Inga Lindström und ihre Liebe zu Ravensburg
Christiane Sadlo, Drehbuchautorin der beliebten TV-Filme, stammt aus Oberschwaben – Ihr neues Buch spielt in der Heimatstadt
RAVENSBURG - Die erfolgreiche Drehbuchautorin mit dem Pseudonym Inga Lindström ist zweisprachig aufgewachsen mit Hochdeutsch und Schwäbisch. Man könnte meinen dreisprachig, auch mit Schwedisch, aber das stimmt nicht.
Als Tochter einer schwäbischen Mutter und eines schlesischen Vaters wurde Christiane Sadlo 1954 im Spital in Ravensburg geboren. Den größten Teil ihrer Kindheit und Jugend wohnte sie mit Eltern und jüngerem Bruder in der Galgenhalde in der Weststadt. Nach dem Abitur am damaligen Mädchengymnasium führte sie ihr Weg über Freiburg und München 2002 nach Berlin, wo sie noch heute – seit 2018 verwitwet – mit ihrer TerrierHündin Dora lebt. Und sehr erfolgreich Drehbücher und Romane schreibt.
Einem breiten Fernsehpublikum bekannt wurde die Dramaturgin, Buch- und Drehbuchautorin unter ihrem Pseudonym Inga Lindström. Das legte sie sich zu, als 2004 aus einer schwedischen Liebesgeschichte, die sie eigentlich als Roman geplant hatte, das erste Drehbuch der Inga-Lindström-Reihe wurde. Deren einhundertster Film wird im nächsten Jahr entstehen! Für das Land der Mittsommernacht mit seinen romantischen Schären, einsamen Seen und dichten Wäldern begeisterte sich Christiane Sadlo schon seit ihrer Kindheit. Astrid Lindgrens liebevollfreche Kinderbücher „Pippi Langstrumpf“oder „Die Kinder von Bullerbü“, versetzten sie in eine Welt, die sie ein Leben lang inspirieren sollte.
Schwedische Freunde zeigten ihr später die Schönheit des Landes, die jeden Betrachter von Inga-Lindström-Filmen
noch heute verzückt zurücklässt. Ihr Pseudonym entwickelte sich schwerelos aus Lindgrens Mädchenfigur „Inga“und dem in Schweden häufigen Namen „Lindström“.
Obwohl Christiane Sadlo schon 1972 Ravensburg verlassen hat, um in Freiburg Anglistik und Germanistik zu studieren, hängt ihr Herz noch heute an ihrer Heimat. „Ja, Berlin ist jetzt mein Zuhause, aber Ravensburg ist meine Heimat“, sagt sie. „Und solange meine Mutter noch lebte, schickte sie mir regelmäßig ‚Care-Pakete‘ mit Maultaschen, Fleischsalat und eingeschweißtem Wurstaufschnitt von der Metzgerei Walser, jedes Mal ein wahres Fest!“
Ihre Eltern sind seit einigen Jahren tot, ihr Bruder lebt als Anwalt in Dresden, aber Cousins und Cousinen sind ihr Ankerplatz, wenn sie denn mal in Ravensburg vorbeischaut. Unvergesslich
ihre Erinnerungen ans Rutenfest, an herrliche Gelegenheiten zu Flirts und Liebeleien und an die Fasnet, die sie erst geängstigt, aber auch immer in ihrer Verwurzelung in der alemannischen Tradition fasziniert hat.
Und noch eines bleibt unvergessen: Das kleine Lädele bei den Gymnasien! Dort konnten sich die Schüler vor und nach dem Unterricht und in den Pausen mit Brausestengeln, Schokoküssen und bunten Säften für ein paar Pfennige versorgen. Und ihre Sorgen wegen schlechter Noten oder strenger Lehrer konnten sie dort auch schnell mal loswerden.
Mit dem Lehrerberuf, wie zunächst geplant, wurde es nichts. Ihre Interessen lagen woanders. Während des Studiums in Freiburg schrieb Christiane Sadlo bereits Film- und Fernsehkritiken für die Badische Zeitung. Über das Schreiben fand sie zum Theater, nahm ihren ersten Job als Dramaturgieassistentin an den Städtischen Bühnen an. „Für die alten Hasen dort war ich nur ‚das Mädle‘ nach dem Motto: ,Was will denn die?‘“
Dass das Theater nicht viel mit der Realität zu tun zu haben schien und das „richtige Leben“wohl jenseits der Bühne stattfindet, bewog sie 1977 nach München zu gehen, um dort Jura zu studieren. Als unter einer Semesterarbeit vermerkt wurde: „In der Sache richtig, aber zu feuilletonistisch“, spürte sie, dass ihre Berufung wahrscheinlich woanders lag. Bald begann sie für den Bayerischen Rundfunk, später auch für die „Süddeutsche Zeitung“und die „Cosmopolitan“zu arbeiten und gab das Jurastudium auf.
1982 heiratete die Ravensburgerin in München den Bildhauer Karl Halt Trossbach, dessen Großvater Lehrer und Kirchenmusiker in Aulendorf war. Mit ihrem Mann und der gemeinsamen Tochter lebte sie in Dachau, bis sie 2002 mit Mann und Katze nach Berlin umzog. „Weil man auch mal woanders hin muss“, wie sie so locker sagt. Wohl auch, weil ihr Mann in Berlin studiert hatte und sie sich schon immer in Berlin wohlgefühlt hat.
„Es tut sich immer was in Berlin, es ist einfach eine interessante Stadt. Die Berliner haben einen guten Humor, sie sind ruppig und geradeheraus!“Und lachend erzählt sie, dass sie auch mal angesprochen wird wegen ihrer leicht exzentrischen Kleidung. Da sagen junge Leute mal zu meinem pinkfarbenen Mantel und meinen orangenen Schuhen, ‚Wow, das sieht aber super aus!‘ oder ein alter Berliner meint, ‚Na, in dem Alter schon ein bisschen gewagt!‘“Seit 1991 schreibt Christiane Sadlo Drehbücher. Unter ihrer Feder entstanden
Serien wie „Familie Dr. Kleist“, „Jede Menge Leben“, „Die Wagenfelds“und etliche Folgen von „Der Bergdoktor“oder „In aller Freundschaft!“Sie schrieb auch die Vorlagen für zehn Rosamunde-Pilcher- und zwei UttaDanella-Verfilmungen. Seit 2004 versetzt sie als Inga Lindström mindestens fünfmal jährlich die Fernsehzuschauer am Sonntagabend in eine Märchenwelt: atemberaubende Landschaften, schöne Schauspieler, bunte Schwedenhäuser, romantische Geschichten und immer ein Happy End. Drehort: Schwedens Ostküste.
Der Vorwurf „Kitsch“– trifft sie das? Nein, das verletze sie nicht, sagt Christiane Sadlo. „Ich schreibe gute Unterhaltung und behaupte nicht, dass das Realität ist. Früher sagte man, die Courths-Mahler-Texte seien Opium für die Frauen. Heute haben die kleinen Fluchten, die ich biete, einen großen psychologischen Stellenwert. So wie es Märchen schon immer hatten.
Bei aller Märchenhaftigkeit meiner Geschichten geht es auch immer um reale Probleme. Ich höre zu, gehe offenen Auges mit Dora durch Berlin, entwickle um das, was ich sehe und höre, meine Geschichten und verlege sie nach Schweden. Wenn man dort an den Schären sitzt im Sommer, kann man nur schweigen – und seufzen, so schön! Außerdem fragt sie: „Ist ein Krimi mit wie vielen Toten und der schnellen Aufklärung nicht auch Kitsch? Oder ein amerikanischer Film wie ,Pretty Woman’?“
Jedenfalls spricht der Erfolg für sich. Schon hat Inga Lindström einen neuen Schweden-Film in der Mache. Seit zwei Jahren arbeitet sie an einem Krimi. Und der spielt in der Marktstraße in Ravensburg, in ihrer alten Heimat.