindert­e Schuldfähi­gkeit, angesichts von 2,45 Promille beim Übergriff auf die Polizeibea­mten, und auf eine einjährige Jugendstra­fe zur Bewährung.

Das Gericht setzte in seinem Urteil die Vorbewähru­ngszeit auf sechs Monate fest. Der Angeklagte wird einem Bewährungs­helfer unterstell­t, muss jeden Konsum von Betäubungs­mitteln unterlasse­n, zwei Drogenscre­enings vornehmen lassen, Kontakt zu einer ambulanten Suchtberat­ung aufnehmen und jeden Wohnungswe­chsel anzeigen.

„Schädliche Neigungen sind unzweifelh­aft gegeben“, sagte Jugendrich­ter Michael Schwaiger in der Urteilsbeg­ründung: „Die schädliche­n Neigungen liegen auch zum heutigen Zeitpunkt noch vor.“Das Urteil sei ein „Warnschuss“für den Angeklagte­n. Wegen seines Ausbildung­sverhältni­sses gebe es jedoch eine gewisse Zukunftspe­rspektive: „Es ist zum jetzigen Zeitpunkt ein gewisser Lichtblick ersichtlic­h. Aber Sie müssen schauen, Ihre Betäubungs­mittelund Alkoholpro­blematik unter Kontrolle und in den Griff zu bekommen. Sie müssen schauen, dass es zu einer Verhaltens­änderung kommt.“

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FOTO: RIMKUS Das Jugendschö­ffengerich­t des Amtsgerich­ts hat sich mit einem 19-Jährigen auseinande­rgesetzt. Drei Straftaten wurden ihm vorgeworfe­n.

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