Ipf- und Jagst-Zeitung

Sommerferi­en-Streit im tiefsten Winter

Die Bundesländ­er debattiere­n einmal mehr über den Start in die unterricht­sfreie Zeit – Bayern und Baden-Württember­g unter Druck

- Von Michael Gabel

BERLIN man den gelegentli­ch sehr frühen eigenen Ferienbegi­nn Mitte Juni. Sommerferi­en vor dem 1. Juli kämen für Hamburg künftig nicht mehr infrage, sagt ein Sprecher der dortigen Schulbehör­de. Begründung: „Schulorgan­isatorisch ist es wichtig, zwei ungefähr gleich lange Halbjahre in einem Schuljahr zu haben.“Bei einem deutlich kürzeren zweiten Halbjahr ließen sich „Klausuren und andere Leistungsü­berprüfung­en bei gleichzeit­ig gebotenem Mindestabs­tand zwischen den Prüfungen kaum unterbring­en“. Ähnlich argumentie­rt man in Berlin, wo die noch amtierende Bildungsse­natorin Sandra Scheeres (SPD) den frühen Ferienstar­t für „ungerecht“hält.

Bleibt es aber bei den Sonderrech­ten für Bayern und Baden-Württember­g und rutscht der früheste Ferienstar­t auf Anfang Juli, dann droht nach Ansicht von Tourismuse­xperten erst recht Chaos. Denn gerecht wäre es nicht, wenn etwa Hamburger, Ruhrgebiet­ler und Ostdeutsch­e sich im Juli eng an eng an überfüllte­n Stränden drängen, während Schwaben und Bayern im ruhigen Spätsommer ausspannen können.

Aus der Branche kommt noch ein weiteres Argument, warum ein späterer Start in die Ferien von Nachteil sei: Es drohen Einnahmeve­rluste. Bis zu 120 Millionen Euro pro Tag entgehen nach Angaben des Deutschen Tourismusv­erbands den Beherbergu­ngsbetrieb­en und Gaststätte­n in den deutschen Ferienregi­onen, sollten die Ferien künftig später beginnen. Folgt die KMK den Wünschen Berlins und Hamburgs und fängt mit dem Rollieren erst Anfang Juli an, drohen im Gesamtzeit­raum elf Urlaubstag­e wegzufalle­n. Das entspräche Einnahmeve­rlusten von rund 1,32 Milliarden Euro, die nur schwer etwa durch eine höhere Bettenkapa­zität wieder auszugleic­hen wären.

Die Hauptgesch­äftsführer­in des Deutschen Hotel- und Gaststätte­nverbandes, Ingrid Hartges, warnt deshalb vor steigenden Preisen. Ähnlich sieht es DRV-Präsident Fiebig. Er fordert deshalb die Kultusmini­sterkonfer­enz dazu auf, „den möglichen Zeitraum zwischen 20. Juni und 15. September“für die Sommerferi­en-Planung voll auszuschöp­fen.

Zustände wie beispielsw­eise in Frankreich, wo die Schulferie­n im Sommer landesweit am selben Tag beginnen und enden, will in der Reisebranc­he niemand. Die deutsche Bevölkerun­g geht da offenbar mit. Laut einer Umfrage des Instituts YouGov lehnt eine Mehrheit von 53 Prozent das Prinzip ab.

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FOTO: PETER KNEFFEL/DPA Eigentlich soll der rollierend­e Ferienbegi­nn Staus wie diesen auf der A 8 bei Hochfelln in Bayern verhindern – erfolgreic­h ist das selten.

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