Kultusministerium rechnet mit bis zu 30 000 Ukrainern
Wie Corona-Folgen, geflüchtete Kinder und digitales Lernen die Schulen im Südwesten beschäftigen
STUTTGART - Bewältigung der Pandemiefolgen, Integration ukrainischer Kinder, digitaler Unterricht: Die Schulen im Land haben mit vielen Herausforderungen zu kämpfen. Im Bildungsausschuss des Landtags hat Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) am Donnerstag über die aktuelle Lage berichtet – und manchen Blick aufs kommende Schuljahr riskiert. Ein Überblick:
Corona und die Folgen
Zwei Jahre Pandemie haben laut Schopper bei den Kindern und Jugendlichen im Land „Dellen und Furchen“hinterlassen, die nachwirkten. Sie sprach von einem „Holperstart“des Programms „Lernen mit Rückenwind“, das die fachlichen und sozial-emotionalen Folgen der Schulschließungen abfedern soll. Es ist auf zwei Jahre angelegt. Aktuell engagierten sich dank des Programms landesweit 9000 Unterstützungskräfte, es gebe 1000 Kooperationspartner, 16 000 Kursangebote und 20 000 Bildungsgutscheine, mit denen Schüler bei externen Nachhilfeinstituten und Volkshochschulen ihr Wissen und Können aufbessern sollen.
Die Opposition treibt vor allem die Frage um, wie viele Kinder mit Defiziten tatsächlich Unterstützung erfahren. Valide Zahlen könne sie dazu nicht nennen, sagte Schopper auf Nachhaken von Stefan Fulst-Blei (SPD). Es könnten theoretisch aber bis zu 200 000 Kinder profitieren.
Das seien dann nur 14 Prozent, bemängelte Fulst-Blei. Die Ständige Wissenschaftliche Kommission der Kultusministerkonferenz (KMK) sprach nach Schätzungen von 20 bis 25 Prozent an Kindern und Jugendlichen mit Bedarf.
Unklar sei, wie es im Herbst weitergeht. „Corona ist nicht vorbei“, mahnte Schopper. In einer Arbeitsgruppe mit dem Sozialministerium liefen aktuell die Vorbereitungen auf verschiedene Szenarien. Schulschließungen und Trennung von Kindern soll aber tunlichst vermieden werden, so Schopper.
Ukrainische Kinder
An den Südwest-Schulen seien bisher 16 000 geflüchtete Kinder und Jugendliche aus der Ukraine angekommen, erklärte Schopper. Viele weitere würden noch mit OnlineUnterricht aus der Heimat versorgt. Das Schuljahr in der Ukraine ende aber zum Juni. Deshalb könnte sich die Zahl nach den Pfingstferien deutlich erhöhen. Wie viele es noch werden, sei schwer abzuschätzen. „Auf Grundlage dessen, was wir wissen, rechnen wir mit 28 000 bis 30 000 Kindern und Jugendlichen im schulpflichtigen Alter“, erklärte eine Mitarbeiterin Schoppers. „Das ist das, worauf wir uns versuchen vorzubereiten.“
Über das Portal, mit dem das Ministerium Lehrkräfte für diese Kinder sucht, haben sich laut Schopper 1667 Interessierte gemeldet, davon 377 Lehrkräfte aus der Ukraine. Ein Haken: In der Regel gibt das Land nur jenen mit Deutschkenntnissen einen Vertrag. Dies sei die „größte Hürde“, so Schopper, weshalb das Land bislang nur 94 ukrainische Lehrkräfte beschäftige. Insgesamt habe das Land 311 Menschen für den Unterricht von ukrainischen Kindern angestellt, was 170 Lehrerstellen entspreche. Als abwegig bezeichnete Schopper die Idee, im kommenden Schuljahr ukrainische Kinder nach ukrainischem Schulsystem zu unterrichten. „Das werden wir nicht schaffen“, so Schopper.
Digitaler Unterricht
Klarheit forderte die Opposition zum Einsatz von Microsoft 365 an den Schulen – bekam sie aber nicht. Selbst nach einem Pilotprojekt hatte der Landesdatenschutzbeauftragte Stefan Brink keinen datenschutzkonformen Einsatz der Programme des Softwareriesen aus den USA finden können. Deshalb hatte er jüngst angekündigt, Beschwerden zu verfolgen. Davon seien aktuell 40 Schulen betroffen. Vor allem die beruflichen Schulen im Land pochen darauf, Microsoft zu nutzen.
Das sei die Einigung mit Brink, erklärte Schopper. Es gebe kein pauschales Verbot, aber: „Er muss natürlich Beschwerden nachgehen, es ist noch keine europakonforme Lösung gefunden.“Erneut warb sie dafür, die bisher bestehenden Programme zu nutzen, die das Ministerium empfehle – darunter Moodle, BigBlueButton und itslearning. An der Bildungsplattform werde noch gearbeitet.