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BERLIN - Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) steht massiv unter Druck. Im Koalitionsvertrag haben die Ampel-Parteien den Bau von 400 000 neuen Wohnungen im Jahr angekündigt. Zugleich müssen ältere Gebäude umfassend saniert werden, wenn die Regierung ihre Klimaziele erreichen will. Und jetzt das: Die Baubranche steht mit dem Rücken zur Wand wegen stark gestieger Kosten für Baumaterial und Energie, dazu kommen Lieferengpässe. Um ihre Ziele dennoch zu erreichen, setzt die Bundesregierung auf das sogenannte serielle und modulare Bauen. Was das bringen könnte? Hier die wichtigsten Fragen und Antworten dazu.
Serielles Bauen – ist das eine Neuauflage von Plattenbauten wie in der ehemaligen DDR? Plattenbauen sind natürlich seriell erstellte Gebäude. Aber serielle Bauten müssen nicht so unattraktiv sein wie die Betonkästen von damals. Sowohl die Optik als auch die Baustoffe haben sich inzwischen verändert. Im Berliner Regierungsviertel beispielsweise wurde innerhalb von 15 Monaten ein Abgeordnetenhaus mit 400 Arbeitsräumen aus Holzmodulen errichtet. Der „Luisenblock West“mit seinen bunten Farbstreifen kann sich von außen durchaus sehen lassen. Auch Bauministerin Klara Geywitz warb am Freitag im Bundestag für serielles und modulares Bauen. „Ja, das sieht dann auch schön aus. Und ja, das kann man auch mit nachhaltigen Materialien machen. Und nein, das sieht dann nicht aus wie in den 1970er-Jahren.“
Was unterscheidet serielle Bauten von herkömmlichen?
Etwas vereinfacht formuliert, könnte man sagen: Beim seriellen Bauen werden Wohnungsmodule in einer Fabrik vorgefertigt und auf der Baustelle gestapelt und miteinander verbunden. Wer als Kind mit Lego-Steinen und -Elementen gespielt hat, kann sich das wahrscheinlich ganz gut vorstellen. Eine Baustelle im herkömmlichen Sinne, wo über Wochen oder Monate bei Wind und Wetter Steine und Mörtel miteinander verklebt werden, gibt es beim seriellen Bauen nicht. Als Baustoffe kommen
Holz, Beton, Stahl oder, etwas exotischer, auch Bambus infrage.
Warum setzt die Bundesregierung auf mehr serielles und modulares Bauen?
Bezahlbarer Wohnraum wird nur entstehen, wenn die Baukosten nicht weiter steigen. Das ist ein Argument von Klara Geywitz. In der Praxis geht der Plan, mittels modularer Bauweisen die Kosten zu reduzieren, allerdings nur bedingt auf. Denn einer der größten Kostentreiber im Bau sind die Grundstückspreise – daran ändert auch die Bauweise nichts. Zudem ist serielles Bauen wegen der unterschiedlichen Bauordnungen in den 16 Bundesländern nicht so günstig, wie es sein könnte. Darüber will Geywitz nun mit den Regierungen der Länder sprechen. „Es muss möglich sein, denselben Bautyp von Hamburg bis München zu bauen“, sagte sie im Bundestag.
die Wohnungswirtschaft
serielles Bauen? Positiv. „Das serielle und modulare Bauen ist ein wichtiger Baustein, um in höherer Geschwindigkeit mehr bezahlbaren Wohnraum in hoher Qualität zu schaffen“, sagt Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW. Die Bauzeit und vor allem die
Baustellenzeit vor Ort seien deutlich kürzer als beim herkömmlichen Wohnungsbau. „Für die BaustellenNachbarn bedeutet das weniger Belastung durch Schmutz und Lärm“, so Gedaschko. Auch der Fachkräftemangel in der Baubranche ist für ihn ein Grund, mehr seriell zu bauen – Arbeitsprozesse könnten digitalisiert und Baumodule maschinell vorgefertigt werden.
Geht seriell nur bei Neubauten – oder gibt es Lösungen für ältere Gemäuer?
Tatsächlich gibt es Unternehmen, die serielle Sanierungen anbieten. Die in Berlin ansässige Firma Ecoworks beispielsweise, die mit der ersten seriellen CO2-neutralen Gebäudesanierung in Deutschland wirbt. Das funktioniert so: Von dem Bestandsgebäude wird mittels ScanTechnologie ein dreidimensionaler Gebäudezwilling erstellt. Die seriellen Bauteile werden dann millimetergenau geplant und im Werk produziert. Bis zu 80 Prozent der Arbeiten könnten von der Baustelle in die Fabrik verlagert werden, teilt Marc Becker von Ecoworks mit. Dadurch ergäben sich auch Vorteile für die Mieter, deren Zuhause nur für kurze Zeit zur Baustelle werde. Zudem produzierten die sanierten Immobilien mehr Energie als für Heizen, Warmwasser und Strom verbraucht würde.
Wie viel in Deutschland wird heute bereits seriell oder modular gebaut?
Bislang ist das serielle und modulare Bauen eher eine Nische. Bei den vom GdW vertretenen Wohnungsunternehmen liegt der Anteil bei etwa fünf Prozent. Ziel sei es, diesen Anteil auf bis zu zehn Prozent im sozialen Wohnungsbau zu steigern. Allerdings sieht auch GdW-Chef Gedaschko im seriellen Bauen nicht die Lösung aller Probleme im Wohnungsbau. „Wenn sich die aktuelle krisenhafte Situation rund um Lieferkettenprobleme und Preisexplosionen weiter verschärft, wirkt sich das auch stark auf den seriellen Wohnungsbau aus“, teilt er mit. Um die Baubranche nicht in den Rückwärtsgang zu treiben, müsse die Bundesregierung mit einer Rohstoffstrategie und einer verlässlichen Förderpolitik gegenhalten.