Jesses Abmarsch
RB Leipzig feuert Trainer nach nur 14 Spielen
LEIPZIG (dpa) - Zur besten Frühstückszeit beendete RB Leipzig das Experiment mit Jesse Marsch. Nach nur fünf Monaten gab der erstmals tiefer kriselnde Vizemeister am Sonntagmorgen um zehn nach zehn die Trennung vom US-Amerikaner bekannt – die nach dem Weggang von Julian Nagelsmann geplante Rückkehr zur RB-DNA war damit krachend gescheitert. In der Champions League am Dienstag gegen Manchester City soll Co-Trainer Achim Beierlorzer auf der Bank für Aufbruchstimmung sorgen. Ein neuer Coach soll zeitnah präsentiert werden.
„Wir wollten mit Jesse die Kernphilosophie herausstellen. Das hat nicht geklappt, weil die Mannschaft nicht bereit war, zu 100 Prozent den Matchplänen und der Überzeugung zu folgen“, sagte Clubboss Oliver Mintzlaff bei Sport1. Dass Marsch beim 1:2 bei Union Berlin am Freitag noch in der Corona-Quarantäne in Leipzig hockte und nur virtuellen Kontakt zum Team hatte, interessierte Mintzlaff nicht. „Es spielt für mich keine Rolle, ob jemand krank ist oder ob die Kommunikation nicht so ideal war. Wir hätten heute gewinnen müssen, das war der klare Auftrag“, sagte der 46-Jährige in der ARD.
Mintzlaff geht aktuell davon aus, „dass wir zur Rückrunde den neuen Cheftrainer präsentieren können“. Domenico Tedesco dürfte in der Favoritenstellung sein. Der 36-Jährige ist verfügbar und smart genug für das von RB verkaufte Image. Außenseiterchancen hat Lucien Favre, eine Salzburger
Lösung mit dem erst im Sommer angetretenen Matthias Jaissle dürfte kaum zur Debatte stehen.
Der Druck liegt nun vor allem auf Mintzlaff. Der Ex-Leichtathlet muss das sportliche Fiasko mit Marsch reparieren, an dem er selbst großen Anteil hat. Schließlich ließ er nicht nur Sportdirektor Markus Krösche ziehen, sondern rollte diversen Berichten zufolge Nagelsmann praktisch den mit gut 20 Millionen Euro geschmückten roten Teppich für einen Wechsel zum FC Bayern München aus. In der Kritik der Fans steht der Vorstandschef deshalb schon länger.
Dass die Trennung von Marsch der richtige Schritt ist, ist unbestritten. Er kommt aber zu spät. Laut Mintzlaff habe Marsch nach dem 3:0 gegen Bochum und dem 1:1 in Frankfurt bereits selbst Zweifel geäußert, ob er der richtige Mann für den Job sei. Intern war die Stimmung also eher das Gegenteil des von Marsch vorgelebten Optimismus – und hat sich, wie in Berlin, auch auf die Mannschaft übertragen.