Das Russland-Problem der SPD
Partei auf der Suche nach Einigkeit in der Ukraine-Krise
BERLIN (dpa) - SPD-Chef Lars Klingbeil sagt es in den letzten Tagen wieder und wieder. „Die SPD ist nicht gespalten bei dem Thema.“Gemeint ist die Haltung seiner Partei in der Ukraine-Krise. Nach langem Zögern haben sich SPD-Kanzler Olaf Scholz und die Parteiführung auf eine Position zu dem Thema festgelegt. Das Problem: Die Zweifel, ob auf die Sozialdemokraten wirklich Verlass ist, wenn es um klare Kante gegen Russland geht, sind nicht verstummt. Vertreter von Partei, Fraktion und Regierung berieten am Montag darüber, wie sie mit dem Thema weiter umgehen wollen.
Die Position
Für den Fall eines russischen Einmarsches in die Ukraine liegen alle Sanktionsoptionen für eine harte Reaktion auf dem Tisch. Damit es nicht zu einer weiteren Eskalation kommt, sollen alle diplomatischen Kanäle für eine Entspannung der Lage genutzt werden. Deutschland vermittelt vor allem zusammen mit Frankreich im sogenannten NormandieFormat zwischen Russland und der Ukraine. Um nicht zusätzlich Öl ins Feuer zu gießen, sollen keine Waffen in die Ukraine geliefert werden. Damit will man auch die eigene Vermittlerposition nicht beschädigen.
Das Problem
Die Position entspricht dem, was Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) gleich zu Anfang ihrer Amtszeit als Kurs gegenüber Russland vorgab: Härte und Dialog. Scholz hat lange gezögert, bis er sich darauf eingelassen hat. Noch Mitte Dezember hatte er sich dafür ausgesprochen, die umstrittene Ostseepipeline Nord Stream 2 zwischen
Russland und Deutschland und den Ukraine-Konflikt getrennt zu betrachten. Die Pipeline sei ein „privatwirtschaftliches“Projekt und die Entscheidung der zuständigen Behörde darüber eine „rein unpolitische“, sagte er bei seiner EU-Gipfelpremiere.
Die Altvorderen
Erschwerend kommen für die SPD die Zwischenrufe ehemaliger Parteichefs von der Seitenlinie hinzu. Altkanzler Gerhard Schröder gab der Nato am Freitag eine Mitschuld am russischen Truppenaufmarsch an der ukrainischen Grenze und warf der Ukraine wegen ihrer Forderungen nach Waffen „Säbelrasseln“vor. Schröder ist nicht nur Altkanzler, sondern auch ein langjähriger Freund des russischen Präsidenten Wladimir Putin, der darüber hinaus noch herausgehobene Posten bei den Pipeline-Gesellschaften Nord Stream, Nord Stream 2 und dem russischen Gaskonzern Rosneft hat. Seine Äußerungen sind daher nicht überraschend und werden hierzulande vielleicht nicht so ernst genommen. Im Ausland kommt die Stimme des Ex-Kanzlers trotzdem an. Der frühere Außenminister Sigmar Gabriel nimmt eine konträre Position ein und meint, man dürfe der Ukraine Waffen nicht kategorisch verweigern. Er fordert eine „Diskussion ohne Tabus und Denkverbote“über diese Frage.
Die Abweichler Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig hat klare wirtschaftliche Interessen an einem guten Verhältnis zu Russland. Die aus Russland kommenden Pipelines Nord Stream und Nord Stream 2 enden an der Ostseeküste ihres Landes und schaffen Arbeitsplätze. Schwesig wirbt daher trotz Zuspitzung der Ukraine-Krise für eine Fertigstellung. „Ich hoffe auf ein zügiges, rechtsstaatliches Verfahren, damit die Leitung in Betrieb gehen kann“, sagte sie kürzlich in einer Videobotschaft für den Neujahrsempfang des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft.