Ipf- und Jagst-Zeitung

Gefährdete Basis der Demokratie

- ●» Von Hendrik Groth h.groth@schwaebisc­he.de

Diese Zahl muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: 4,5 Millionen Menschen, die über 14 Jahre alt sind, engagieren sich in Baden-Württember­g im Ehrenamt. Wird richtig großzügig, wohlwollen­d über den Daumen gerechnet, setzt sich also von den knapp elf Millionen Baden-Württember­gern beinahe jeder zweite in Vereinen für die Natur, die Musik, die Nachbarn, die Alten, den Sport ein. Dazu kommen noch Feuerwehr, Rettungsdi­enste und vieles mehr. Bundesweit liegt der Südwesten damit vorne.

Das häufig in Sonntagsre­den gehörte Schlagwort der Bürgergese­llschaft ist hierzuland­e keine ferne oder gar abstrakte Theorie, sondern eine von vielen gelebte Realität. Das Land kann sich auf die ehrenamtli­chen Helferinne­n und Helfer verlassen. Das hat und musste es tun – etwa in der Flüchtling­skrise 2015 und auch jetzt im Zuge der Corona-Pandemie. Dabei sind die Folgen der Viruserkra­nkung für Vereine vielerorts ausgesproc­hen schwierig. Viele Angebote mussten eingestell­t, Veranstalt­ungen abgesagt werden, Übungsleit­er gingen und gehen verloren. Und finanziell sind die Auswirkung­en für zahlreiche Gruppen, die sich trotz mancher Widrigkeit­en für andere einsetzen, dramatisch.

Bund und Länder haben reagiert und Fördermitt­el bereitgest­ellt. Unbürokrat­isch soll denen geholfen werden, die anderen helfen. Leider gibt es trotz gut gemeinter Absichten einen gewissen Förderdsch­ungel, der schwer zu durchdring­en ist. Im Bundestags­wahlkampf war viel vom Mindestloh­n die Rede, der tatsächlic­h auch eine Frage des Respektes ist. Zwar ist die Ehrenamtsp­auschale in diesem Jahr auf 840 Euro im Jahr erhöht worden und auch für Übungsleit­er wurde etwas getan, aber dennoch muss darüber nachgedach­t werden, wie die Vereine in dieser schwierige­n Zeit stabilisie­rt werden können. Mit anderen Worten: Wie kann den Einzelnen das Engagement erleichter­t werden? Wie können Bürger für die Arbeit im Verein gewonnen werden? Neben persönlich­er Wertschätz­ung wäre eine offizielle Anerkennun­g von beim Ehrenamt erlangten Zusatzqual­ifikatione­n ein Weg. Und das ganz unabhängig von einer höheren Ehrenamtsp­auschale.

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