Weichenstellung in Weimar
Zwei Kandidaten wollen den DOSB aus der Krise führen
BERLIN (SID) - Knallhartes Scherbengericht für Alfons Hörmann? Feierliche Inthronisierung der Nachfolge? Dafür wird kaum Zeit bleiben. Der Aufbruch in die Zukunft des deutschen Sports muss im Schnelldurchlauf erfolgen. Um das Corona-Risiko zu minimieren, soll bei der Mitgliederversammlung am Samstag in Weimar in nur drei Stunden geklärt werden, wer den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) aus der Krise führen soll.
Top-Favorit auf das Präsidentenamt und die Nachfolge des scheidenden Hörmann ist nach wie vor Thomas Weikert. Der frühere Tischtennis-Weltverbandschef konnte früh 14 Spitzenverbände hinter sich vereinen.
Um seine Konkurrentin Claudia Bokel, ihres Zeichens Präsidentin des Deutschen Fechter-Bundes (DFeB), war es während des gesamten „Wahlkampfes“erstaunlich ruhig. Einen Reformplan hat sie genauso wie Weikert, trotzdem gilt Bokel, die zunächst selbst Weikert unterstützt hatte, als klare Außenseiterin. Auch ist es theoretisch nicht ausgeschlossen, dass es bis zum Tagesordnungspunkt 14 am Samstag, der Präsidiumswahl, noch weitere Kandidaten geben könnte.
Was die Schatten der Vergangenheit angeht, hilft vor allem Hörmann das Coronavirus. Seine Rede wurde, genau wie jene des Noch-Bundesinnenministers Horst Seehofer, von der Tagesordnung genommen. Durch die stark gekürzte Agenda soll laut DOSB die Verweildauer der Anwesenden vor Ort „auf das absolut notwendige Mindestmaß“reduziert werden. So wird es Hörmann nach aktuellen Stand wohl erspart, sich nach der Briefaffäre, die ihm persönlich und dem DOSB immens schadete, den Mitgliedern öffentlich zu erklären.
Mit Bezug auf die Briefaffäre ist auch der Tagesordnungspunkt 11.4, die Entlastung von Vorstand und Präsidium, nicht zu verachten. Die Vorwürfe gegen Hörmann, unter dessen Führung laut des anonymen Briefs vom 6. Mai eine „Kultur der Angst“im DOSB entstanden sein soll, sind längst nicht hinreichend aufgearbeitet. Unter der Woche schon sagte Dagmar Freitag, die frühere Vorsitzende des Sportausschusses im Bundestag, im Gespräch mit den Stuttgarter Nachrichten, dass es nach Samstag „zwar einige neue handelnde Personen“geben, es jedoch eine „Herkulesaufgabe“werde, „diese Altlasten abzutragen“. Personell ist daher nicht nur die Wahl des Präsidenten oder der Präsidentin entscheidend.
Auch die anderen Präsidiumsmitglieder werden beim Neustart wichtig sein. „Ich habe mich dafür ausgesprochen, dass neue Leute ins Präsidium kommen“, sagte Weikert: „Zu einem Neuanfang gehören immer auch ein paar neue Gesichter.“Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Vizepräsidentinnen Gudrun DollTepper und Petra Tzschoppe, die erst spät von Hörmann abrückten, am Samstag wieder zur Wahl stehen. Andreas Silbersack und Kaweh Niroomand treten nicht mehr an.
Neu dabei sind unter den neun Kandidatinnen und Kandidaten auf die Vize-Präsidentschaft unter anderem die Tettnangerin Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbandes VdK und Paralympics-Siegerin im Biathlon.