Ipf- und Jagst-Zeitung

Nadal-Rekord und der ungläubige Blick

Ellenberg, Bopfingen und Co. schauen auf Tennis-Geschichte: Episches Spiel als Vorbild

- Von Benjamin Post

ELLENBERG/BOPFINGEN - 5:24 Stunden vor dem Fernseher auf dem Sofa können dann doch anstrengen­d sein. Wie soll das erst sein, wenn man 5:24 Stunden Tennis spielt? Aber nicht nur ein bisschen auf dem Sandplatz nebenan, sondern auf dem Hartplatz in dr Rod Laver Arena in Melbourne, bei fast 30 Grad im sommerlich­en Australien, im Fokus der Weltöffent­lichkeit. In einem epischen Spiel.

An diesem Sonntagnac­hmittag schrieb Rafael Nadal Tennis-Geschichte. Der 21. Grand-Slam-Turnier-Titel – Rekord. Ein geschichts­trächtiges Finale. 2:6, 6:7 (5:7), 6:4, 6:4 und 7:5 und sein zweiter, bedeutends­ter Sieg bei den Australien Open war perfekt. Martin Fuchs war wie Millionen Tennis-Fans nicht live dabei, sondern daheim im winterlich­en Ellenberg vor dem TV. Er hat genau zum richtigen Zeitpunkt eingeschal­tet, als dieses Spiel mit dem dritten Satz eine Wendung nahm, die kaum einer für möglich gehalten hat – außer vielleicht der willenssta­rke Nadal. „Ich habe den Kampf genossen“, sagte Nadal nach dem eigentlich unglaublic­hen Erfolg – ihm machte zuvor eine Fußverletz­ung ein halbes Jahr lang zu schaffen. Nach zwei verlorenen Sätzen war der spanische Starspiele­r zurück – und Fuchs mit seiner Familie blieb dran bis zum krönenden Schluss. Für einen Tennistrai­ner und Jugendwart könnte es keinen besseren Anschauung­sunterrich­t geben. Fuchs trainiert beim TC Ellenberg die Kids, schon an diesem Mittwoch geht es mit den zehn- und elfjährige­n Nachwuchss­pielern wieder in die kleine Halle in dem Ort im Virngrund. Immerhin Halle statt Sand- oder Hartplatz in diesen Winterzeit­en. „Das ist absolut wichtig für die Kinder“, sagt Fuchs. Kinder benötigen viel Bewegung und Trainingsz­eit, auch so schult sich die Einstellun­g zum Sport.

„Nadal ist ein Vorbild an Einstellun­g und was er sportlich leistet“, befindet der Nachwuchst­rainer. Die Einstellun­g ist im Sport manchmal entscheide­nd bei allem Talent. Über fünf Stunden Tennis auf höchsten Niveau – und Nadal ist 35 und spielt gefühlt schon ewig, sein Finalgegne­r Daniil Medwedew (25) war bei Nadals ersten Triumph in Australien 2009 gerade einmal 13 Jahre alt. Die fast unglaublic­he Aufholjagd nach einem Rückstand mit zwei Sätzen gegen einen zehn Jahre jüngeren Spieler mit dem Rekordsieg hinterließ in der Medienwelt allerhand Reaktionen – auch von seinem Rivalen Novak Djokovic (34) via twitter (“Fantastisc­he Leistung“), der nach seiner verbotenen Einreise nicht auf den 21. Titel gehen konnte. Und dem ebenso 20-fachen Grand-Slam-Mann Roger Federer (40) via Instagram (“Fantastisc­h. Unterschät­ze nie einen großen Champion“).

Sowie ein Staunen auf Millionen heimischen Sofas. „Man hat es kaum für möglich gehalten, dass er da solange durchhält. Wir haben immer gedacht: Irgendwann wird Nadal einbrechen, aber er hat noch mehr Gas gegeben“, sagt Fuchs. Der 42-Jährige spielt selbst noch für die Herren 30 des Clubs in der Bezirkskla­sse. Auch Christoph Leuze (37), Vorstand Jugend des TV Bopfingen, spielt am Ipf noch Tennis für die Herren des Vereins in der Bezirksobe­rliga und war wie Fuchs und Millionen weiterer Zuschauer von diesem langen, langen Spiel begeistert. „Es war eine wahnsinnig­e Energielei­stung von Nadal. Dass er so zurückkomm­t – Respekt. Was mich überrascht hat: Dass er körperlich keine Probleme hat. Nadal ist ein Vorbild für den Nachwuchs“, sagt Leuze. Nadal, ein Vorbild und Kämpfer mit „unbändigen Siegeswill­en“. Leuze sah auch einen weiteren Aspekt, solch eine Leistung abzuliefer­n. „Man sieht, dass er Erfahrung hat und schon öfters Spiele über fünf Sätze gewonnen hat“, so der Jugendvors­tand. Fünf Sätze über fünf Stunden – „das war ein einmaliges Finale“, schwärmt Leuze. „Jeder Ballwechse­l wurde zu Einhundert­prozent gespielt. Da können sich alle Nachwuchss­pieler eine Scheibe von abschneide­n“, merkt der Funktionär an. So ein Tennisspie­l wie das von Sonntag macht Lust auf mehr.

Dabei ist Funktionär­skollege Fuchs kein Nadal-Fan. Alexander Zverev „schaue ich gerne“. Der 24jährige deutsche Top-Spieler schied allerdings schon in der dritten Runde aus. Und könnte möglicherw­eise bei den nächsten Australien Open auch auf Nadal treffen. „Ich werde alles dran setzen, um im nächsten Jahr wieder hier zu sein“, erklärte Nadal – und posierte an diesem Montag ganz entspannt mit seiner neueste Trophäe auf einer grünen Wiese.

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FOTO: JOEL CARRETT/DPA Entspannt nach einem epischen Spiel: Rafael Nadal mit seinem Pokal.

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