Ein Mediator, kein Bulldozer
Weikert zum Präsidenten des Deutschen Olympischen Sportbundes gewählt – Vorgänger Hörmann legt nach
Weidle kann für Peking planen: Bei der Startnummernwahl hatte sich Kira Weidle etwas verzockt, auf der Piste dann aber zeigte die Skirennfahrerin ihre aufsteigende Form. Mit der Startnummer 1 raste die Starnbergerin am Samstag beim Weltcup im kanadischen Lake Louise auf den siebten Rang und qualifizierte sich gleich im zweiten Abfahrtsrennen der Saison für die Olympischen Winterspiele in Peking. „Ich bin auf jeden Fall zufriedener als gestern, es waren weniger Fehler“, sagte die 25-Jährige. Einen Tag nach Platz zehn lag Weidle 1,44 Sekunden hinter der wieder siegreichen Sofia Goggia aus Italien. Goggia gewann am Sonntag auch den Super-G, Weidle wurde diesmal 25.
Geiger weiter in Gelb: Skisprung-WeltcupSpitzenreiter Karl Geiger hat im polnischen Wisla das Podest knapp verpasst, reist aber im Gelben Trikot zum ersten Heimspiel der Olympiasaison kommendes Wochenende in Klingenthal. Der 28-jährige Oberstdorfer kam nach starker Aufholjagd auf Platz vier. „Das ist absolut ein gutes Ergebnis“, sagte Geiger. Beim Überraschungssieg des Österreichers Jan Hörl wurde Markus Eisenbichler (Siegsdorf) Fünfter, Pius Paschke (Kiefersfelden) landete auf Rang sieben. Am Samstag waren Geiger, Eisenbichler, Paschke und Stephan Leyhe (Willingen) Zweite im Teamwettbewerb hinter Österreich geworden.
Carlsen setzt sich ab: Schachweltmeister Magnus Carlsen hat mit seinem zweiten Sieg den nächsten Schritt Richtung Titelverteidigung gemacht. Der 31-jährige Norweger gewann am Sonntag zwei Tage nach seinem ersten Erfolg gegen Herausforderer Jan Nepomnjaschtschi die achte Partie der WM in Dubai. Carlsen führt nun 5:3. Sein russischer Herausforderer bräuchte aus den verbleibenden sechs Partien mindestens zwei Siege, um zumindest ein Stechen zu erreichen.
Althaus trumpft auf: Katharina Althaus hat für den ersten Weltcupsieg einer deutschen Skispringerin nach fast 32 Monaten gesorgt und mit einer weiteren Podestplatzierung ihre Form bestätigt. Beim Weltcup in Lillehammer kam die Oberstdorferin am Sonntag auf Platz zwei vom großen Lysgaardsbakken, nachdem sie 24 Stunden zuvor auf der kleinen Schanze triumphiert hatte.
WEIMAR (dpa) - Kaum hatte Thomas Weikert die Glückwünsche entgegengenommen, da bekam der neue DOSB-Präsident eine Kostprobe, auf welch heikle Mission er sich eingelassen hat. Nach der Mitgliederversammlung des beschädigten Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) am Samstag in Weimar gab es kaum ein Problemthema, zu dem er nicht Position beziehen sollte: vom Boykott der Winterspiele in Peking über die Aufklärung der Brief-Affäre („Kultur der Angst) um Vorgänger Alfons Hörmann bis hin zu einer deutschen Olympiabewerbung und den Beziehungen zur Politik.
