Debatte um Impfung kleiner Kinder
Baden-Württemberg und Bayern beschließen weitere Verschärfung der Corona-Regeln Hilfsbereitschaft der Ehrenamtler ist trotz Pandemie ungebrochen
RAVENSBURG - Während sich die Corona-Lage in Deutschland weiter zuspitzt, gewinnt die Debatte um die Impfung von Kindern an Schärfe. Auslöser ist ein Zitat von Thomas Mertens, Vorsitzender der Ständigen Impfkommission des Robert-KochInstituts (Stiko). Er hatte in einem Podcast der „Frankfurter Allgemeinen“gesagt, er persönlich würde unter sieben Jahre alte Kinder als Vater oder Großvater zum jetzigen Zeitpunkt nicht impfen lassen.
Darauf reagierte am Freitag Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) mit scharfen Worten. „Ich glaube, wir sollten in Bezug auf Sicherheit und Stabilität der Empfehlung wieder zu normalen Verfahren zurückkehren und dies weder in Talkshows noch im Podcast ankündigen“, sagte Söder am Freitag. Der Ministerpräsident ist ein erklärter Befürworter des Impfens von kleinen Schulkindern.
Mertens verteidigte seine Aussage im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. „Das Zitat war eine letzte, verkürzte Antwort aus einem längeren Interview, in welchem ich die derzeitige Analyse und Bewertung der Stiko dargestellt habe. Dafür habe ich übrigens viel Zuspruch bekommen, eben weil die Stiko die Studienlage genau bewertet, auf der sie derzeit ihre Empfehlung fertigstellt.“Dabei sei zu bedenken, dass noch kein Kinderimpfstoff verfügbar sei, sondern dass man auf das für Erwachsene entwickelte Vakzin zurückgreife.
„Man muss diese Aussage im Kontext des Podcast sehen. Ohne den für Kinder konfektionierten Impfstoff und ohne Stiko-Empfehlung würde ich persönlich Kinder nicht ab sofort mit einem Erwachsenen-Impfstoff impfen. Aus dieser Haltung heraus würde ich eben auch privat zum jetzigen Zeitpunkt mein gesundes Kind oder Enkel nicht impfen lassen. Wie hätte ich als Stiko-Vorsitzender auf die direkte Frage antworten sollen?“, sagte Mertens weiter.
Die Stiko will am 11. Dezember eine Empfehlung zur Impfung für Kinder unter zwölf Jahren veröffentlichen. Für Teenager empfiehlt das Gremium die Impfung bereits. Auch vor dieser Entscheidung hatte es Debatten gegeben, weil sie im Juni zunächst nur für chronisch kranke Jugendliche
erging und erst im August für alle übrigen.
Mertens hatte stets betont, der Nutzen der Immunisierung müsse die Risiken möglicher Nebenwirkungen deutlich überwiegen – das gelte bei Kindern ganz besonders, auch weil diese nach jetzigem Kenntnisstand seltener schwer erkrankten. So lange es an ausreichend belastbaren Daten dazu mangle, könne es aus seiner Sicht auch keine Empfehlung geben.
Unterdessen beschlossen BadenWürttemberg und Bayern am Freitag wie erwartet weitere Verschärfungen der Corona-Regeln. Beide Länder gehen damit deutlich über das hinaus, was Bund und Länder am Donnerstag angekündigt hatten – unter anderem sind dort nur noch Geisterspiele möglich. SEITEN 2 & 4