Theologen raten: Von Gandhi lernen
ELLWANGEN (sj) - Unter dem Motto „Die Perspektive der Gewaltfreiheit einnehmen – von Gandhi lernen“haben Theologieprofessor Thomas Nauerth von der Universität Osnabrück und Klaus Hagedorn, geistlicher Beirat der ökumenischen Friedensbewegung Pax Christi, vor rund 50 Interessierten in der Kapelle der Comboni-Missionare referiert. Dabei hatten sie auch den Ukraine-Krieg und die Waffenlieferungen im Blick.
Mahatma Gandhi ist einer der bekanntesten Vertreter des gewaltlosen Widerstandes und des zivilen Ungehorsams. Als Anwalt hat er für die Gleichberechtigung der Inder in Südafrika und seit dem Ersten Weltkrieg als politischer Kopf der indischen Freiheitsbewegung für die Unabhängigkeit Indiens gekämpft. Ende des vergangenen Jahres ist die Studie des indischen Jesuiten George Pattery mit dem Titel „Gandhi als Glaubender. Eine indisch-christliche Sichtweise“erschienen, die von Nauerth und Hagedorn herausgegeben wurde.
Der von der Bergpredigt beseelte Hindu Gandhi sprach sich dafür aus, dem bürgerlichen Gesetz im Gehorsam gegenüber dem Gesetz Gottes zu trotzen, und appellierte an die Religiosität der Menschen in ihrem Kampf gegen Ungerechtigkeit und Ungleichheit. „Wenn wir die Perspektive der Gewaltfreiheit einnehmen, können wir den anderen im tiefsten Mitgefühl und wahrer Offenheit erreichen und wir können den/die anderen jenseits der Entfremdung erkennen“, lautet ein Zitat Gandhis, der 1948 ermordet wurde. Und: „Ich weiß, dass Gott die Wahrheit ist. Für mich ist das einzige Mittel, Gott zu erkennen, Gewaltfreiheit – Ahimsa – Liebe.“
Der Westfälische Frieden von Münster und Osnabrück, der den Dreißigjährigen Krieg von 1618 bis 1648 beendet hat, sei von zwei Mediatoren ausgehandelt worden, sprachen sich Nauerth und Hagedorn mit Blick auf den Ukraine-Krieg auch dort für Mediation aus.
Beide zitierten Papst Franziskus als Vertreter der aktiven Gewaltlosigheit, der in Bezug auf den UkraineKrieg im Sinne christlicher Friedensethik und im gandhianischen Geist seine Rolle als Vermittler unterstrichen und gesagt habe: „Zuerst muss ich nach Moskau gehen, zuerst muss ich Putin treffen.“Ein Besuch in Kiew stehe momentan nicht an, so der Papst.
„Jeder Krieg in der Geschichte ist durch Verhandlung beendet worden“, sagte Nauerth: „Es gibt keine andere Lösung, als zu verhandeln.“