Dabei zeigte er mal klare Kante, mal diplomatische Zurückhaltung. Zur Erwägung der designierten Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne), die Olympischen Winterspiele in Peking zu boykottieren, sagte er bestimmt: „Frau Baerbock soll die Kirche im Dorf lassen. Boykott hat noch nie etwas gebracht.“Dies hieße nicht, dass der DOSB die Menschenrechtslage in China ignorieren wolle. „Natürlich werden wir uns in China im Rahmen der Möglichkeiten positionieren.“
Dagegen hielt er sich mit der Bewertung im Falle der chinesischen Tennisspielerin Peng Shuai und zur kritisierten Haltung des Internationalen Olympischen Komitees dazu zurück: „Warten wir mal ab, was die stille Diplomatie bringt.“Schließlich will Weikert den nach dem Zerwürfnis um den Olympiabewerbungsversuch mit der Initiative Rhein-Ruhr auf Eis gelegten Dialog mit dem IOC wieder normalisieren. Ein neuer Anlauf für eine deutsche Olympiabewerbung hat Weikert auf seiner Agenda – aber nicht um jeden Preis. „Erst wenn wir eine Idee haben, was wir mit Spielen erreichen, gestalten und verändern wollen, können wir damit die Bürger begeistern“, sagte er. Denn: „Anders als sonst im Sport ist das Heimspiel schwerer als das Auswärtsspiel.“
Der überwältigende Sieg bei der Präsidentenwahl mit 361 Stimmen (86,6 Prozent) gegen die Fechtpräsidentin Claudia Bokel, die nur 56 Voten bekam, stärkt ihm zum Start als Krisenmanager den Rücken und könnte Zeichen neuer Einigkeit im DOSB sein. „Ich hätte das Ergebnis so nicht erwartet. Das ist auch eine Bürde“, befand der Familienanwalt.
Weikert ist für viele der rechte Mann zur rechten Zeit, dem sie vieles und zuerst das Großreinemachen in der DOSB-Zentrale zutrauen. Dort soll laut eines anonymen Briefes aus der Mitarbeiterschaft in der Hörmann-Ära besagte „Kultur der Angst“geherrscht haben. In Weimar fehlt Hörmann wegen Folgen einer Corona-Erkrankung, erneuerte im Interview der „Allgäuer Zeitung“zeitgleich aber seine Theorie von einem „ganz gezielten Umsturz an der gesamten Spitze des DOSB“.
Sein Nachfolger wies die Spekulationen über eine Intrige zurück. „Ich kann das nicht nachvollziehen und auch nicht verstehen“, sagte Weikert im ZDF. „Ich denke, da hat Herr Hörmann ein wenig überzogen.“Zugleich kündigte Weikert an, die zum Teil dubiosen Vorfälle extern von einem Anwalt aufklären zu lassen. Um einen Klimawandel im „Haus des Sports“einzuleiten, will Weikert am Dienstag das Gespräch mit der DOSB-Belegschaft suchen. „Schau’n wir mal, ob wir gut zusammenarbeiten“, sagte er jovial. Der Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes, Friedhelm Julius Beucher, traut Weikert nicht nur das zu – weil er „ein Mediator und kein Bulldozer“sei. Auch Gewichtheber-Präsident Florian Sperl lobt die neue Nummer 1 im deutschen Sport: „Thomas Weikert steht für den dringend benötigten Aufbruch.“
Weikert will nicht als Einzelkämpfer die vielen Probleme lösen, sondern „als Mannschaftskapitän eines starken Teams“. Mit Transparenz und Offenheit sollen die Weichenstellungen vorgenommen werden, „um dem Sport in Deutschland wieder eine starke Stimme zu geben“. Deshalb will er zügig den Dialog zur neuen Bundesregierung suchen, machte aber aus seinen Unmut über den Stellenwert des Sports im Koalitionsvertrag von SPD, FDP und Grünen keinen Hehl. „Darin ist der Sport auf Seite 113 und 114 zu finden“, stellte Weikert fest: „Wird das der Bedeutung des Sports gerecht? Ich denke nicht.“
Zum Neuanfang des DOSB hat dessen Ethikkommissionsvorsitzender Thomas de Mazière den Protagonisten im Dachverband nach turbulenten Monaten ein „paar Wünsche“auf den beschwerlichen Weg mitgegeben. „Denken Sie zuerst an die Sporttreibenden, dann an den DOSB und dann an die eigene Person“, empfahl der Ex-Bundesinnenminister. Und: „Es wird nicht viel besser, wenn nur zurückgeschaut wird.“
Bahnrad-Olympiasiegerin Miriam Welte, die zwölfmalige ParalympicsSiegerin Verena Bentele, Kerstin Holze (Vorstandsvorsitzende der Deutschen Kinderturn-Stiftung), Oliver Stegemann (Präsident des Sportakrobatik-Bundes) und der CSU-Politiker Stephan Mayer sind die neuen DOSB-Vizepräsidentinnen und -präsidenten.