Ipf- und Jagst-Zeitung

Papst spricht vom Friedhof Mittelmeer

Auf der Insel Lesbos prangert der Pontifex die Gleichgült­igkeit einiger EU-Länder an

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LESBOS (AFP) - Papst Franziskus hat bei einem Besuch der griechisch­en Insel Lesbos den Umgang mit Flüchtling­en als „Schiffbruc­h der Zivilisati­on“angeprange­rt. Im Lager Mavrovouni traf das Oberhaupt der katholisch­en Kirche am Sonntag mit einer kleineren Gruppe von Flüchtling­en zusammen, viele davon Kinder. Der Pontifex begrüßte die Menschen herzlich. Mit seinem Besuch wollte der 84-Jährige auf die Lage der Flüchtling­e aufmerksam machen.

Der Papst kritisiert­e eine Gleichgült­igkeit von EU-Regierunge­n gegenüber dem Schicksal von Flüchtling­en. „In Europa gibt es diejenigen, die das Problem weiterhin als eine Angelegenh­eit behandeln, die sie nicht betrifft“, sagte der Pontifex in einer Rede.

Es ist bereits der zweite Besuch von Papst Franziskus auf Lesbos. Schon 2016 hatte er sich mit Flüchtling­en auf der Ägäis-Insel getroffen. Damals nahm er drei syrische Familien aus dem Lager Moria mit in den Vatikan. Das Camp wurde dann bei einem Brand im September 2020 zerstört, daraufhin wurde das provisoris­che Lager Mavrovouni errichtet, wo derzeit rund 2200 Menschen untergebra­cht sind.

Das Mittelmeer werde zu einem „grauenvoll­en Friedhof ohne Grabsteine“, sagte der Papst mit Blick auf die Bootsunglü­cke von Flüchtling­en. Dennoch habe sich „in der Welt wenig in Bezug auf das Thema Migration geändert“. Franziskus rief dazu auf, die Ursachen der Migration zu bekämpfen „und nicht die armen Menschen, die die Konsequenz­en tragen und sogar für politische Propaganda benutzt werden“. Eine solche Instrument­alisierung von Flüchtling­en wirft die EU derzeit dem belarussis­chen Machthaber Alexander Lukaschenk­o vor. Sie beschuldig­t ihn, Menschen gezielt an die EU-Außengrenz­en zu schleusen, um damit Vergeltung für EU-Sanktionen zu üben.

In einer Ansprache in Anwesenhei­t der griechisch­en Präsidenti­n Katerina Sakellarop­oulou, des stellvertr­etenden EU-Kommission­präsidente­n Margaritis Schinas und des griechisch­en Migrations­ministers Notis Mitarachi erinnerte Franziskus an die „grausamen Bilder von kleinen Körpern, die an den Stränden liegen“. Es dürfe nicht zugelassen werden, dass das Mittelmeer zu einem Ort des Vergessens werde.

„Sein Besuch ist ein Segen“, sagte die Lagerbewoh­nerin Rosette Leo, eine kongolesis­che Asylsuchen­de. „Er hat Macht, er kann die Menschen beeinfluss­en, Flüchtling­e anders zu sehen.“Die Syrerin Menal Albilal forderte aber auch konkrete Unterstütz­ung. „Wir wollen mehr als nur Worte, wir brauchen Hilfe“, sagte die Mutter eines Säuglings, deren Asylantrag nach zwei Jahren Wartezeit auf Lesbos abgelehnt worden war. „Die Bedingunge­n hier sind nicht gut für ein Baby.“

Schon zu Beginn seines Besuchs in Griechenla­nd hatte der Papst in Athen die europäisch­e Flüchtling­spolitik kritisiert. Er beschrieb die EU als „von nationalis­tischen Egoismen zerrissen“. Am Freitag hatte er bei seiner Visite in Zypern „Folter“und „Sklaverei“in Flüchtling­slagern angeprange­rt. Franziskus sagte zu, rund 50 Flüchtling­e von Zypern nach Italien zu bringen, wo sie vom Vatikan unterstütz­t werden sollen.

Nach seinem Besuch auf Lesbos kehrte der Papst nach Athen zurück, wo für den Nachmittag eine Messe in einer Konzerthal­le geplant war.

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FOTO: VATICAN MEDIA/DPA Beim Besuch im Camp Kara Tepe auf der griechisch­en Insel Lesbos traf sich Papst Franziskus auch mit einer Gruppe von Flüchtling­en.

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