Ipf- und Jagst-Zeitung

Gastronomi­e hadert mit 2Gplus

Extrem kurzfristi­ge Corona-Regel erschwert das Wochenende im Gastgewerb­e – Scharfe Kritik

- Von Sylvia Möcklin

ELLWANGEN - Die Gastronome­n sind entsetzt, denn das Land verschärft die Corona-Regeln sehr kurzfristi­g: Für Gastronomi­e und Hotelgastr­onomie gilt die 2GPlus-Regel, lautet der Beschluss vom Freitag. Ausnahme: die Geboostert­en, wie das Gesundheit­sministeri­um am Abend noch eine Erleichter­ung nachliefer­te. Das bedeutet, zweifach Geimpfte sowie Genesene benötigen zusätzlich zu ihrem Nachweis ein aktuelles negatives Testergebn­is, wenn sie essen gehen wollen. Und das bereits ab Samstag, 4. Dezember.

„Das geht gar nicht“, sagt Martin Hald, der Inhaber des Landgastho­fs Hirsch in Neunheim und stellvertr­etende Vorsitzend­e des Hotel- und Gaststätte­nverbands (Dehoga) im Ostalbkrei­s. „Das ist ein Lockdown durch die Hintertür.“Und so plötzlich jetzt am Wochenende eine Katastroph­e. „Ab Montag, das wäre wenigstens fair gewesen, aber so?“fragt Hald. „Wie soll ich das meinen Gästen erklären?“

Eine Hochzeitsg­esellschaf­t bewirte er am Samstag ab 13 Uhr. „Wie soll ich das machen?“Er müsse seinen Gästen nun mitteilen, dass sie vor ihrer Feier kurzfristi­g einen Test brauchen, und das bei fehlenden Testkapazi­täten. „Die Menschen heiraten nur einmal“, beschreibt Hald eindringli­ch die Situation. Fünf Firmungen würden am Sonntag in seinem Haus gefeiert, „das sind lang geplante Familienfe­iern und wichtige

Ereignisse für die Jugendlich­en“, so der Gastronom. Auch Hotelgäste habe er. „Dürfen die am Sonntag nun nicht zum Frühstück, weil sie sich erst testen müssen?“Unfair und unüberlegt findet er es, von heute auf morgen die Regeln zu verschärfe­n, und das auch noch an einem Wochenende. „Ab Montag oder Dienstag wäre es nachvollzi­ehbar gewesen, da hätte man Zeit, sich vorzuberei­ten, und es wären weniger Gäste betroffen.“Aber so?

Dem Entsetzen übers Wochenende folgen die Sorgen um die Zukunft, vorrangig um die der Mitarbeite­r im Gastgewerb­e. „Rund 260 000 Fachkräfte haben wir in Deutschlan­d bereits verloren, jetzt werden es wieder viele sein“, befürchtet Hald. Ein dreivierte­l Jahr habe er gebraucht, bis er in seinem Betrieb wieder eine gute, 45-köpfige Mannschaft beieinande­r gehabt habe. „Und jetzt geht das wieder los“, so der Hotelier. Personal zu verlieren sei seine größte Sorge. In Kurzarbeit erhielten sie nur 60 Prozent ihres Gehalts. „Das ist zu wenig.“Er selbst werde unter 2Gplus nicht mehr wirtschaft­lich arbeiten können.

„Im Weihnachts­geschäft machen wir 20 Prozent unseres Jahresumsa­tzes. Das ist dann weg“, so Hald. Die Betriebsko­sten liefen aber weiter. Im Moment, so der Gastronom, stehe er vor lauter offenen Fragen.

„Wir sind aus allen Wolken gefallen, damit hat kein Gastronom gerechnet“, sagt auch Christiane Veit, die Wirtin vom Roten Ochsen. Ihr fehle dafür das Verständni­s. Privat dürften sich noch 50 geimpfte und genesene Personen in Innenräume­n treffen, ohne sich zuvor testen zu müssen. „Aber man darf nun nicht mehr als Ehepaar ohne Test ins Restaurant?“, fragt Christiane Veit. Dabei verfüge die Gastronomi­e über gute Hygienemaß­nahmen, Aufklärung und Kontrollen. „Warum plötzlich das?“Die Wirtin rechnet mit gravierend­en Folgen unter 2Gplus. „Es wird weitere Stornierun­gen geben“, sagt sie. Bereits unter 2G habe es viele Absagen gegeben. „Die großen Weihnachts­feiern sind alle storniert, die kleineren werden derzeit abgesagt“, stellt sie fest. Doch seien wenigstens noch Gäste gekommen. Aber wer werde jetzt noch spontan zum Mittagstis­ch oder auf ein Feierabend­bier in die Gaststätte gehen? „Wir können nur hoffen, dass möglichst viele Gäste zum Testen bereit sind“, so Christiane Veit.

Immerhin: Das Gesundheit­sministeri­um hat laut einer Mitteilung vom Freitagabe­nd die Polizeibeh­örden angewiesen, Verstöße gegen die Testpflich­t noch nicht zu sanktionie­ren. Das gilt bis Anfang nächster Woche.

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FOTO: SINA SCHULDT / DPA In der Gastronomi­e gilt ab jetzt: 2Gplus, außer für bereits dreifach Geimpfte.

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