„Notstand für die Zukunft der Gesellschaft“
Zu „Wenn man um Rettungsschirme betteln muss, ist das unwürdig“(19. Mai): Den Antworten im Interview mit Heiner Scheffold kann ich weitestgehend zustimmen. Es zeigt, dass komplexe Zusammenhänge vorhanden sind, die dringend einer Steuerung bedürfen. Landrat Scheffold kritisiert die vernachlässigte Landeskrankenhausplanung zu Recht, sieht aber auch den Zusammenhang von Lohnniveau und den erbrachten Leistungen der Krankenhäuser, die als Ergebnis herauskommen. Doch das alles löst die Konflikte nicht. Der auch hier wieder vorgeschlagene Weg, Einsparungen durch weniger Kontrolle (wer tot ist, kann nicht mehr klagen!) und die Verzahnung mit anderen Kliniken (Private) ist der Verwaltungsnot gehorchend, doch das Schrauben an den Pauschalen ersetzt nicht die grundsätzliche Finanzierung durch alle Bevölkerungsgruppen, zum Beispiel der
Krankenkassenbeitrag eines Selbstständigen gemäß seiner Bilanz oder Beteiligung der Beamtenschaft. Die Privilegisierung bestimmter Gruppen zulasten der Allgemeinheit ist eine demokratische Schieflage. Wie wäre es, zunächst die Krankenschwestern und Krankenpfleger zu beteiligen, danach die Mediziner? Die Verwaltungsebene, die heute alles steuert, würde am Schluss gefragt? Bei einer Umkehr der Hierarchie sähe manches anders aus. Doch da ruft es laut: Kommunismus, Planwirtschaft, Null-Wachstum, Elend!
Leider hat Herr Scheffold die gesamten Konsequenzen einer radikalen Analyse nicht aufgezeigt. Als Beamter würde er dann schnell zum Verfassungsfeind. Also weiter mit der Liberalisierung zugunsten von Lohndruck und Gewinn der Arbeitgeber! Herbert Kleiner, Argenbühl
Zu „Lucha gibt Krankenhausgesellschaft kontra“(20. Mai):
Der Minister ist verärgert über Herrn Scheffold, dessen sachliche Aussagen ich nur unterstreichen kann. Wann wird auch Herrn Lucha klar, das System Gesundheitswesen ist krank. Es geht nicht mehr um die Versorgung von uns Menschen, nein es geht nur noch um Zahlen und Profit! Ich fordere die Politik auf, endlich am kranken System tätig zu werden und nicht den Bürgern den Zugang ins Krankenhaus immer noch mehr zu erschweren! Die Menschen werden älter, die Wege ins Krankenhaus immer länger. Dabei fordern doch die Grünen weniger Auto zu fahren, wie passt das zur Klimapolitik dieser Partei?
Wie wichtig für uns alle gerade bei Krankheit die Zuneigung und das Versorgen von Angehörigen ist, dafür braucht es kein Psychologie-Studium.
Ein Krankenhaus hat für uns Bürger den gleichen Stellenwert wie Polizei und Feuerwehr und auch diese notwendigen Dienste kosten Geld! Minister Lucha will noch mehr Zentren für Hüft- und Knie-Operationen schaffen. Jeder gewissenhafte Orthopäde weist darauf hin, dass viel zu operiert wird! Es wird immer schwerer einen Hausarzt zu finden und um so wichtiger ist das Krankenhaus mit seiner Notaufnahme! Ich fordere den Minister auf, sich an den Versorgungsauftrag für uns Bürger zu halten! Waltraud Hipp-Sandrock, Aichstetten
Zu „Kanzler stellt (16. Mai):
Dass hier wieder eine Politikerin dabei erwischt wurde, die sich hier einen persönlichen Vorteil verschaffte ist mal wieder sehr traurig. Nun gilt es von Regierungsseite, inklusive Kanzler,
die Sache als völlig legitim darzustellen und Frau Lambrecht als Verteidigungsministerin mit Lob zu überschütten. Der Kanzler kann sich keinen neuen Rücktritt aus seinem Kabinett leisten, also nach dem Motto Augen zu und durch. Frau Lambrecht hat die Gabe in dieser kurzen Amtszeit, kein Fettnäpfchen auszulassen, mal schauen was noch kommt. Ins Kabinett berufen nicht wegen fachlicher Befähigung für diesen Posten, sondern nur der Frauenquote wegen. Dass Stadum, wo der Truppenbesuch stattfand, der am nächsten gelegene Standort zu Sylt ist, macht nachdenklich. Wenn man hier weiterdenkt, könnte es durchaus sein, dass bei einem Urlaubsplan in die Alpen ein Gebirgsjäger-Standort, z.B. Mittenwald, besucht worden wäre. Ein Schelm, der Schlechtes dabei denkt. Günther Zell, Oggelshausen
Zu „Kritik an Pflegepolitik“(12. Mai): Könnte es sein, dass da am Thema vorbeigeschossen wird? Auch auf dem Arbeitsmarkt herrscht doch Wettbewerb und es fehlt im Dienstleistungsbereich überall an Kräften. Die Argumentation, man müsste endlich nur die Bezahlung, Arbeitsbedingungen und Wertschätzung der Pflegekräfte verbessern, um den Notstand zu beheben, setzt doch voraus, dass irgendwo ein Reservoir von (ggf. angehenden) Pflegekräften existiert, das nur auf bessere Attraktivität des Berufs wartet. Dies ist nicht oder höchstens marginal der Fall. Die Anzusprechenden werden an vielen Stellen gebraucht und würden bei erfolgreicher Abwerbung dort fehlen.
Damit ist die bloße Steigerung der Attraktivität zu kurz gesprungen, und mir scheint, dass die politischen Akteure das zumindest ahnen. Begreift man das immer weiter zunehmende Pflegeproblem als Notstand für die Wohlfahrt und die Zukunft der Gesellschaft, so rechtfertigt dieser auch Eingriffe in die ach so geliebten Freiheiten. Und hierfür braucht es endlich die mutigen und entschlossenen Politikerinnen und Politiker, die sich auch von der notwendigen Überzeugungsarbeit etwa für eine Grundgesetzänderung nicht abschrecken lassen: für die Einrichtung des sozialen Pflichtjahres, „zum Wohl des deutschen Volkes".
Jörg Frankenreiter, Tettnang
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