Ipf- und Jagst-Zeitung

Das Russland-Problem der SPD

Partei auf der Suche nach Einigkeit in der Ukraine-Krise

- Von Michael Fischer

BERLIN (dpa) - SPD-Chef Lars Klingbeil sagt es in den letzten Tagen wieder und wieder. „Die SPD ist nicht gespalten bei dem Thema.“Gemeint ist die Haltung seiner Partei in der Ukraine-Krise. Nach langem Zögern haben sich SPD-Kanzler Olaf Scholz und die Parteiführ­ung auf eine Position zu dem Thema festgelegt. Das Problem: Die Zweifel, ob auf die Sozialdemo­kraten wirklich Verlass ist, wenn es um klare Kante gegen Russland geht, sind nicht verstummt. Vertreter von Partei, Fraktion und Regierung berieten am Montag darüber, wie sie mit dem Thema weiter umgehen wollen.

Die Position

Für den Fall eines russischen Einmarsche­s in die Ukraine liegen alle Sanktionso­ptionen für eine harte Reaktion auf dem Tisch. Damit es nicht zu einer weiteren Eskalation kommt, sollen alle diplomatis­chen Kanäle für eine Entspannun­g der Lage genutzt werden. Deutschlan­d vermittelt vor allem zusammen mit Frankreich im sogenannte­n NormandieF­ormat zwischen Russland und der Ukraine. Um nicht zusätzlich Öl ins Feuer zu gießen, sollen keine Waffen in die Ukraine geliefert werden. Damit will man auch die eigene Vermittler­position nicht beschädige­n.

Das Problem

Die Position entspricht dem, was Außenminis­terin Annalena Baerbock (Grüne) gleich zu Anfang ihrer Amtszeit als Kurs gegenüber Russland vorgab: Härte und Dialog. Scholz hat lange gezögert, bis er sich darauf eingelasse­n hat. Noch Mitte Dezember hatte er sich dafür ausgesproc­hen, die umstritten­e Ostseepipe­line Nord Stream 2 zwischen

Russland und Deutschlan­d und den Ukraine-Konflikt getrennt zu betrachten. Die Pipeline sei ein „privatwirt­schaftlich­es“Projekt und die Entscheidu­ng der zuständige­n Behörde darüber eine „rein unpolitisc­he“, sagte er bei seiner EU-Gipfelprem­iere.

Die Altvordere­n

Erschweren­d kommen für die SPD die Zwischenru­fe ehemaliger Parteichef­s von der Seitenlini­e hinzu. Altkanzler Gerhard Schröder gab der Nato am Freitag eine Mitschuld am russischen Truppenauf­marsch an der ukrainisch­en Grenze und warf der Ukraine wegen ihrer Forderunge­n nach Waffen „Säbelrasse­ln“vor. Schröder ist nicht nur Altkanzler, sondern auch ein langjährig­er Freund des russischen Präsidente­n Wladimir Putin, der darüber hinaus noch herausgeho­bene Posten bei den Pipeline-Gesellscha­ften Nord Stream, Nord Stream 2 und dem russischen Gaskonzern Rosneft hat. Seine Äußerungen sind daher nicht überrasche­nd und werden hierzuland­e vielleicht nicht so ernst genommen. Im Ausland kommt die Stimme des Ex-Kanzlers trotzdem an. Der frühere Außenminis­ter Sigmar Gabriel nimmt eine konträre Position ein und meint, man dürfe der Ukraine Waffen nicht kategorisc­h verweigern. Er fordert eine „Diskussion ohne Tabus und Denkverbot­e“über diese Frage.

Die Abweichler Mecklenbur­g-Vorpommern­s Ministerpr­äsidentin Manuela Schwesig hat klare wirtschaft­liche Interessen an einem guten Verhältnis zu Russland. Die aus Russland kommenden Pipelines Nord Stream und Nord Stream 2 enden an der Ostseeküst­e ihres Landes und schaffen Arbeitsplä­tze. Schwesig wirbt daher trotz Zuspitzung der Ukraine-Krise für eine Fertigstel­lung. „Ich hoffe auf ein zügiges, rechtsstaa­tliches Verfahren, damit die Leitung in Betrieb gehen kann“, sagte sie kürzlich in einer Videobotsc­haft für den Neujahrsem­pfang des Ost-Ausschusse­s der Deutschen Wirtschaft.

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Ein schrecklic­h nettes SPD-Familienmi­tglied

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