Gastronomie hadert mit 2Gplus
Extrem kurzfristige Corona-Regel erschwert das Wochenende im Gastgewerbe – Scharfe Kritik
ELLWANGEN - Die Gastronomen sind entsetzt, denn das Land verschärft die Corona-Regeln sehr kurzfristig: Für Gastronomie und Hotelgastronomie gilt die 2GPlus-Regel, lautet der Beschluss vom Freitag. Ausnahme: die Geboosterten, wie das Gesundheitsministerium am Abend noch eine Erleichterung nachlieferte. Das bedeutet, zweifach Geimpfte sowie Genesene benötigen zusätzlich zu ihrem Nachweis ein aktuelles negatives Testergebnis, wenn sie essen gehen wollen. Und das bereits ab Samstag, 4. Dezember.
„Das geht gar nicht“, sagt Martin Hald, der Inhaber des Landgasthofs Hirsch in Neunheim und stellvertretende Vorsitzende des Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) im Ostalbkreis. „Das ist ein Lockdown durch die Hintertür.“Und so plötzlich jetzt am Wochenende eine Katastrophe. „Ab Montag, das wäre wenigstens fair gewesen, aber so?“fragt Hald. „Wie soll ich das meinen Gästen erklären?“
Eine Hochzeitsgesellschaft bewirte er am Samstag ab 13 Uhr. „Wie soll ich das machen?“Er müsse seinen Gästen nun mitteilen, dass sie vor ihrer Feier kurzfristig einen Test brauchen, und das bei fehlenden Testkapazitäten. „Die Menschen heiraten nur einmal“, beschreibt Hald eindringlich die Situation. Fünf Firmungen würden am Sonntag in seinem Haus gefeiert, „das sind lang geplante Familienfeiern und wichtige
Ereignisse für die Jugendlichen“, so der Gastronom. Auch Hotelgäste habe er. „Dürfen die am Sonntag nun nicht zum Frühstück, weil sie sich erst testen müssen?“Unfair und unüberlegt findet er es, von heute auf morgen die Regeln zu verschärfen, und das auch noch an einem Wochenende. „Ab Montag oder Dienstag wäre es nachvollziehbar gewesen, da hätte man Zeit, sich vorzubereiten, und es wären weniger Gäste betroffen.“Aber so?
Dem Entsetzen übers Wochenende folgen die Sorgen um die Zukunft, vorrangig um die der Mitarbeiter im Gastgewerbe. „Rund 260 000 Fachkräfte haben wir in Deutschland bereits verloren, jetzt werden es wieder viele sein“, befürchtet Hald. Ein dreiviertel Jahr habe er gebraucht, bis er in seinem Betrieb wieder eine gute, 45-köpfige Mannschaft beieinander gehabt habe. „Und jetzt geht das wieder los“, so der Hotelier. Personal zu verlieren sei seine größte Sorge. In Kurzarbeit erhielten sie nur 60 Prozent ihres Gehalts. „Das ist zu wenig.“Er selbst werde unter 2Gplus nicht mehr wirtschaftlich arbeiten können.
„Im Weihnachtsgeschäft machen wir 20 Prozent unseres Jahresumsatzes. Das ist dann weg“, so Hald. Die Betriebskosten liefen aber weiter. Im Moment, so der Gastronom, stehe er vor lauter offenen Fragen.
„Wir sind aus allen Wolken gefallen, damit hat kein Gastronom gerechnet“, sagt auch Christiane Veit, die Wirtin vom Roten Ochsen. Ihr fehle dafür das Verständnis. Privat dürften sich noch 50 geimpfte und genesene Personen in Innenräumen treffen, ohne sich zuvor testen zu müssen. „Aber man darf nun nicht mehr als Ehepaar ohne Test ins Restaurant?“, fragt Christiane Veit. Dabei verfüge die Gastronomie über gute Hygienemaßnahmen, Aufklärung und Kontrollen. „Warum plötzlich das?“Die Wirtin rechnet mit gravierenden Folgen unter 2Gplus. „Es wird weitere Stornierungen geben“, sagt sie. Bereits unter 2G habe es viele Absagen gegeben. „Die großen Weihnachtsfeiern sind alle storniert, die kleineren werden derzeit abgesagt“, stellt sie fest. Doch seien wenigstens noch Gäste gekommen. Aber wer werde jetzt noch spontan zum Mittagstisch oder auf ein Feierabendbier in die Gaststätte gehen? „Wir können nur hoffen, dass möglichst viele Gäste zum Testen bereit sind“, so Christiane Veit.
Immerhin: Das Gesundheitsministerium hat laut einer Mitteilung vom Freitagabend die Polizeibehörden angewiesen, Verstöße gegen die Testpflicht noch nicht zu sanktionieren. Das gilt bis Anfang nächster Woche.