Ipf- und Jagst-Zeitung

SPD und FDP läuten die Woche des Wechsels ein

Sozialdemo­kraten und Liberale billigen mit hoher Zustimmung Ampel-Vertrag – Kanzlerwah­l am Mittwoch

- Von André Bochow

BERLIN - Nachdem am Samstag bereits die Sozialdemo­kraten dem Koalitions­vertrag zugestimmt haben, zogen die Liberalen am zweiten Adventsson­ntag nach. Nun steht nur noch das Votum der Grünen aus. Daran, dass es am Mittwoch zu Kanzlerwah­l und Regierungs­bildung kommt, bezweifelt aber niemand.

Der künftige Bundesmini­ster und Noch-Generalsek­retär der FDP, Volker Wissing, brachte es nach der erfolgreic­hen Abstimmung – 92,2 Prozent stimmten mit Ja – auf den Punkt: „Jetzt kommt eine neue Zeit für die freien Liberalen.“Dass dies nicht selbstvers­tändlich ist, machte Parteichef Christian Lindner in seiner mehr als einstündig­en Parteitags­rede deutlich. Er warb für den Koalitions­vertrag und schaffte gleichzeit­ig verbal den Schwenk von der Opposition­szur Regierungs­partei. In Sachen Corona hörte sich das so ein: „Freiheit ist mit Verantwort­ung für andere verbunden.“77 Prozent der FDP-Anhänger wollen eine allgemeine Impfpflich­t, auch das habe Lindner „nachdenkli­ch gemacht“.

Dann trat Lindner hinter dem Rednerpult hervor, beendete damit das Pandemieth­ema und sprach über die Ampel. Ja, natürliche Bündnispar­tner

wären CDU und CSU gewesen. Aber die Liberalen hätten bei den Gesprächen nach der Bundestags­wahl erkannt, dass die Union „ihre Mitte verloren“habe. Dagegen habe die Diskretion bei den Verhandlun­gen mit Grünen und SPD gezeigt, was da möglich ist. „Für mich ein Verspreche­n einer neuen politische­n Kultur.“

Beim Koalitions­vertrag hätten sich die beteiligte­n Parteien „ergänzt“und nicht einander „eingeschrä­nkt“.

Trotzdem seien mehr „liberale Positionen enthalten“als es bei einem Jamaika-Bündnis (Union, Grüne, FDP) möglich gewesen wäre – und auch mehr als bei der dann gescheiter­ten Jamaika-Koalition vor vier Jahren. Die Tatsache, dass es heftige Kritik von der Linksparte­i und von den Unionspart­eien gibt, zeige: „Das ist ein Koalitions­vertrag der Mitte“, sagte Lindner.

Die SPD-Delegierte­n hatten bereits am Vortag gezeigt, wie groß ihre

Begeisteru­ng für die künftige Ampel-Koalition ist. Fast 100 Prozent (98,8) der Sozialdemo­kraten stimmten auf den digitalen Endgeräten, die für das Voting genutzt wurden, mit Ja zum Koalitions­vertrag. Das Abstimmung­sergebnis brachte die ohnehin große Begeisteru­ng des hybriden Parteitage­s auf einen endgültige­n Höhepunkt.

Zuvor hatte Noch-Parteichef Norbert Walter-Borjans, der mit dem SPD-Wahlsieg seine Mission als erfüllt ansieht, daran erinnert, dass die SPD durch schwere Zeiten gegangen sei und nicht bei den Erfolgen stehenblei­ben dürfe. „Die Partei muss immer wieder boostern“, gab er seinen Parteifreu­nden mit auf den Weg. Seine Co-Vorsitzend­e, Saskia Esken, sprach von einem neuen „Kapitel in der Geschichte der Sozialdemo­kratie“und davon, dass der Schlüssel für den Wahlsieg die Einigkeit war. „Wir wollen so regieren, dass wir wiedergewä­hlt werden“, sagte Parteichef­in Esken.

Olaf Scholz, der am Mittwoch Bundeskanz­ler werden soll, sprach davon, dass es schon richtig sei, dass man „Fortschrit­t wagen“müsse. Der Fortschrit­t komme nicht von allein. „Er wird von Menschen gemacht, der ereignet sich nicht einfach. Aber das Wagnis ist erforderli­ch.“

 ?? FOTO: DPA/IMAGO IMAGES ?? Warben bei Parteitage­n für den Koalitions­vertrag: der designiert­e Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) und FDP-Chef Christian Lindner.
FOTO: DPA/IMAGO IMAGES Warben bei Parteitage­n für den Koalitions­vertrag: der designiert­e Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) und FDP-Chef Christian Lindner.
 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany